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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe
Autoren: Terry Pratchett
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Mann sah noch einmal nach
    rechts und links, bevor er ihm folgte und die Tür schloß.
    Schemen bewegten sich in der Dunkelheit. Etwas zischte leise. Dann
    wankten die großen, schweren Gestalten davon.
    Kurz darauf erlebte ein Bettler, der hinter der nächsten Straßenecke
    hockte und hoffnungsvol die Hand ausstreckte, eine Überraschung. Er
    stellte fest, daß er plötzlich um dreißig Dollar reicher war.*

    Die Scheibenwelt drehte sich vor dem glitzernden Hintergrund des Welt-
    raums, und zwar auf dem Rücken von vier riesigen Elefanten, die wie-
    derum auf dem Panzer der Himmelsschildkröte Groß-A’Tuin standen.
    Kontinente glitten langsam vorbei, ausgestattet mit Wettersystemen, die
    in entgegengesetzter Richtung trieben, wie Tänzer, die sich gegen den
    Rhythmus des Tanzes bewegten. Milliarden Tonnen Geographie zogen
    langsam durchs All.
    Die Leute halten nichts von Dingen wie Geographie und Meteorolo-
    gie, und zwar nicht nur deshalb, weil sie auf dem einen stehen, während
    sie vom anderen durchnäßt werden. Solche Phänomene haben ihrer
    Meinung nach nur wenig mit wahrer Wissenschaft zu tun.** Aber Geo-
    graphie ist nichts weiter als verlangsamte Physik mit ein paar Bäumen
    drauf, und die Meteorologie steckt vol von aufregend modischem Chaos
    und Komplexität. Der Sommer ist eigentlich keine Zeit, sondern mehr

    * Später ließ er sich vol aufen und wurde an Bord eines Handelsschiffes ver-schleppt, das zu exotischen fernen Ländern segelte, wo er vielen jungen, nur leicht bekleideten Frauen begegnete. Schließlich starb er, weil er auf einen Tiger trat. Eine gute Tat geht um die ganze Welt.
    ** Wahre Wissenschaft kann etwas mit drei zusätzlichen Beinen ausstatten und dann explodieren lassen.
    ein Ort. Der Sommer ist ein mobiles Geschöpf und liebt es, im Süden zu
    überwintern.
    Selbst auf der Scheibenwelt, die von einer kleinen Sonne umkreist
    wurde, gab es Jahreszeiten. In Ankh-Morpork, der größten ihrer Städte,
    wurde der Frühling vom Sommer beiseite geschoben, der seinerseits den
    El enbogen des Herbstes in der Seite spürte.
    Die einzelnen Jahreszeiten wirkten sich in der Stadt nicht groß aus,
    obwohl im Frühjahr der Schaum auf dem Fluß oft in einem hübschen
    Grün glänzte. Aus den Dunstschleiern des Frühlings wurden die Nebel-
    schwaden des Herbstes, vermischten sich mit Rauchschwaden und
    Dämpfen aus dem magischen Viertel sowie den Werkstätten der Alchi-
    misten – bis der Nebel ein dichtes, erstickendes Eigenleben zu bekom-
    men schien.
    Und die Zeit verging.

    Herbstnebel preßte sich gegen mitternächtliche Fensterscheiben.
    Blut tropfte über die Seiten eines seltenen Buches mit religiösen Es-
    says. Jemand hatte es in der Mitte durchgerissen.
    Das wäre nicht nötig gewesen, dachte Pater Tubelcek.
    Und dann dachte er, daß es auch nicht nötig gewesen wäre, ihn zu
    schlagen. Aber Pater Tubelcek hatte sich nie mit solchen Dingen bela-
    stet. Menschen heilten, im Gegensatz zu Büchern. Er streckte eine zit-
    ternde Hand aus, um die Blätter einzusammeln, sank dann wieder zu-
    rück.
    Alles drehte sich um ihn herum.
    Die Tür schwang auf. Schwere Schritte knarrten über den Boden. Bes-
    ser gesagt, ein schwerer Schritt knarrte über den Boden, gefolgt von ei-
    nem Schlurfen.
    Schritt. Schlurfen. Schritt. Schlurfen.
    Pater Tubelcek drehte mühsam den Kopf. » Du ?« krächzte er.
    Ein Nicken.
    »Nimm… die… Bücher.«
    Der alte Priester sah, wie die Bücher aufgehoben wurden, von Fingern,
    die sich kaum für diese Aufgabe eigneten.
    Der Neuankömmling zog einen Federkiel aus dem Durcheinander und
    schrieb etwas auf einen Zettel, den er zusammenrollte und vorsichtig
    zwischen Pater Tubelceks Lippen schob.
    Der sterbende Priester versuchte zu lächeln.
    »So machen wir das nicht«, murmelte er, und der Papierzylinder zwi-
    schen seinen Lippen wackelte wie eine letzte Zigarette. »Wir… schaf-
    fen… unsere… eigenen…«
    Die kniende Gestalt beobachtete ihn eine Zeitlang, beugte sich dann
    behutsam vor und schloß ihm die Augen.

    Sir Samuel Mumm, Kommandeur der Stadtwache von Ankh-Morpork,
    blickte in den Spiegel, runzelte die Stirn und begann, sich zu rasieren.
    Das Rasiermesser war wie das Schwert der Freiheit, und das Rasieren
    ein Akt der Rebel ion.
    Für Mumm hatte sich viel verändert. Man bereitete ihm jetzt das Bad
    vor (jeden Tag! – wie hielt die menschliche Haut das aus?). Man legte
    ihm die Kleidung zurecht (und was für Kleidung!). Man kochte für
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