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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge
Autoren: C. S. Forester
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sich von der Ostsee bis nach Gibraltar erstreckte. Er sagte sich, daß er, bevor er seine Freiheit wiedergewann, ein alter Mann wäre und daß er Marias und sein Kind erst als erwachsen kennenlernen werde.
    Und dann kam es ihm mit einem jähen Schock zum Bewusstsein, daß ihn vielleicht schon in allernächster Zeit der Tod ereilen würde; der Tod durch Erschießen, weil er angeblich gegen die Regeln der Kriegführung verstoßen hatte.
    Merkwürdig, daß er diese Möglichkeit hatte vergessen können.
    Hohnvoll hielt er sich vor, daß er feige wäre, daß er die drohende Gefahr des nahen Todes außerhalb der Betrachtung ließ, weil die Möglichkeit zu ungeheuerlich war, um erwogen zu werden.
    Neuerdings war noch etwas anderes hinzugetreten, mit dem er zunächst nicht gerechnet hatte. Auch wenn Bonaparte ihn nicht erschießen ließ und er sogar die Freiheit wiedererlangte, so musste er doch des Verlustes der Sutherland wegen das Fegefeuer einer kriegsgerichtlichen Verhandlung über sich ergehen lassen. Auch dort konnte der Spruch auf Tod lauten.
    Außerdem aber kamen schimpfliche Entlassung und wirtschaftlicher Ruin in Frage. Die öffentliche Meinung Großbritanniens würde sich nicht leicht mit der Kapitulation eines Linienschiffes abfinden, mochte die Übermacht auch noch so groß gewesen sein. Gar zu gern hätte er Philipps, den Mann der Pluto, darüber ausgehorcht, was innerhalb der Flotte über das letzte Gefecht der Sutherland gesprochen wurde; ob man sein Verhalten anerkannte oder nicht. Aber natürlich bestand keine Möglichkeit, derartige Fragen zu stellen. Kein Kommandant durfte sich bei einem einfachen Seemann danach erkundigen, was die Flotte von ihm dachte; selbst dann nicht, wenn er dabei die Wahrheit erfahren konnte, was nebenbei gesagt höchst fraglich war. Eingeengt wurde er von lauter Ungewissheiten, die sich teils auf seine Lage und ihre Folgen, teilweise auf die Behandlung in der Heimat und obendrein auf Leightons Wunden bezogen. Selbst wegen Maria bedrückten ihn Zweifel: Würde das Kind ein Junge oder ein Mädchen sein; würde er es jemals zu sehen bekommen; würde auch nur irgend jemand den Finger rühren, um ihr zu helfen; würde sie ohne seine Anwesenheit imstande sein, das Kind richtig zu erziehen?
    Abermals drohte ihn das Elend seiner Gefangenschaft zu überwältigen. Er wurde ganz krank vor Freiheitsdrang, vor Sehnsucht nach Barbara und nach Maria.

3. Kapitel
    Am folgenden Tag ging Hornblower wieder auf den Wällen spazieren. Die Posten standen mit geladenen Gewehren an den Enden des ihm zugestandenen Bewegungsraumes, und der wachhabende Offizier hatte sich taktvoll auf die Brustwehr gesetzt, um ihn nicht in den ihn beschäftigenden Gedankengängen zu stören. Er war jedoch zu müde, um viel nachzudenken. Gestern war er fast den ganzen Tag und einen Teil der Nacht in seiner Zelle hin und hergegangen; drei Schritte hin und drei Schritte zurück, und sein ganzes Gemüt hatte sich in Aufruhr befunden. Die Erschöpfung bewahrte ihn jetzt davor, seine Gedanken noch weiter zu spinnen.
    So empfand er es als eine willkommene Ablenkung, als Bewegung beim Haupttor entstand, die Wache unters Gewehr trat und die schweren Torflügel geöffnet wurden. Mit klirrendem Geschirr bog eine von sechs schönen Pferden gezogene Kutsche in den Hof ein. Hornblower stand da und beobachtete alle Einzelheiten des Vorganges. Fünfzig Reiter, die die blaurote Uniform und die dreieckigen Hüte der Gendarmerie Bonapartes trugen, begleiteten das Gefährt, zu dem noch der Kutscher und die neben ihm sitzenden Diener gehörten. Ein Offizier saß schleunigst ab, um den Schlag zu öffnen.
    Offensichtlich handelte es sich bei dem Neuankömmling um eine einflussreiche Persönlichkeit. Hornblower empfand daher ein leichtes Gefühl der Enttäuschung, als kein Marschall mit wehendem Federbusch dem Wagen entstieg, sondern nur ein anderer Gendarmerieoffizier. Ein jugendlicher Mann mit rabenschwarzem Haar war es, das deutlich zu erkennen war, weil er beim Aussteigen den Hut abgenommen hatte. Auf der Brust trug er das Kreuz der Ehrenlegion, an den Füssen schwarze Reitstiefel mit Sporen. Im stillen wunderte sich Hornblower darüber, daß ein anscheinend nicht invalider Oberst der Gendarmerie im Wagen fuhr, statt zu reiten. Er sah, wie der Fremde über den Hof zur Wohnung des Kommandanten schritt.
    Hornblowers Spaziergang war nahezu beendet, als einer der jungen Adjutanten des Generals Vidal erschien und salutierte.
    »Seine Exzellenz
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