Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 02 - Blutspur
Vom Netzwerk:
mürrisch zu klingen. Es hätte nicht nötig
sein dürfen, sie daran zu erinnern. „Du hast nie auch nur einen Augenblick
geglaubt, ich könnte nein sagen, nicht wahr?"
    „Ich habe dich im Lauf
der letzten Monate kennengelernt." Seine Miene wurde weicher. „Du
brauchst es, gebraucht zu werden, und sie brauchen dich, Vicki. Es gibt nicht
viele Privatdetektive, denen sie das anvertrauen können."
    Das war leicht zu
glauben. Was ihr Bedürfnis anging, gebraucht zu werden, so war das nur eine
witzige Bemerkung, die man leicht ignorieren konnte. „Sind alle Werwölfe
so", sie suchte nach dem richtigen Wort und fuhr fort, „beherrscht? Wenn
meine Familie das durchmachen würde, was ihre gerade durchmacht, wäre ich ein
emotionales Wrack."
    Irgendwie bezweifelte
er das, aber es war eine Frage, die eine Antwort verdiente. „Von Kindesbeinen
an wird Werwölfen beigebracht zu verbergen, was sie sind, und nicht nur
körperlich. Zum Besten des Rudels zeigt man nie Fremden seine Verwundbarkeit.
Du solltest dich geehrt fühlen, daß du so viel zu sehen bekommen hast. Außerdem
neigen Werwölfe dazu, viel mehr in der Gegenwart zu leben als Menschen. Sie
betrauern die Toten, und dann leben sie weiter. Sie tragen nicht die Last des
Gestern, sie erwarten nicht das Morgen."
    Vicki schnaubte. „Wie
poetisch. Aber dadurch sind sie fast unfähig, mit solchen Situationen
umzugehen, nicht?"
    „Darum sind sie zu dir
gekommen."
    „Und wenn ich nicht
dagewesen wäre?"
    „Wären sie
gestorben."
    Vicki runzelte die
Stirn. „Und warum kannst du sie nicht retten?"
    Er ging zu seinem
üblichen Platz am Fenster und lehnte sich ans Glas. „Weil sie mich nicht helfen
lassen."
    „Weil du Vampir
bist?"
    „Weil Stuart nicht
dulden würde, daß seine Autorität derart in Frage gestellt wird. Wenn er das
Rudel nicht retten kann, kann ich es auch nicht. Du bist eine Frau, du bist
Nadines Problem, und Nadine ist im Augenblick niedergeschmettert durch den
Verlust ihrer Schwester. Wenn du eine Werwölfin wärst, könntest du ihr
wahrscheinlich jetzt ihren Rang abnehmen, aber da du das nicht bist, solltet
ihr beide miteinander auskommen können." Er schüttelte den Kopf über
ihren Gesichtsausdruck. „Du kannst sie nicht mit menschlichen Maßstäben messen,
Vicki, egal wie menschlich sie die meiste Zeit auch wirken mögen. Und es ist zu
spät, jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Du hast Rose und Peter gesagt, daß
du ihnen helfen wirst."
    Sie hob das Kinn.
„Siehst du Anzeichen dafür, daß ich einen Rückzieher machen will?"

„Nein."
    „Richtig, das werde
ich nicht." Sie holte tief Luft. Sie hatte mit dem Stadtrat von Toronto
zusammengearbeitet, sie konnte auch mit Werwölfen zusammenarbeiten. Bei
letzteren würde all das Knurren und Schnappen zumindest etwas bedeuten.
Genaugenommen würden die Werwölfe wohl das geringste ihrer Probleme werden. „Es
könnte Probleme geben, weil ich den Fall übernehme."
    „Wie die Tatsache, daß
du kein Auto fährst." Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme.
    „Nein. Echte
Probleme."
    Er drehte sich um und
breitete die Arme aus. Die Bewegung ließ sein Haar im Lampenlicht golden
schimmern. „Erklär's mir."
    Retinitis Pigmentosa.
Ich erblinde. Ich sehe nachts nichts. Ich habe fast kein peripheres
Sehvermögen. Sie konnte es nicht sagen. Sie konnte nicht mit Mitleid umgehen.
Nicht von ihm. Nicht nach dem, was sie mit Mike Celluci durchgemacht hatte. Scheiß
drauf. Sie schob ihre Brille hoch und schüttelte den Kopf.
    Henry ließ die Arme
sinken. Als das Schweigen unbehagliche Ausmaße annahm, sagte er: „Ich hoffe,
es macht dir nichts aus, daß ich mich selbst eingeladen habe. Ich fand, wir
waren das letzte Mal ein ziemlich gutes Team, und ich dachte, du könntest ein
wenig Hilfe gebrauchen, um mit den... Merkwürdigkeiten klar zu kommen."
    Sie brachte ein fast
echtes Lachen zustande. „Ich arbeite tags, und du übernimmst die Nacht?"
    „Wie beim letzten Mal,
ja." Er lehnte sich an das Glas und beobachtete, wie sie es sich durch
den Kopf gehen ließ und daran zu knabbern hatte. Sie war eine der
dickköpfigsten, streitlustigsten und selbstbewußtesten Frauen, die er in 450
Jahren kennengelernt hatte, und er wünschte, sie würde sich ihm anvertrauen.
Was immer das Problem auch war, sie könnten gemeinsam eine Lösung finden, denn
was immer das Problem auch war, es konnte nicht groß genug sein, um sie davon
abzuhalten, alles, was sie hatte, für den Fall einzusetzen. Er würde es nicht
zulassen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher