Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
lassen und man konnte nur zu leicht abrutschen. Schon an ihrem ersten Tag mussten Matt und Lohan miterleben, wie ein Mann in den Tod stürzte. Vielleicht hatte er sich das Genick gebrochen. Vielleicht war er auch im Schlamm erstickt. Jedenfalls stand er nicht wieder auf und die anderen Arbeiter gingen um ihn herum und taten so, als wäre er nicht da. Matt und Lohan machten es ebenso. Sie hatten schnell gelernt, keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und nichts zu tun, das sie von der Menge trennte. Sie hatten nur einen einzigen Plan. Sie mussten überleben, bis die Legacy 600 zurückkam.
    Sie gruben, sie füllten ihre Eimer, sie kletterten. Es war dunkel in der Grube. Der Himmel schien kilometerweit weg zu sein und die Aufseher, die am Rand standen oder mit Schäferhunden ihre Runden drehten, sahen winzig aus. Zumindest gelang es Matt und Lohan, dicht beieinanderzubleiben. Miteinander zu reden, war verboten, aber ihnen fehlte ohnehin die Kraft für mehr als nur knappe Flüche. Hinaufzusteigen war wegen des zusätzlichen Gewichts besonders anstrengend. Das Seil schnitt ihnen in die Schultern und die schweren Eimer scheuerten ihnen die Haut vom Rücken. Am Ende des Tages waren sie wie in Trance, zogen sich von einer Sprosse zur nächsten, die Füße des Vordermanns vor Augen, und die Hände des Hintermanns berührten immer wieder ihre Knöchel. Eine Leiter, dann die nächste und die nächste. Matt wagte nicht aufzusehen, wie weit es noch war. Wenn er es wüsste, würde er aufgeben, da war er sich sicher.
    Oben angekommen kippten sie den Eimer voll Schlamm aus, wo weitere Arbeiter damit beschäftigt waren, die Erde zu waschen, durchzusieben und nach den Goldflocken zu suchen, die der einzige Grund für die Existenz der Mine waren. Ströme braunen Wassers flossen den Hügel hinab. Es schien sehr wenig Gold herauszukommen.
    Sie bekamen drei Mal am Tag Wasser – nach dem Aufstehen, mittags und vor dem Schlafengehen –, aber es war niemals genug. Das Wasser war warm und voller Chemikalien, die sie angeblich vor Krankheiten schützen sollten, aber Matt und Lohan litten jedes Mal an Übelkeit und Magenkrämpfen und rund um sie herum brachen die anderen zusammen und lagen zuckend auf dem Boden.
    Noch bevor die erste Woche vorüber war, waren die beiden kaum wiederzuerkennen. Sie waren von der Sonne verbrannt, obwohl sie eigentlich nie schien. Matts Hals und Schultern waren wund gerieben. Man hatte ihm das Hemd gestohlen, als er schlief, und deshalb war sein Oberkörper jetzt nackt. Allerdings war er so mit Schmutz bedeckt, dass fast nicht zu erkennen war, wo seine Haut endete und die Hose begann. Lohan lebte in seiner eigenen Welt des Hasses, den er gegen die Aufseher richtete, gegen den cafuzo, der ihn verkauft hatte, und sogar gegen Matt.
    Merkwürdig war, dass es auf der ganzen Anlage nur ein paar Hundert Soldaten gab, die für Tausende von Sklaven verantwortlich waren. Anfangs hatte Lohan noch gedacht, dass er die Gefangenen zu einem Aufstand motivieren könnte. Sie konnten sich doch sicher befreien, wenn alle an einem Strang zogen. Aber er musste schon bald erkennen, dass es dazu nicht kommen würde. Viele der Sklaven waren freiwillig hier. Sie hatten sich selbst in die Sklaverei verkauft und von diesem Moment an war etwas in ihnen gestorben. Und die anderen wussten, dass man sie bis zum Tode schuften lassen würde, doch das war ihnen mittlerweile gleichgültig.
    Nur ein einziges Mal sprachen Matt und Lohan in der Nacht über ihre Flucht. Sie lagen nebeneinander und flüsterten so leise sie konnten auf Englisch. Wenn sie jemand hörte, würde er sie garantiert für eine Extra-Ration an die Aufseher verraten.
    „Ich kann uns Waffen besorgen“, wisperte Lohan. „Dazu brauche ich nur nahe genug an einen der Aufseher zu kommen …“
    „Und was dann?“ Matt klang niedergeschlagen.
    „Wir versuchen, uns den Hubschrauber zu schnappen. Oder wenn das nicht klappt, verschwinden wir zu Fuß durch den Urwald.“
    „Das schaffen wir nie, Lohan. Wir sind kilometerweit weg von allem. Und sie haben Hunde. Die würden uns jagen.“
    „Was schlägst du dann vor, Matt? Willst du, dass wir hier sterben?“
    „Wir warten auf den richtigen Augenblick.“
    „Es gibt keinen richtigen Augenblick. Nur den Tod.“
    Und dann wurde Matt krank.
    Das war es, wovor Lohan sich am meisten gefürchtet hatte, obwohl er Matt immer noch die Schuld dafür gab, dass sie hier gelandet waren. Als sie am achten Morgen aufwachten, musste er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher