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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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schien, als würde das gesamte Gebäude mit ihnen ein- und
ausatmen. Es sah ganz so aus, als
würde er noch eine Weile auf sich allein gestellt sein.
    Von den
Neonröhren, die den langen Flur, der sich um die Kern säule des Turms wand, erleuchten sollten, war nur jeweils jede vierte in Betrieb, und Henry, der aus der Dunkelheit des
Treppenhauses trat, war dafür sehr dankbar. Sterbliche bevorzugten oft
eine Hellig keit, die für ihn ein Handicap
darstellte; heute nacht jedoch konnte er jeden Vorteil gebrauchen.
    Leise bewegte
er sich den kreisförmigen Flur entlang und folgte dem Summen eines Sprechgesangs. Ein gutes Dutzend Stimmen murmelte wieder und wieder den Namen Akhekhs mit
einer Inten sität, durch die das
Hintergrundgemurmel bis in die Knochen und das Blut drang. Henry hielt
alle Sinne gespannt, und es überraschte ihn
wenig, nur einen allumfassenden Herzschlag zu hören, obwohl es doch eigentlich viele verschiedene hätten sein
sollen.
    Über den
Sprechgesang tönte eine einzelne Stimme in einer Spra che, die Henry nicht verstand und die sich in Kadenzen hob und senkte,
die selbst für Ohren, die vierhundertfünfzig Jahre Verände rung erlebt hatten, fremdartig klangen. Was immer
die Worte auch bedeuten mochten - und
Henry war sich sicher, daß jedes einzelne
    Wort, jede Silbe, einen Sinn hatte -, zusammen ergaben sie einen Ruf, Henry selbst fühlte sich nur sanft und rein äußerlich davon gestreift,
jedoch konnte er spüren, wie auch er sich zu Tawfik hin gezogen fühlte.
    Er brach durch den Vordereingang der Disko und stürmte an einem Halbkreis leerer Tische vorbei. Der Gesang im Hintergrund wurde lauter.
    Tawfik stand
auf der erhobenen Plattform hinter einem gepolster ten halbkreisförmigen Gitter, hinter dem der Discjockey üblicherwei se saß. Seine Arme hielt er in der klassischen
Pose eines Hoheprie sters erhoben. Bekleidet war er mit einer
khakifarbenen Leinenhose und einem
Leinenhemd mit offenem Kragen - nicht gerade im Stil des alten Ägypten, aber es war auch kein Kostüm
nötig, das kundtat, wer er war. Ihn umgab die Macht fast körperlich
spürbar.
    Zu beiden Seiten der Tanzfläche drängten sich mit erhobenen, auf Tawfik gerichteten Gesichtern hochrangige Offiziere sowohl der regionalen als auch der städtischen Polizei, zwei Richter und der Herausgeber der einflußreichsten der drei Torontoer Tageszeitun gen. Henry
hatte geglaubt, den Gesang eines Dutzends Stimmen zu hören - allein auf sein Gehör gestützt wäre er sogar nur von einem halben
Dutzend ausgegangen -, aber im Raum waren weit mehr als zwanzig Personen anwesend. Im Gesang verschmolzen die einzelnen Stimmen
und Klänge zu einem großen Ganzen.
    Der unpassendste
Aspekt dieses ganzen Szenarios war eindeutig die
große silberne Diskokugel, die von der Decke hing und sich langsam drehte, wobei sie sowohl Tawfik als auch
die Gefolgsleute in kleine,
vielfarbige Lichterpunkte tauchte.
    In der Zeit, die zwischen einem Herzschlag und dem nächsten lag, hatte Henry all dies wahrgenommen. Ohne innezuhalten sammelte er all seine Kraft und wollte sich auf Tawfiks Rücken stürzen, der sich ihm ungeschützt darzubieten schien.
    AKHEKH!
    Eine
Namensnennung lang hatte Tawfik in den Chor der anderen eingestimmt; die
Lichterpunkte begannen zu verschmelzen, die sil berne Kugel hörte auf, sich zu drehen, und Henry konnte gerade eben noch einen Arm schützend vor die Augen reißen. Er
stolperte, stürz te fast und versuchte heftig blinzelnd, die winzigen,
helleuchtenden
    Lichtfragmente zu bannen, die sich in seine Netzhaut eingebrannt hatten.
    Der Gesang schwoll an, sank dann zu einem fast unhörbaren Mur meln, das man fast hätte ignorieren können, und Henry erkannte, daß der
Zauberbann, der über allem gelegen hatte, seine Wirkung verloren hatte.
    „Du mischst dich in Dinge, die du nicht begreifst, Nachtwandler." Die Stimme war kalt und distanziert, ein Kontrapunkt zu der goldenen
Sonne, die jetzt in Henrys Bewußtsein brannte, größer und heller, als
sie noch vor zwei Tagen geleuchtet hatte.
    Henry biß die Zähne zusammen, schob den Schmerz beiseite, hüllte die
Sonne in seinen Zorn und entkräftete so das übermächtige Leben des Zauberpriesters so weit, daß er selbst
wieder funktionieren konnte. Durch tanzende Lichter hindurch sah er, wie Tawfik
die Stirn runzelte, ein Älterer, den die Handlungen eines Jüngeren
verwirren, obgleich die Handlungen selbst
keine Bedrohung darstellen, sondern lediglich ein Ärgernis
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