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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition)
Autoren: Hortense Ullrich
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Vorschrift.»
    «Dann warten Sie hier, ich geh mal schnell und besorge mir diese Karte.»
    Nummer eins erklärte: «Sie brauchen dafür ein Lichtbild und Ihren Personalausweis, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes, ein polizeiliches Führungszeugnis von der Meldebehörde, einen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis vom Amtsgericht und eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister. Wenn das in Ordnung ist, zahlen Sie eine Gebühr und bekommen eine Reisegewerbekarte.»
    Bernadette Kunz sah ihn verblüfft an. «Ist das nicht ein bisschen viel Umstand für einen kleinen Tisch in der Fußgängerzone?»
    Das brachte den Kollegen zwei noch auf ein weiteres Vergehen: «Und außerdem haben Sie auch keine Standerlaubnis. Selbst wenn Sie die Reisegewerbekarte haben, brauchen Sie noch eine Standerlaubnis. Und die Reisegewerbekarte muss vom Inhaber ständig mitgeführt werden und wird vom Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert. Das sind die Vorschriften, an die sich Straßenverkäufer halten müssen.»
    «Aber ich verkaufe doch nichts.»
    «Sie bieten Leistungen an.»
    «Ich will kein Geld dafür.»
    «Das behaupten Sie jetzt, aber …»
    Gwendolyn straffte sich, schob sich an ein paar Schaulustigen vorbei und trat mit autoritärer Attitüde auf die beiden Polizisten zu. «Guten Tag. Ich bin die behandelnde Psychologin von Frau Kunz. Sie ist meine Patientin. Was sie hier tut, geschieht unter ärztlicher Aufsicht. Es ist Teil eines Experiments. Ein Feldversuch. Sie verstehen. Sie ist bei mir in Behandlung wegen …» Sie warf einen Blick auf den Tisch, dort lagen kleine Knochen und ein handgeschriebener Zettel: «Hühner Voodoo – Hilfe in allen Lebenslagen.» Mit leicht spöttischer Stimme fuhr sie fort: «… ihres Hühner-Voodoo -Problems.» Sie lächelte die beiden Polizisten an. «Es tut mir sehr leid, dass wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet haben. Ich nehme Frau Kunz jetzt wieder mit in meine Praxis.»
    Ihre freundliche Formulierung täuschte nicht darüber hinweg, dass es eine Aussage war, der man nicht widersprach. Es wirkte.
    Ein Teil der Wirkung beruhte allerdings auf ihrer Körpergröße. Gwendolyn überragte die meisten Frauen um einen Kopf. Mit Männern war sie auf Augenhöhe. Körperlich. Ansonsten hielt sie Männer für das schwächere Geschlecht und ging meist sehr nachsichtig mit ihnen um. «Man darf ihnen nicht zu viele Informationen auf einmal geben, das verwirrt sie», sagte sie stets. «Sie brauchen klare Anweisungen, was sie tun sollen. Keine Andeutungen.»
    Polizist Nummer zwei brummte, Nummer eins sagte: «In Ordnung.»
    Bernadette sah die beiden Polizisten triumphierend an, Gwendolyn legte Bernadette die Hand auf die Schulter, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und sagte: «Dann packen Sie mal bitte zusammen, Frau Kunz, wir wollen die Herren nicht weiter aufhalten.»
    Bernadette stand auf, sammelte die Knöchelchen und den Zettel vom Tisch, verstaute alles in ihrer Handtasche, klappte die beiden Stühle und den Tisch zusammen, befestigte sie mit ein paar Expandern auf einem kleinen Einkaufstrolley und war bereit, zu gehen. Gwendolyn nickte den Umstehenden inklusive der Polizisten noch einmal zu und verließ dann gemeinsam mit Bernadette den Ort des Geschehens.
    Als sie außer Hörweite der Leute waren, sah Bernadette Gwendolyn kritisch an und fragte: «Sie halten sich nicht wirklich für meine Psychologin, oder?»
    «Bitte? Nein!»
    «Gut.»
    «Wieso fragen Sie das mit diesem Unterton?»
    «Ich wollte nur sichergehen, dass Sie nicht, nun ja, wie soll ich sagen … verrückt … sind.»
    «Ach was! Sie haben Angst, dass ich verrückt bin?»
    «Nein, Angst habe ich nicht. Aber ich wollte Sie zu einer Tasse Kaffee einladen. Als Dank. Das tue ich aber nur, wenn Sie nicht …, na ja, Sie wissen schon … sind.»
    Gwendolyn schnappte leicht nach Luft.
    «Sie haben in der Fußgängerzone einen Campingtisch aufgebaut und bieten Hühner Voodoo an», erinnerte sie Gwendolyn. «Und da machen Sie sich Sorgen um meine geistige Gesundheit?!»
    «Ja», sagte Bernadette schlicht und beließ es dabei.
    Gwendolyn sah die kleine runde Frau nachdenklich an. Entweder war sie völlig durchgeknallt, oder sie würde ihre neue beste Freundin werden.
    Bernadette deutete auf ein Café am Beginn der Fußgängerzone.
    «Wir gehen ins Café Florian . Die haben dort ein wunderbares Kuchenbuffet. Für fünf Euro kriegt man eine Tasse Kaffee und Kuchen, so viel man will.» Sie schob sich noch etwas näher zu Gwendolyn
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