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Icarus

Icarus

Titel: Icarus
Autoren: Russell Andrews
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für ein Freund sind Sie denn, daß Sie losgehen und mich verpetzen?«
    O mein Gott, dachte Jack. O mein Gott, o mein Gott.
    »All diese anderen, Sie haben dafür gesorgt, daß ich sie töte«, erklärte Bryan und machte einen weiteren Schritt auf Jack zu. »Ich wollte nie einem von ihnen weh tun. Sie erst haben mich so weit gebracht, es zu tun. Die in der Badewanne hat mich ausgelacht. Die im Bett bei Ihnen, sie hätte mich mit den Drogen in Verbindung bringen können. Die im Haus mit dem Ehemann, sie hat mich gefragt, ob ich als ihr Trainer arbeiten wollte. Sie kam zu Hanson’s genauso wie Sie, dann fing sie an, dumme Fragen zu stellen. Die Engländerin. Er hat es ihr erzählt. Er erzählte ihr, was Sache war, und sie wollte mit ihm nach London gehen. Jeder wollte ihn mir wegnehmen! Am meisten Ihre Frau, sie wollte nicht hören, als ich sie oben in diesem Zimmer vor mir hatte. Sie dachte, ich wollte Geld.
    Ich wollte kein Geld, Mr. Keller, ich wollte Kid.« Bryan bückte sich, packte Jack am Hemdkragen und zog ihn mühelos auf die Beine. »Ich habe niemals jemanden ermordet, Mr. Keller.« Seine Augen waren absolut kalt und tot, und seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Sie sind der erste.«
    Bryan schlug Jack ins Gesicht, so daß er nach hinten kippte. Sofort packte er ihn und hielt ihn aufrecht und schlug ihn erneut. Er wirbelte Jack herum und schlug ihn ein drittes Mal, und Jack brach zusammen. Er landete auf dem Fußboden, auf den Knien, und sah, wie Bryan mit dem Messer auf ihn loswollte. Er krabbelte weg, aber er spürte, wie die Klinge seine Haut ritzte und warmes Blut an seiner Seite herabströmte. Bryan stieß wieder und wieder zu, während Jack hektisch den Stößen auswich, sich jedesmal weiter zurückzog, und dann erkannte Jack, daß sie wieder auf der Terrasse waren. Seine Augen quollen hervor, und er unternahm den Versuch, mit einem verzweifelten Sprung ins Apartment zurückzukommen, aber Bryan erwischte ihn wieder, an der Schulter, und als Jack die Hand auf die Wunde legte, traf Bryan ihn erneut und trieb Jack nach hinten, bis er an der Begrenzungsmauer lehnte. Er befand sich jetzt am Rand der Terrasse. Es gab keine Möglichkeit mehr auszuweichen.
    »Ich bin deswegen wirklich tief deprimiert, Mr. Keller. Aber es ist so, wie ich Ihnen schon mal sagte – da draußen gibt es wirklich einige höchst seltsame Menschen.«
    Indem er das Messer gegen Jacks Hals drückte, beugte er ihn nach hinten. Jack spürte, wie seine Füße sich vom Boden lösten, als seine Taille sich auf die Mauerkrone legte. Seine obere Körperhälfte ragte jetzt ins Freie.
    »Sie werden über die Mauer gehen, Mr. Keller. Es kann auf die leichte Art geschehen oder auf die harte – aber über die Mauer gehen Sie.«
    Es würde also tatsächlich eintreten. Die Mauer sollte schließlich den Kampf gewinnen. Die Kante rief ihn und zog ihn zu sich. Schon bald würde er wissen, wie es war, ihrem Ruf zu folgen. Bald würde er fallen. Fliegen. Er wäre Icarus. Außer Kontrolle. Schreiend …
    Als er die Stimme vernahm, glaubte er eine Halluzination zu haben. Aber er begriff, daß auch Bryan sie gehört hatte, denn Bryan lockerte seinen Griff an Jacks Hals und drehte den Kopf.
    Das ist nicht möglich, dachte Jack. Es ist einfach nicht möglich.
    Aber das war es. Keine Frage. Es war Graces Stimme, die sie hörten, ihre zitternde, verängstigte Stimme, welche rief: »Helft mir.« Und abermals: »Bitte helft mir.«
    Bryan packte Jacks Hemd und zog ihn in Richtung der Terrassenecke zu der Stelle, wo Grace abgestürzt war. Bryan beugte sich hinüber und hielt Jack dabei eisern fest. Jack wollte nicht hinschauen, aber er mußte es. Was er sah, war schlimmer als jeder Schlag, den er von Bryan hatte einstecken müssen.
    Es war Grace. Sie war nicht in den Tod gestürzt. Sie klammerte sich verzweifelt an einen der grauen, steinernen Wasserspeier, die vom Gebäude wegragten. Ihre Hände und Beine waren um den Hals des Wasserspeiers geschlungen. Ihr gebrochenes Handgelenk hinderte sie daran, sich vollends hochzuziehen, aber ihr Wille sorgte dafür, daß sie nicht losließ.
    »Hilf mir, Jack. Bitte hilf mir!« rief sie.
    Jack sah den Anflug eines Lächelns über Bryans Lippen huschen. »Eine gute Idee, finden Sie nicht, Mr. Keller?« Und als Jack ihn fragend aus seinen verschwollenen Augen ansah, sagte Bryan: »Na los doch, helfen Sie ihr.«
    Dann wußte Jack nur noch, daß er hochgehoben wurde und plötzlich irgendwo war, wo er sich nur in seinen
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