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Hotzenplotz 3

Hotzenplotz 3

Titel: Hotzenplotz 3
Autoren: Otfried Preußler
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tropften, schluchzte sie:
    „Ich bin schuld an dem ganzen Elend, mit Wasti — ja, ich bin schuld daran!“
    Kasperl und Seppel versuchten sie zu beschwichtigen, doch umsonst. Einmal ins Heulen gekommen, heulte Frau Schlotterbeck weiter: und wie es den Anschein hatte, gedachte sie nicht so bald wieder aufzuhören.
    Da aßen die beiden Freunde rasch ihre Brote auf. Sie tätschelten Wasti zum Abschied den Rücken, dann sagten sie Lebewohl, überließen Frau Schlotterbeck ihrem Kummer und gingen nach Hause.

Kasperl und Seppel waren gerade vor Großmutters Gartentür angekommen, da hörten sie eine Fahrradklingel — und als sie sich umdrehten, sahen sie den Herrn Polizeihauptwachtmeister Alois Dimpfelmoser in voller Fahrt um die nächste Ecke biegen. Während er mit der linken Hand gleichzeitig lenkte und klingelte, strich er sich mit der Rechten den Schnurrbart. Die Silberknöpfe an seinem Rock blinkten in der Sonne, Stiefel und Leibriemen waren auf Hochglanz gewichst, der ganze Herr Dimpfelmoser machte den Eindruck, als habe ihn jemand frisch eingefettet und aufpoliert.
    Kasperl und Seppel waren sofort im Bilde. Großmutter hatte ihnen beim Frühstück laut aus der Zeitung vorgelesen, daß man Herrn Dimpfelmoser mit Wirkung vom letzten Ersten außer der Reihe zum Hauptwachtmeister befördert habe — und es gab sicherlich niemand im ganzen Städtchen, der ihm das nicht gegönnt hätte.
    „Hallo, Herr Dimpfelmoser!“
    Die Freunde winkten, der eine mit seiner Zipfelmütze, der andere mit dem Seppelhut.
    „Herzlichen Glückwunsch, Herr Dimpfelmoser! Wir gratulieren!“
    „Danke sehr, danke vielmals!“ Herr Dimpfelmoser hielt an, daß die Reifen quietschten, und schwang sich vom Rad. „Demnach wißt ihr es also schon?“
    „Ja“, sagte Kasperl.
    „Und wie gefällt er euch?“
    „Wer?“ fragte Seppel.
    Herr Dimpfelmoser deutete stolz mit dem Zeigefinger auf seinen Kragen.
    „Der dritte Stern da. Frau Pfundsmichel , meine Zimmerwirtin, hat ihn mir vorhin angenäht.“

    „Nett von ihr“, sagte Kasperl; und Seppel beteuerte, daß sich Herr Dimpfelmoser gewiß keinen schöneren Stern hätte annähen lassen können. „Auch Großmutter wird sich freuen, wenn sie ihn sieht“, meinte Kasperl.
    Herr Dimpfelmoser lehnte das Fahrrad gegen den Gartenzaun, strich sich den blauen Rock glatt und rückte den Helm gerade. Dann folgte er Kasperl und Seppel zu Großmutters Häuschen. Die Tür war nicht abgeschlossen, das Küchenfenster stand offen — von Großmutter keine Spur.
    „Möglich, daß sie im Garten ist“, sagte Kasperl. „Oder vielleicht im Waschhaus.“
    Die Freunde erschraken nicht schlecht, als sie Großmutter fanden. Stocksteif lag die alte Dame im Gras: mit geschlossenen Augen und spitzer Nase, die Arme von sich gestreckt.

    „Großmutter! Großmutter!“ Kasperl und Seppel beugten sich über sie. „Sag doch was, Großmutter! Kannst du nicht antworten?“
    „Nein“, sagte Großmutter matt. „Ich bin ohnmächtig.“
    Seppel rannte um eine Gießkanne, Kasperl holte den Gartenschlauch. Großmutter kam ihren Wiederbelebungsversuchen um Haaresbreite zuvor: als Kasperl das Wasser andrehen wollte, schlug sie die Augen auf.
    „Kasperl!“ rief sie. „Und Seppel! Wie gut, daß ihr da seid!“
    Dann erst bemerkte sie auch Herrn Dimpfelmoser.
    „Sie müssen entschuldigen, daß ich Sie fast übersehen hätte“, bat sie mit schwacher Stimme. „Man fällt ja nicht alle Tage in Ohnmacht, nicht wahr?“
    Sie zupfte an ihrer Schürze und legte die Stirn in Falten, als dächte sie angestrengt über etwas nach.
    „Da war doch was“, meinte sie, „was ich mit Ihnen besprechen wollte, Herr Dimpfelmoser — etwas ganz Wichtiges... Aber was war das bloß?“
    Kasperl und Seppel machten ihr heimlich Zeichen. Der eine faßte sich an den Kragen, der andere spreizte drei Finger und deutete auf Herrn Dimpfelmoser.
    „Was habt ihr denn?“ fragte Großmutter. „Immerzu müßt ihr Faxen machen!“
    Weil Großmutter nicht begriff, mußte Kasperl deutlich werden.
    „Wolltest du nicht Herrn Dimpfelmoser zu seiner Beförderung gratulieren?“ fragte er rundheraus.
    „Das auch, das natürlich auch.“
    Großmutter holte den Glückwunsch nach, dann versank sie aufs neue in tiefes Grübeln.
    „Da war noch was anderes“, murmelte sie. „Da war noch etwas…“
    Weiter kam sie nicht, denn mit einemmal polterte jemand von innen gegen die Tür des Waschhauses.
    „Aufmachen!“ ließ eine rauhe Männerstimme sich laut und
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