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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
Autoren: Jörg S. Gustmann
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ausgezeichnete Kontakte, die der Firma lukrative Aufträge bescherte. Und doch hatte er sich, trotz seines Spürsinnes, eine gewisse Bescheidenheit bewahrt. Darin, und in seiner äußerlichen Erscheinung, war er das Gegenteil von Schneider, der es genoss, sich in der Bewunderung seiner Zuhörer zu sonnen. Blome blieb im Hintergrund, zog die entscheidenden Fäden und verhielt sich loyal zu seinem Freund und Partner Richard, der alles von ihm hätte verlangen können.
    Es war neun Uhr fünfundvierzig, als die Außenrollos summend herabgelassen wurden und für gedämpftes Licht sorgten. Hier und da hörte man rhythmisches Gluckern, wenn sich der eine oder andere der vierundzwanzig Anwesenden Mineralwasser nachgoss. Danach herrschte Stille, und es wurde erwartet, dass sich jeder auf den Vortrag Schneiders konzentrierte. Schneider hasste es, während seiner Ausführungen durch kleinste Geräusche gestört zu werden, die er als grobe Missachtung seiner Person verstand. Er war nicht der Chef dieser Menschen, er war ihr Guru.
    Genüsslich erhob sich Schneider von seinem Platz am oberen Ende der Tischreihe, knöpfte mit flinken Bewegungen seinen blauen Zweireiher über dem beleibten Bauch zu und überblickte die Reihen seiner Zuhörer. Er saugte die erfolggeschwängerte Luft ein, klickte mehrfach auf seine kleine Funkmaus, schaute zufrieden in die Gesichter seiner Jünger und begann seine Rede.
    »Meine Herren, ich begrüße Sie zu unserem zweiten Meeting in diesem Jahr. Ich möchte nicht viel Zeit verlieren und komme daher gleich zur Sache.«
    Die erste Grafik erschien auf der Leinwand sowie auf jedem der vernetzten Laptopbildschirme.
    »Wie Sie diesen Zahlen unschwer entnehmen können, war das Jahr 2004 für die NIC noch um ein Vielfaches erfolgreicher als 2003 und 2002.«
    Schneider gestikulierte mit den Händen und unterstrich damit die Bedeutung seiner Worte. »Man mag uns in der Branche Skrupellosigkeit vorwerfen, man mag uns kaltschnäuzig nennen, doch unser Erfolg gibt unserer Strategie Recht.«
    Schneider verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und ging gemächlich vor der Leinwand auf und ab. Er blieb stehen, fixierte mit seinen stechenden Augen die Zuhörer und zog sie in seinen Bann.
    »Wir, meine Herren, sind nicht verantwortlich für das politische Desaster in diesem Land. Wir nehmen lediglich freundlich entgegen, was unfähige Geschäftsführer nicht auf die Reihe bekommen.«
    Die Zuhörer liebten Schneiders Sarkasmus, zumindest machte es den Anschein, wenn sie über seine Witze lachten und sein Charisma bewunderten. Da es ihnen schwerfiel, das rechte Maß zwischen respektloser Lockerheit und devoter Hörigkeit zu finden, waren diese Sitzungen für sie alles andere als entspannend.
    Schneider fuhr fort. »Unsere Taktik für 2005 wird die bewährte Risikobereitschaft beinhalten. Es hat sich gezeigt, dass Zurückhaltung der größte Feind des Wohlstands ist. Nur der Stärkste wird überleben, das beweist schon die Evolution. Was Sie hier sehen, meine Herren, ist eine steile Kurve, die nicht nur unser Vermögen repräsentiert, sondern vor allem unseren Einfluss in der Gesellschaft widerspiegelt.«
    Schneider stand frontal vor seinem Publikum. Er spreizte ein wenig die Beine und starrte geradeaus. »Spüren Sie es auch, meine Herren? Einige sagen: Geld ist nicht alles im Leben. Ich gebe ihnen recht. Geld ohne Einfluss ist langweilig und fade. Aber Geld, gepaart mit Macht, das ist es, was wir brauchen.«
    Die Zuhörer blickten gespannt auf den Redner, als er seinen Worten mit geballten Fäusten Nachdruck verlieh. Verehrten sie ihn oder hatten sie Angst vor ihm? Es war eine belebende Mischung aus beidem. Schneiders Augen verengten sich beim Reden unter den buschigen Brauen zu einem dünnen Schlitz. Er stand jetzt regungslos da. Er schaute jedem Einzelnen ins Gesicht, bis er sicher war, ihre volle Aufmerksamkeit zu besitzen.
    »Eine Sache, meine Herren, liegt mir jedoch noch im Magen.« Eine kleine Pause entstand. »Ich möchte Sie bitten, Ihren Verstand niemals, auch nicht für eine Sekunde abzuschalten, wie es einige von ihnen im vergangenen Jahr taten und teuer bezahlen mussten.«
    Schneider sah grimmig zu Blome, der zunehmend in seinem Sessel zusammensank und ein leises Röcheln von sich gab. »Bleiben Sie wachsam und beobachten Sie den Markt ganz genau! Und dann schlagen Sie im entscheidenden Moment zu!«
    Er erhob beschwichtigend seine Hände. »Kümmern Sie sich nicht um moralische Bedenken, das übernimmt
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