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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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man, »essen alles was schwimmt, fliegt oder vier Beine hat, außer U-Boote, Flugzeuge und Tische.«
    Das Erzählen dieser kleinen Anekdoten löste in der Firma vielfach komische Assoziationen aus. Viele der Außenstehenden verwechselten dann die Geschäftsreise mit einer Urlaubsreise. Ihre Überlegungen glichen der Gleichung: Flug + Ausland + Hotel + Restaurant = Spaß = Urlaub. Ich konnte darüber nur schmunzeln und ließ sie in ihrer illusorischen Vorstellung. Urlaub stellte ich mir anders vor und sah nach einem Urlaub auch anders, vor allem erholter, aus. Mein Spiegelbild zeigte am Ende der zwei- bis dreiwöchigen Geschäftsreisen in vier unterschiedlichen Messeorten keinen vor Energie strotzenden Vierzigjährigen mehr. Die Falten pflügten sich tief in meine blasse Haut. Die Augenringe hatten sich mit jedem Tag dunkler gefärbt. Die permanente Müdigkeit und der Jetlag ließen sich durch keine warme Dusche in der Kanalisation versenken.
    Meine Akkus waren leer und standen wie alle Systeme auf »dringend laden«. Die Freude am Job und mein Ehrgeiz motivierten mich aber, immer weiterzumachen, auch wenn ich mich ausgepowert fühlte. Deshalb ließ ich mir, selbst nach solchen Reisen, kaum Zeit zur Erholung.
    Die Peitsche, die mich antrieb, hielt ich selbst in der Hand.
     
    Birte riss die Kofferraumhaube des Wagens auf und mich aus meinen beruflichen Erinnerungen in das reale Hamburg zurück.
    Mein Rückblick auf die Geschäftsreisen nach China war nur ein kleiner Auszug meines temporeichen Lebens gewesen, hatte mir aber die eigene Situation unverblümt vor Augen gehalten.
    Manchmal wurde ich regelrecht von einer Flut aus Druck, Verantwortung und Entscheidungen mitgerissen und überwältigt. Immer prasselte etwas auf mich ein. Permanente Reize taten ihr Übriges und belasteten mich zusätzlich. Unbedeutende Nebensächlichkeiten und erdrückende Schwergewichte summierten sich und füllten mein Leben aus.
    Aber warum hatte mich der banale Einkauf in einem deutschen Supermarkt dermaßen aus der Spur geworfen?, fragte ich mich ratlos.
    Ich ahnte etwas: Vielleicht war mein Fass durch eine Winzigkeit zum Überlaufen gebracht worden, nur durch einen weiteren Tropfen, egal wie unbedeutend er gewesen sein mochte. Mein Körper hatte sich wahrscheinlich mit Schwindel und Panik willkürlich einen Ort gewählt. Auch der Zeitpunkt war vermutlich beliebig.
    Es war schon erstaunlich, dachte ich, wie viel das menschliche Gehirn und der Körper leisten und verarbeiten mussten.
    Scheinbar steckte der Mensch das alles so mir nichts, dir nichts weg. Aber war es wirklich so? Wie steckte ich das eigentlich alles weg und wohin?
    Eine Vermutung beschlich mich, als das Warnlicht des geöffneten Kofferraums auf meinem Wagendisplay aufblinkte. Vor mir leuchtete ein kleines Symbol auf, in einer ermahnenden Farbe.
    ROT.
     
     
    Ingo Reize Druck Entscheidungen Entspannung Lebensgefühl Glocke Klarheit Werbeentzug Angebotsdichte Heuchelei | frei gelassen Kuba Kanada Jahresanfang
    U nsere Reise begann im Januar, am Anfang eines neuen Jahres. Während der Wagen im Bauch eines riesigen Containerschiffs von Hamburg ins kanadische Halifax, an der Ostküste des nordamerikanischen Kontinents, schipperte, setzten Birte und ich uns in ein Flugzeug nach Kuba. Wir konnten uns nicht vorstellen, im winterkalten Hamburg zu bleiben und mit unserer Abreise bis zur Wagenankunft in Kanada zu warten. Warum nicht mit einem sommerlichen Abstecher über Kuba ins winterliche Kanada reisen?, lautete unsere Überlegung.
    Es gab nichts mehr, das wir noch in der deutschen Heimat erledigen mussten: Unsere Mietwohnung war eine Woche zuvor zum einunddreißigsten Dezember gekündigt und das neu angemietete Lager mit unserem letzten verbliebenen Besitz voll gepackt worden. Die Autos waren weg und Birte hatte ihren Job gekündigt. Ich hatte bereits während meines Burn-out Absprachen getroffen und meinen Platz in der Firma für einen Nachfolger geräumt.
    Viele Genehmigungen und Anträge für die Reise waren mit wichtigen Stempeln in langen Amtsfluren abgesegnet worden. Versicherungen wurden mehrmals umgekrempelt, bis sie für uns passend waren. Wir hatten alle notwendigen Impfcocktails verabreicht bekommen und trugen die unsichtbare Abwehr nun hoffentlich schützend in unseren Körpern. Die vielen kleinen Runden des Tschüss-Sagens waren beendet und unsere großen Rucksäcke gepackt.
    Die Reise konnte beginnen.
     
    Birte und ich flogen nach Havanna, in die Hauptstadt Kubas.
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