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Hollywood

Hollywood

Titel: Hollywood
Autoren: Harold Robbins
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schmutzige Phantasie«, sagte sie. »Es ist widerlich, wie du redest.«
    »Ach was«, lachte er rauh. »Das ist völlig normal. Titten und Arsch, davon kriegt jeder Mann einen Steifen.«
    »Den hast du doch dauernd«, sagte sie. »Schon als du ein kleiner Junge warst.«
    Joe schwieg.
    »Warst du bei deinem Vater?« fragte sie nach einer Weile.
    »Ja.«
    »Und?«
    »Nichts weiter. Es ist alles geregelt.«
    »War dein Vater böse?«
    »Du kennst doch Papa«, sagte er. »Aber es ist alles gut ausgegangen. Ich kriege einen Job bei einer Importfirma.«
    »Und was ist mit der Einberufung?«
    Joe wurde ärgerlich. »Ich habe doch gesagt, es ist alles geregelt.«
    Wieder entstand eine Pause. Motty starrte die Handtasche auf ihrem Schoß an. »Ich habe einen Brief von Stevie gekriegt«, sagte sie schließlich. »Er will mich heiraten, wenn er in den Ferien nach Hause kommt.«
    Joe war verblüfft. »Mein Bruder?«
    Jetzt wurde sie ärgerlich. »Kennst du noch einen anderen Stevie?«
    »Ich verstehe nicht ganz«, sagte er. »Was sagt denn Mutter dazu?« In der Familie Kronowitz gab es kein Postgeheimnis. Jeder Brief wurde unweigerlich von Joes Mutter geöffnet, ehe er seinen Empfänger erreichte.
    »Ich habe mir den Brief ins Geschäft schicken lassen«, erwiderte Motty.
    »Schau an. Schreibt er dir öfter?«
    »Ab und zu«, sagte Motty.
    »Habt ihr vorher mal darüber geredet?«
    »Nein.«
    »Was für ein hinterlistiger Bursche«, sagte Joe. »Was willst du jetzt machen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Ich habe Angst, daß deine Mutter sich fürchterlich aufregt. Schließlich ist Stevie mein Vetter.«
    »Das hat doch überhaupt nichts zu sagen«, grinste Joe. »Das ist in jüdischen Familien vollkommen üblich. Du weißt doch, was die Leute sagen: Ein bißchen Inzest hält die Familie zusammen.«
    »Mir ist überhaupt nicht nach Scherzen zumute«, sagte Motty.
    Joe warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Wie denkst du denn darüber? Willst du Stevie denn überhaupt heiraten?«
    »Ich mag ihn sehr gern«, sagte sie. »Aber es wäre mir nie in den Sinn gekommen, daß wir heiraten könnten. Er schreibt, er müsse immerzu an mich denken und wir hätten ein gutes Leben, wenn wir heiraten würden. Er braucht nur noch ein Jahr zu studieren, dann macht er Examen. Und wenn wir verheiratet wären, würde er nicht als Sanitätsoffizier zur Armee gehen, sondern drei Jahre als Assistenzarzt im Krankenhaus arbeiten. Er hat schon acht verschiedene Angebote aus dem ganzen Land, schreibt er. Ärzte sind offenbar knapp.«
    Joe nickte. »Das klingt gut«, sagte er. »Das wird sogar Mama einleuchten. Ich glaube, du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen.«
    Motty schwieg.
    »Was beunruhigt dich denn?« fragte er.
    »Ich weiß es selbst nicht genau«, sagte sie heiser. Es schien, als würde sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. »Es kommt mir nur alles so nüchtern und langweilig vor. Ich habe immer von romantischer Liebe geträumt, aber das ist wahrscheinlich ganz töricht gewesen. Ich bin ja schon fünfundzwanzig. Wir haben Krieg, und es gibt in der ganzen Stadt keine Männer. In ein paar Jahren bin ich eine alte Jungfer.«
    Joe nahm ihre Hand und streichelte sie. »So etwas darfst du nicht sagen. Du bist ein wunderbares Mädchen.«
    In ihren Augenwinkeln glitzerten Tränen. »Aber er hat in seinem Brief kein Wort davon geschrieben, daß er mich liebt.«
    »Überhaupt nicht?« fragte Joe.
    »Höchstens vielleicht am Ende«, sagte sie. »Da steht: Alles Liebe – Dein Stevie.«
    »Na, also! Da haben wir's doch«, lächelte Joe. »Worüber beschwerst du dich dann? Mein Bruder Stevie ist nun mal Arzt und kein Schriftsteller.«
    Gegen ihren Willen begann sie zu lachen. »Du glaubst also, es ist alles in Ordnung?«
    »Es ist großartig«, sagte Joe. »Und vergiß nicht: Wenn es dir mal nicht reicht, was er zu bieten hat, wendest du dich vertrauensvoll an mich. Dafür bin ich schließlich dein Schwager.«

4
    An der westlichen Seite der Tenth Avenue stand zwischen der 52. und 54. Straße ein Verkaufswagen neben dem anderen. Die meisten der fliegenden Händler waren Italiener, und italienische Brocken schwirrten nur so durch die Luft. Amüsiert betrachtete Joe die hochaufgetürmten Berge von Gemüse und Südfrüchten. Auf manchen Wagen lagen auch große, runde, in dünne Tücher eingeschlagene italienische Käse. Es gab Schubkarren mit bunten Hauskleidern und billiger Unterwäsche, es gab Händler mit Haushaltswaren, Tellern, Bestecken
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