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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän
Autoren: C. S. Forester
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Ölzeug und Südwester, wobei sie seltsamerweise fand, daß ihm diese häßliche Kleidung sehr gut stand. Es geschah zuweilen, daß er mit leuchtenden Augen und windgeröteten Wangen in die Kajüte trat, und dann fühlte sie ihren Puls schneller schlagen.
    Sie wußte, daß sie töricht war. Sie sagte sich, daß ihre Schwäche darauf zurückgeführt werden mußte, daß Hornblower an Bord der Lydia der einzige Mann war, der Kultur besaß.
    Überdies konnte dies viele Monate dauernde Beisammensein auf engem Raum nur dazu führen, daß sie ihn entweder liebte oder haßte. Da aber Haß ihrer ganzen Charakterveranlagung nach nicht in Frage kam, blieb eben das andere übrig. Sie war sich auch darüber klar, daß ihr Interesse für ihn schwinden würde, sobald man zur Zivilisation zurückkehrte und Hornblower sich vor dem ihr vertrauten, im Laufe der Zeit aber in ihrem Gedächtnis verblaßten Hintergrund abhob.
    An Bord sah man die Dinge in falscher Perspektive.
    Pökelfleisch, madiges Brot und Dörrerbsen, eine Kost, die zweimal in der Woche durch ein Glas Zitronensaft ergänzt wurde, bedeutete Eintönigkeit. Kleinigkeiten gewannen übertriebene Wichtigkeit, wenn man genötigt war, ein solches Leben zu führen. Das alles sah Lady Barbara ein, aber seltsamerweise änderte es nichts an ihren Gefühlen. Man hatte mittlerweile das Gebiet des Passats erreicht. Tagtäglich brauste er stärker, und täglich nahm der Seegang zu. Die Lydia kam ausgezeichnet vorwärts. Es gab Tage, an denen sie über zweihundertundvierzig Seemeilen innerhalb vierundzwanzig Stunden zurücklegte. Kalt war es, und es regnete in Strömen, so daß das Oberdeck mitunter knöcheltief unter Wasser stand.
    An anderen Tagen blieb Lady Barbara nichts anderes übrig, als sich in ihrer Koje festzustemmen, während das Schiff hin und her geworfen wurde, als wolle es jeden Augenblick kentern.
    Hebe, die ihre Neigung zur Seekrankheit niemals ganz überwand, lag in ihre Decken gewickelt am Boden, und ihre Zähne klapperten vor Kälte. Sämtliche Feuer waren gelöscht worden. Es konnte nichts gekocht werden, und das Stöhnen der Hölzer schwoll zu einer Stärke an, daß man es mit Orgeltönen hätte vergleichen können.
    Als man den südlichsten Punkt der ganzen Reise erreichte, bewies das am Kap Hoorn herrschende Wetter aufs neue seine Launenhaftigkeit. Eines Morgens erwachte Lady Barbara und merkte, daß die Bewegungen des Schiffes wieder sehr stetig geworden waren. Polwheal klopfte an die Kammertür, um eine Mitteilung des Kommandanten zu überbringen. Wenn es der Lady Barbara beliebe, so könne sie von dem Wetterumschwung Gebrauch machen und an Oberdeck frische Luft schöpfen.
    Natürlich folgte sie der Einladung. Der Himmel war blau, aber die Frische ließ sie doch dankbar den Büffelmantel empfinden, den ihr Gerard geliehen hatte. Es wehte nur noch eine frische Brise, die die Lydia unter vollen Segeln, einschließlich des Royals, vorwärtstrieb. Hell schien die Sonne. Es tat wohl, wieder einmal an Deck spazierengehen zu können; fast so wohl, wie der dampfend heiße Kaffee, den der grinsende Polwheal der Dame und den Offizieren auf der Hütte servierte. Köstlich war es, die Lungen, die so lange die üblen, unter Deck herrschenden Dünste eingeatmet hatten, mit reiner Luft zu füllen. Überall in den Wanten trockneten die schnellstens aufgehängten Kleidungsstücke der Seeleute. Sie schienen mit unzähligen flatternden Armen und Beinen die frische Brise zu begrüßen.
    Aber Kap Hoorn schenkte den Menschen nur diesen einen angenehmen Morgen. Noch vor der Mittagsstunde überzog sich die Sonne mit einem feinen Schleier, es frischte merklich auf, und in Luv stiegen schnell näher kommende Wolkenmassen empor.
    »Lassen Sie die Royals bergen, Mr. Bush«, knurrte Hornblower. »Lady Barbara, ich fürchte, daß Sie sich wieder in Ihre Kajüte zurückziehen müssen.«
    Kaum hatte sie ihre Kammer erreicht, als auch schon heulend die Bö einfiel. Den ganzen Nachmittag hindurch lief die Lydia vor dem Winde, und als es Abend wurde, schloß Lady Barbara, die inzwischen allerlei Seemannschaft gelernt hatte, aus den Bewegungen der Fregatte, daß sich Hornblower genötigt gesehen hatte, beizudrehen. Sechsunddreißig Stunden hielt der Zustand an, indessen sich das Wetter zu bemühen schien, den ganzen Himmel in tausend Stücke zu zerreißen. Einigen Trost bot nur die Gewißheit, daß auch die Abdrift nach Lee dem Schiffe half, den östlichen Kurs beizubehalten. Lady Barbara hielt
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