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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Süden und noch ein großes, unsichtbares Stück weiter.
    Zunächst reisten wir ohne unseren Camper von Hamburg ins karibische Kuba und von dort aus weiter an die Ostküste Kanadas, um unseren verschifften deutschen Wagen abzuholen. Mit dem fuhren wir quer durch das winterliche Kanada. Im Frühling kauften wir für den Pick-up-Truck eine Wohnkabine, setzten sie auf die Ladefläche und steuerten damit dann den hohen Norden bis Alaska an. Dort wechselten wir die Richtung von Nord auf Süd. Entlang der Westküste Nordamerikas fuhren wir in den lateinamerikanischen Teil des Kontinents, zuerst in das warmherzige Mexiko, dann weiter ins farbenprächtige Belize, bis wir das östliche Guatemala streiften. Unser Reisetempo wurde mit jedem gefahrenen Kilometer langsamer. Wir umschifften Mittelamerika, um in Ecuador anzulanden. In Südamerika holperten wir in dünner Luft durch die Anden. Je näher wir dem Himmel kamen, umso wohler fühlten wir uns. Nach dem vielfältigen Ecuador durchstreiften wir das geschichtsträchtige Peru und ließen uns vom indigenen Bolivien in der wunderschönen Hochebene, dem Altiplano, den Atem rauben. Wir tauchten in das naturschöne Chile mit seinen rauchenden Vulkanen ein und setzten unsere Reise in der Weite Argentiniens fort. Die Gebirgskette der Anden verließen wir, um im Osten Südamerikas ins kleine Paraguay zu reisen, das gigantische Brasilien zu streifen und ins beschauliche Uruguay zu fallen. Von Buenos Aires in Argentinien traten wir die Heimreise an.
    Mit den Einheimischen der verschiedenen Länder lachten wir und beweinten ihre Schicksale. Wir ließen uns emotional einfangen und manchmal hoch in die Lüfte tragen. Scharfe Chilischoten lähmten unsere Zungen und gegrillte Meerschweinchen rutschten erinnerungsreich in unsere Mägen. Wir berührten von Menschenhand gefertigte Kulturschätze und die menschenleere Schönheit der Natur berührte uns. Wir guckten in unseren ausgeraubten Camper in Kanada, verliefen uns zwischen Cannabispflanzen in Mexiko und trotzten korrupten Schuften mit Polizeimarke in Argentinien. Nebenbei wurden wir von drolligen Lamas geküsst, träumten in unbeschreiblicher Natur und fühlten uns unendlich frei.
    Wir bestritten keine Abenteuer, um sie den Daheimgebliebenen aufgeplustert vorzusetzen. Und dennoch sprengten viele unserer Erlebnisse deren Vorstellung von Abenteuer. Wir wollten uns einfach einlassen: auf Unbekanntes und Neues, aber auch auf Trauriges und Hässliches. Manchmal war leider auch Gefährliches dabei. Wir forderten nicht heraus, was wir nicht im Stande waren zu bewältigen. Auch taten wir nichts aus naiver Abenteuerlaune heraus, sondern gingen vielmehr eine Zeit lang den Weg fremder Menschen mit, begleiteten sie in ihrem »normalen Leben«.
    Ein unschätzbares Gut half uns dabei. Zeit! Ohne Zeit wären viele Abschnitte des Weges nicht möglich gewesen und uns damit verborgen geblieben.
     
    Im Januar 2008 begann unsere Tour. Im deutschen Sommer 2010 kehrten wir zurück. Wir waren insgesamt zweieinhalb Jahre unterwegs, in denen uns der Wind der fernen Länder um die Nasen geweht war und dessen unvergesslichen Duft wir mit in die Heimat zurücknahmen.
    Auch wenn wir körperlich nicht mehr reisen, will das tiefe Gefühl des Glücklichseins nicht enden. Die schärfende Brille mit Blick auf das Leben sitzt heute fester auf der Nase als je zuvor. Trotz neuer Risse ist die Sicht irgendwie viel klarer geworden. Ein neues Bewusstsein hat sich breit gemacht, auch weil im queren Wohlstandskopf vieles wieder an die richtige Stelle verschoben worden ist.
     
    Mit zeitlichem, aber vor allem emotionalem Abstand schauen wir nun in den Rückspiegel. Ehrlich, mit einer Prise Selbstironie, manchmal mit einem Lächeln auf dem Gesicht oder einer Träne im Auge, erzählen wir offen unsere Erlebnisse. Dabei stellen wir die Erfahrungen des Burn-out den Geschichten der Reise gegenüber. Denn in Begegnungen mit fremden Menschen und Kulturen entdeckten wir faszinierende Parallelen, teilweise aber auch auffallende Gegensätze. Vieles davon eröffnete uns eine Klarheit und eine verborgene Logik, für die wir zuvor blind gewesen waren. Durch bloßes Beobachten erhielten wir Antworten auf Fragen, die wir uns zuvor nicht einmal gestellt hatten. Zu tief lagen sie im Verborgenen. Für dieses Buch erinnerten wir uns an Ingos Burn-out und konnten dabei in unseren Köpfen Inhalte der Gegenwart mit der Vergangenheit und Orte der Tour mit der deutschen Heimat verknüpfen. Die Idee zum
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