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HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

Titel: HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
Autoren: JOANNA MAITLAND
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Verzögerung verbunden. Und die Kontakte nach Frankreich konnte man bestenfalls als unsicher bezeichnen, obwohl der Krieg seit fast einem Jahr vorüber und Napoleon inzwischen sicher auf St. Helena untergebracht war.
    Briefe jedenfalls waren nichts im Vergleich zu einer ausführlichen Plauderei – und genau deswegen war Emma gekommen.
    Sie trieb ihr Pferd zu einer raschen Gangart an.
    Als sie auf die Auffahrt ritt, erspähte Emma ein paar Gestalten auf dem Rasen unter der alten Eiche. Sie hielt auf sie zu, zügelte die Stute jedoch, denn Jamie war nicht dabei. Zwischen den beiden Herren, die dort auf einer Decke saßen, krabbelte ein Kleinkind umher, das sich mit den vielen Unterkleidern nur mühsam bewegen konnte. Himmel, wie sehr Dickon gewachsen war. Emma erkannte ihren kleinen Patensohn kaum wieder. Er musste jetzt bald ein Jahr alt sein.
    Dickons Nanny hielt sich besorgt in der Nähe, damit die ungeschickten Männer ihren Schützling auch ja nicht falsch behandelten. In Richards Fall besteht da keine Gefahr, dachte Emma, denn er betet Dickon an und verbringt weitaus mehr Zeit mit seinem kleinen Sohn, als die meisten Väter es tun würden. Der andere Gentleman allerdings schien das Kind nicht zu bemerken. Er saß halb abgewandt da und blickte in die Ferne.
    Emma schirmte die Augen vor der Sonne ab, um den zweiten Mann besser betrachten zu können. Sie war überzeugt, ihn nicht zu kennen, konnte indes nur sein Profil sehen. Genau wie Richard hatte er dunkles Haar, doch seine Haltung deutete auf einen älteren, gesetzteren Herrn hin. Insgeheim hoffte sie, ihm nicht begegnen zu müssen. Er würde ihr den schönen Tag verderben.
    In diesem Moment begann der kleine Dickon mit ausgestreckten Armen in ihre Richtung zu tapsen. Die Schreie, mit denen er seiner Freude über die eigenen Fähigkeiten Ausdruck verlieh, hallten über den Rasen. Die Kinderfrau sprang vor, um ihren Liebling aufzufangen, ehe er hinfiel. Richard – allem Anschein nach ganz unbekümmert – lächelte nur. Dickon machte noch zwei Schritte, bei denen er leicht hin und her schwankte. Allmählich schien er aus dem Gleichgewicht zu geraten, und seine bebenden Lippen deuteten an, dass ein enttäuschtes Weinen bevorstand.
    Und dann drehte sich der Fremde nach dem Kind herum, beugte sich vor, um Dickon aufzufangen und ihn hoch in die Luft zu heben. Sofort begann Dickon lauthals zu jubeln.
    Als er das Kind an den Vater zurückreichte, erhaschte Emma einen weiteren Blick auf sein Profil.
    Sie konnte kaum glauben, was sie sah. Es war, als habe sie eine andere Person vor sich. Das Spiel mit Dickon hatte aus dem Unbekannten einen viel jüngeren Mann gemacht, einen Mann, der vor Vergnügen strahlte – und alles wegen eines kleinen Kindes.
    Plötzlich hatte Emma das Gefühl, diesem Menschen in die Seele geschaut zu haben. Fast ein wenig beschämt lenkte sie ihr Pferd zum Haus.
    Die Tür wurde geöffnet, kurz bevor sie sie erreichte. Der Butler erwartete sie, seine gewöhnlich ausdruckslose Miene zeigte ein Lächeln beim Anblick der jungen Dame, die auf Harding ein und aus ging, seit sie laufen konnte. „Guten Tag, Miss Emma. Ihre Ladyschaft wird entzückt sein, wenn sie erfährt, dass Sie hier sind. Darf ich Sie in den blauen Salon führen?“
    Emma schenkte dem Butler ein schelmisches Lächeln. „Ich bin sicher, dass man mich nicht anmelden muss, Digby.“ Sie legte Peitsche und Handschuhe auf den Tisch in der Halle, hob die weiten Röcke ihres blauen Samtkleids mit beiden Händen an und begann, leichtfüßig die Treppe hinaufzueilen. „Ich nehme an, Lady Hardinge befindet sich in ihrem Salon?“
    „Jawohl, Madam“, rief der Butler ihr nach, „aber …“
    Emma hörte ihm nicht weiter zu. Zu groß war ihr Verlangen, ihre liebste Freundin wiederzusehen.
    Sie klopfte kurz und betrat den Salon der Countess, ohne die Aufforderung dazu abzuwarten.
    Lady Hardinge saß auf der Chaiselongue am Fenster. „Emma!“, rief sie entzückt, als sie der Freundin ansichtig wurde, und versuchte sich zu erheben. Sie gab ihre Bemühungen jedoch bald auf und ließ sich in die Kissen zurücksinken. „Verzeih mir, Emma. Es ist etwas schwierig mit dem Aufstehen. Du siehst …“
    Emma eilte durchs Zimmer, um Jamie zu umarmen. Eine ganze Weile hielten sie einander fest. Dann richtete Emma sich auf und fragte besorgt: „Geht es dir nicht gut, meine Liebe, weil du …“ Sie verstummte, als ihr Blick Jamies Taille streifte. „Oh, ich verstehe“, sagte sie ein wenig verlegen,
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