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Hornblower 06 - An Spaniens Küsten

Hornblower 06 - An Spaniens Küsten

Titel: Hornblower 06 - An Spaniens Küsten
Autoren: C. S. Forester
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wie man es von einem Franzosen nicht anders erwarten konnte. Hinter ihm dehnten sich im Halbkreis die kahlen spanischen Gebirge, und über dem goldgelben Strand standen deutlich sichtbar die weißen Häuser von Rosas. Die Sutherland näherte sich bereits der Bucht, auf deren glatter blauer Fläche zwei riesenhafte Wasserkäfer lagen; in Rosas stationierte Ruderkanonenboote waren es. Hinter dem schwer beschädigten Gegner kamen die anderen beiden Schiffe des französischen Geschwaders; der Dreidecker mit der Flagge des Vizeadmirals, dem der letzte Zweidecker dicht aufgeschlossen folgte. Es war der Augenblick der Entscheidung.
    »Posten Ausguck!« rief Hornblower. »Sehen Sie das Flaggschiff?«
    »Nein, Sir. Es ist nur die Cassandra in Sicht.«
    Die Royals der Cassandra konnte Hornblower selbst von Deck aus erkennen. Perlweiß standen sie über der Kimm. Die Pluto und die Caligula mußten noch an die zwanzig Seemeilen weit entfernt sein; vielleicht befanden sie sich in einer Windstille. Die schwache Brise, von der die Sutherland in die Bucht getrieben wurde, wehte wahrscheinlich nur in der Nähe der Küste; der Tag war heiß genug dafür. Leighton würde schwerlich zeitig genug erscheinen, um in das Gefecht eingreifen zu können. Es stand Hornblower frei, nunmehr über Stag zu gehen und sein Schiff in Sicherheit zu bringen. Wenn die beiden noch nicht bekämpften Gegner ihn angriffen, konnte er sie ohne Schwierigkeit abschütteln, wenn er es nicht vorzog, sich ihnen in den Weg zu stellen. Jede Sekunde brachte ihn näher nach Rosas, und er mußte seine Entscheidung schnell treffen. Nahm er den Kampf an, so bestand eine ganz geringe Wahrscheinlichkeit dafür, daß Leighton zeitig genug kam, die zusammengeschossenen Franzosen aufzulesen, aber diese Wahrscheinlichkeit war so schwach, daß man sie eigentlich unberücksichtigt lassen konnte.
    Nein, die Sutherland würde vernichtet, aber ihre Gegner derart beschädigt werden, daß sie Tage oder sogar Wochen in Rosas liegenbleiben mußten. Das aber war deswegen wünschenswert, weil die Vorbereitungen für einen auf ihren Ankerplatz durchgeführten Angriff mehrere Tage in Anspruch nehmen würden. Während dieser Frist bestand jederzeit die Möglichkeit, daß zum mindesten drei von ihnen entkamen, wie sie seinerzeit aus Toulon entkommen waren. Hornblower erwog.
    Einerseits mußte er mit dem Verlust eines englischen Vierundsiebzigkanonenschiffs rechnen, andrerseits stand die Zerstörung oder Wegnahme von vier französischen Linienschiffen in sicherer Aussicht. Und dann wurde es ihm urplötzlich klar, daß seine Überlegungen nur Zeitverlust bedeuteten. Zog er sich zurück, so würde er sich zeit seines Lebens vorwerfen, aus Feigheit gehandelt zu haben, und deutlich sah er die Jahre selbstquälerischer Grübeleien voraus, die ihm solche Handlungsweise einbringen mußte. Nein, er wollte unter allen Umständen das Gefecht durchkämpfen, und als er sich zu diesem Entschluß durchgerungen hatte, fühlte er zu seiner Genugtuung, daß er obendrein der militärisch richtige war. Noch eine einzige Sekunde verwendete er darauf, zu dem blauen Himmel emporzusehen, den er so sehr liebte, dann würgte er die einander widersprechenden Empfindungen herunter.
    »Bitte, legen Sie das Schiff über Steuerbordbug, Mr. Bush.«
    Abermals gerieten die Mannschaften in Begeisterung, als sie erkannten, daß sie auch mit den noch übrigen Franzosen den Kampf aufnehmen würden. Die armen Teufel dachten offenbar nicht daran, daß mindestens die Hälfte von ihnen dem sicheren Tod entgegenging. Hornblower empfand Mitleid - oder war es Geringschätzung? - für sie und ihre aus Ruhmsucht hervorgehende Kampflust. Dem strahlenden Gesichtsausdruck nach zu schließen, war Bush nicht im geringsten besser als sie.
    Er dürstete nach dem Blut der Franzosen nur deshalb, weil sie Franzosen waren. Ihm schien es gleichgültig zu sein, ein beinloser Krüppel zu werden, wenn sich ihm nur die Möglichkeit bot, zuvor einige französische Beine zu zerschmettern.
    Der zusammengeschossene Zweidecker, der die Flagge des Konteradmirals im Topp geführt hatte, trieb auf die Sutherland zu - anscheinend blies die Seebrise sämtliche Wracks unter die Kanonen von Rosas -, und die Mannschaft, die energielos damit beschäftigt war, die mitgeschleppten Trümmer der Takelage zu kappen, wurde unruhig, als sie die Kanonen des Engländers auf sich gerichtet sah. Die Sutherland jagte dem Franzosen drei Breitseiten in die Spanten, ehe er
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