Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
nett, ich habe mich grade schon gefragt, wann Elina wohl auftauchen wird. Kommt rein.«
Sie tritt beiseite, macht ihre rechte Hand frei, ohne das Kätzchen loszulassen, und stellt sich als Maggan vor. Sie haben also nicht an der falschen Tür geklingelt.
»Und das hier ist der kleine Sebastian. Er ist gerade hier eingezogen, ich bin noch dabei, ihm beizubringen, wo das Katzenklo steht.«
»Ach, darf ich mal?«
Jonna vergisst vollkommen, warum sie hier ist, sondern streckt bittend die Hand vor, und Maggan hebt den Kleinen sanft in ihren Arm.
»Morgen ist er fünfzehn Wochen alt.«
»Oh. Wir haben auch eine Katze.«
Wir? Jonna ignoriert den Blick, den Alex ihr zuwirft. Sie steht einfach nur da mit den kleinen Tatzen auf der Haut, die Nase in den weichen Pelz gebohrt, und mit einem Stich Heimweh im Herzen.
»Kommt Elina denn auch?«
Ah, genau. Jonna sieht auf, und Maggan bittet sie in die Wohnung.
»Wollt ihr einen Kaffee, während ihr wartet?«
Sie geht voraus in eine große sonnige Küche, und Jonna erzählt Maggan, dass sie nach Elina suchen und gehofft haben, dass sie vielleicht hier sein würde, bei ihrer ehemaligen Lehrerin. Maggan macht eine besorgte Miene, schüttelt den Kopf und sagt, sie sei über Weihnachten verreist gewesen und habe nichts von Elina gesehen.
»Das Mädchen hat es nicht immer leicht gehabt. Ich versuche, ihr zu helfen, so gut ich kann.«
Sie lässt sich schwer auf einen orangefarbenen Küchenstuhl sinken, und Jonna bemerkt einen zugeklappten Laptop auf dem Tisch. Ob sie den benutzt, wenn sie Elina »hilft«?
»Darf ich mal Ihre Toilette benutzen?«, fragt Alex.
Maggan nickt und zeigt auf den Flur. Jonna kritzelt ihre Handynummer auf einen Zettel und bittet Maggan, sich doch bei ihr zu melden, falls sie irgendetwas von Elina hört oder sieht. Die Frau verspricht es, und als Jonna gerade die Küche verlassen will, besinnt sie sich.
»Kann ich euch denn etwas anbieten?«
Nein, nein. Jonna schüttelt den Kopf, sie will nichts. Aber Maggan schneidet schnell zwei dicke Scheiben von einem weichen Pfefferkuchen, der auf der Arbeitsfläche steht. Den gibt sie ihnen mit und sagt, es würde sich um eine alte schwedische Weihnachtstradition handeln, und die Mädchen sollten den Kuchen doch ihr zuliebe nehmen.
»Sonst geht er einem im nächsten Jahr zu Weihnachten aus, müsst ihr wissen.«
Etwas später sitzen sie auf den Raucherplätzen vor einem Café an der Götgatan und futtern Pfefferkuchen. Die Sonne geht gerade hinter den Häusern unter, sie ist dezemberbleich, aber schön, und es gibt Decken, die man hier ausleihen kann, falls man friert. Sie sitzen da, in Decken gehüllt und in ihren nagelneuen Kleidern, und essen Kuchen, und es kommt Jonna so vor, als würde sie ganz normal mit einer Freundin im Café sitzen.
Alex leckt sich die letzten Krümel ihres Pfefferkuchens von den Fingern und kichert zufrieden.
»Wenn die Alte wüsste, was uns zu Weihnachten ganz und gar nicht ausgeht!«
Sie kippt die Ledertasche, die sie neben sich auf der Bank stehen hat, so, dass Jonna sehen kann, was sie darin hat: Eine große Flasche Whiskey. Was? Jonna holt erschrocken Luft, bricht aber im nächsten Moment in lautes Lachen aus.
»Das ist wohl wahr, zum Teufel!« Sie wirft Alex einen beeindruckten Blick zu. »Du bist doch echt die Coolste, Alex.«
»Oder?«
Sie lachen beide, und Alex schraubt den Deckel ab und nimmt einen Schluck. Dann wischt sie sich mit dem Handrücken über den Mund und reicht die Flasche Jonna.
»Die ist dafür, dass sie Elina als Alias bei eBay benutzt.«
*
Dann passiert das, was alles entscheiden wird.
Die Mädchen sind von den Raucherplätzen an der Götgatan vertrieben worden, sind in ein Einkaufszentrum gegangen, und dann weiter in eine Kaufhausgalerie. Da hängen sie eine Weile herum, denn es fällt ihnen nichts Besseres ein. Jonna hält natürlich nach Elina Ausschau, aber eigentlich geschieht nichts.
»Können wir nicht Niki anrufen und sie fragen?«
»Niki?«
Alex sieht Jonna fragend an.
»Sie und Elina sind doch vielleicht befreundet?«
»Ja, aber Niki spricht nicht mehr.«
»Wieso nicht? Ist sie stumm? Dann könnten wir uns doch mit ihr treffen und Ja- und Nein-Fragen stellen.«
»Also, es ist nichts Physisches, sie redet einfach nicht mehr.«
Nun gut. Jonna verwirft die Idee. Sie fahren ein wenig auf den Rolltreppen auf und ab, fummeln auf langweiligen Elektroniksachen in einem Elektroladen herum und probie ren im Untergeschoss bei Intersport
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