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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän
Autoren: C. S. Forester
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es für kaum glaublich, daß es Menschen jemals gelungen sein sollte, Kap Hoorn in ostwestlicher Richtung zu umsegeln.
    Sie schloß sich Hornblowers Meinung an, wonach sich sehr bald, und spätestens nach dem Abschluß eines allgemeinen Friedens, die ganze Welt zusammentun werde, um den Antrag zu stellen, die Landenge von Panama mit einem Kanal zu durchstechen. Vorläufig allerdings mußte man sich damit begnügen, auf den glücklichen Tag zu warten, an dem man St. Helena erreichte, wo das Schiff Frischfleisch und Gemüse, womöglich Milch und Obst an Bord nehmen konnte.

23. Kapitel
    Der Umschlag der Witterung, der nach der Umrundung des Kap Hoorn eintrat, war geradezu dramatisch. Lady Barbara kam es so vor, als sei das Schiff noch gestern bei einem Seegang, der bis zu den Rahen reichte, in Kälte und Unbehaglichkeit vor den Südweststürmen schwer arbeitend, seines Weges gerollt, und heute genoß man bei leichten südöstlichen Winden herrlichen Sonnenschein. In der Tat hatte die Lydia insofern Glück gehabt, als sie von dem letzten tobenden Unwetter von Süden her in den Bereich des Passats getrieben worden war. Das Meer war wieder tiefblau, und von dieser Bläue hoben sich wundervoll die weißen Schaumkämme ab. Fliegende Fische durchfurchten die wie emailliert aussehende Oberfläche. Im Augenblick waren alle Entbehrungen und Strapazen, die das Kap Hoorn mit sich gebracht hatte, vergessen.
    Es schien ganz selbstverständlich zu sein, daß Lady Barbara nach Einbruch der Dunkelheit bei der Heckreling saß, und ebenso selbstverständlich, daß Hornblower aus dem Halbdunkel auftauchte, um die von Fall zu Fall immer wiederholte höfliche Einladung anzunehmen, er möge ihr ein wenig Gesellschaft leisten. Es war durchaus natürlich, daß die Offiziere das ganz in der Ordnung fanden und daß der Wachhabende seine Wanderung auf den vorderen Teil der Hütte beschränkte. Um Mitternacht, als Gerard erschien, um seinen Kameraden Rayner abzulösen, machte der seinen Nachfolger durch eine Bewegung mit dem Daumen und eine Kopfwendung auf die kleine, im Dunkel kaum sichtbare Gruppe aufmerksam. Gerard grinste; in seinem tiefgebräunten Gesicht schimmerten die Zähne.
    Er hatte die Tugendhaftigkeit der Dame bereits auf die Probe gestellt, als sein Kommandant noch gar nicht daran dachte, von ihrer Anwesenheit Notiz zu nehmen. Er glaubte nicht, daß Hornblower dort Erfolg haben würde, wo er selbst einen Mißerfolg erlitten hatte, und jedenfalls meinte Gerard genügend Vernunft zu besitzen, um nicht mit seinem eigenen Vorgesetzten zu rivalisieren. Im übrigen hatte Gerard in seinem Leben so viele Eroberungen gemacht, daß er während seiner Wachen genügend Stoff zum Nachdenken hatte. Er wünschte seinem Kapitän viel Glück, kehrte dem Paar den Rücken zu und hielt sich weit genug entfernt, die Gespräche nicht mit anhören zu können.
    Für Hornblower - und auch für Lady Barbara - lagen die Dinge hier im Atlantik nicht mehr so, wie sie drüben im Stillen Ozean gelegen hatten. Hornblower empfand eine ihm bisher unbekannte Nervosität. Vielleicht drängte sich ihm nach dem Umsegeln des Kap Hoorn das Bewußtsein auf, daß selbst Segelschiffsreisen irgendeinmal enden müssen, daß selbst die fünftausendundeinige Seemeilen, die zwischen ihm und Portsmouth lagen, nicht ewig vorhalten konnten. Im Pazifik hatte er angemessenerweise in Lady Barbaras Gesellschaft Frieden gefunden. Jetzt aber empfand er eine Unruhe, die sich mit jener Spannung vergleichen ließ, die man verspürte, wenn man inmitten einer glasigen Flaute in den westindischen Gewässern lag und das Barometer rapide fiel.
    Aus irgendeinem Grunde - vielleicht nur deswegen, weil er an England dachte - war das Bild seiner Frau in letzter Zeit wieder sehr lebendig in ihm geworden. Es sah die kleine, rundliche Maria, deren Gesichtshaut leicht ein wenig fleckig war, mit ihrem schwarzseidenen Sonnenschirm, den sie zärtlich liebte; er sah sie in ihrem flanellenen Nachthemd und den in Papier gewickelten Locken, indessen ein Ton der Herzlichkeit aus ihrer etwas rauhen Stimme klang. Er stellte sich Maria vor, wie sie mit dem Besitzer eines Fremdenheims verhandelte, wie sie, in Portsmouth an Bord kommend, die geringe Achtung zu erkennen gab, die sie für den gewöhnlichen Seemann hegte. Es war nicht schön, daß Hornblower in solcher Weise an sie dachte.
    Besser hätte er jener fieberigen Nacht gedenken sollen, da ihre Augen rot vom Weinen waren, und sie sich tapfer bemühte, ihre
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