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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition)
Autoren: Petra Hammesfahr
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etwas tun.»
    Edmund schüttelte den Kopf: «Warum sollten sie? Für die Polizei hat sich nichts geändert. Die werden erst aktiv, wenn sie über Leichen stolpern.»
    Er schnappte seinen Wagenschlüssel, den er in der Nacht achtlos neben die Basisstation gelegt hatte. Während er zur Haustür lief, rief er noch: «Retlings sind nicht daheim. Sie sind in Bad Münstereifel. Ich fahre dahin. Du kannst dein Glück ja im Präsidium versuchen, lass dich mit Kleiber verbinden. Oder fahr am besten hin. Jetzt mach schon!» Er war bereits draußen, als er ihr noch zurief, wo genau das kleine Ferienhaus lag.
    Während Edmund sich hinters Steuer warf und losfuhr, bemühte Dorothea sich, mit zittrigen Fingern den Notruf zu wählen. Es war an sich kein Problem. Eins, eins, null. Nur drei Tasten zu drücken. Aber Ed fragte immer noch: «Warum sollten sie?»
    Nur weil er gestern schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Heute war es doch eine ganz andere Situation, fand Dorothea und schaffte es endlich. Eins, eins, null. Gleich darauf hörte sie eine sonore Männerstimme. Sie nannte ihren Namen, schilderte die Situation, gab die Lage des Ferienhauses durch.
    Der Polizist wollte wissen, wo sie sich derzeit befand. «Im Haus meines Schwagers, in Pulheim», antwortete Dorothea automatisch. «Er ist bereits unterwegs nach Bad Münstereifel. Aber das dauert viel zu lange. Und was soll er alleine ausrichten? Sie müssen Ihre Kollegen vor Ort verständigen. Es muss sofort jemand hin, Heiko Schramm hat meine Schwester und ein älteres Ehepaar in seiner Gewalt. Wahrscheinlich wird er alle umbringen.»
    Dorothea spürte, dass sie zu weinen begann, was eigentlich nicht ihre Art war. Gerda Winzens Schilderung hatte ihr einen Schock versetzt, den sie noch nicht verarbeitet hatte. Vor allem dieser eine Satz, den Schramm von sich gegeben haben sollte.
Das hat noch viel Zeit.
Die Zeit war um. Sieben Jahre. In denen sich ein psychopathischer Spinner wahrscheinlich jeden Abend ausgemalt hatte, wie er sein Makkaronistückchen in Patty versenkte und sie anschließend tötete. Womöglich erwürgte er sie, während er es endlich einmal richtig mit ihr tat. Hatte Ed nicht mal so ein Szenario entworfen? Allerdings mit aufgeschlitzter Kehle und dem Blick in brechende Augen.
    Der Polizist versuchte, sie zu beruhigen. Ernst nahm er sie durchaus. Aber er wollte wissen, wie sie Kenntnis von der Situation erhalten hatte, wenn sie gar nicht in Bad Münstereifel war.
    «Durch den Anruf einer Bekannten von Schramm», sagte Dorothea, nicht ganz den Tatsachen entsprechend. Der Polizist nahm ihr das ab und versprach, dafür zu sorgen, dass das Ferienhaus des Ehepaars Retling überprüft wurde. Ein Trost war ihr das nicht.
    Dann stand sie da und schaute nach draußen. Ed hatte die Haustür nicht hinter sich zugezogen. Gerda Winzen sprach immer noch auf sie ein, sagte etwas von einem krummen Ding. Dorothea legte das Mobilteil hin, schloss die Haustür, ging zurück in die Küche, zündete sich eine Zigarette an und beruhigte sich allmählich wieder. Sie schaffte es, einigermaßen logisch nachzudenken, trank dabei ihren Kaffee aus. Er war kalt geworden.
    Ein krummes Ding.
    Dorothea war vor sieben Jahren ebenfalls von der Polizei befragt worden. Die suchten Schramms Komplizen und hatten keine Ahnung, wo die Beute geblieben war. Aber Dorothea hatte Schramm nie zusammen mit einem Freund oder Kumpel gesehen.
    Und später kam Patrizia aus den Therapiestunden nach Hause, häppchenweise mit neuen Erkenntnissen versorgt. Ein Einzelgänger, ein eiskalt planender Psychopath, der seine Festnahme regelrecht inszeniert hatte.
    Wenn Ed recht gehabt hatte mit seinen Behauptungen, dann fuhr er jetzt in die falsche Richtung. Nach und nach glaubte Dorothea zu begreifen, was Schramm beabsichtigt hatte, damals wie heute. Es schien ungeheuerlich, absurd und gerade deswegen schon wieder logisch.
    Die verschwundene Beute von damals, darunter ein paar sehr auffällige Stücke, die man nicht so ohne weiteres loswurde, höchstens weit unter Wert, das war wohl nicht in Schramms Sinn gewesen. Er brauchte eine ausgebildete Goldschmiedin und eine Werkstatt. Und die Werkstatt lag nicht in der Eifel, sondern in Raderthal.
    Es war für Dorothea eine Sache von ein paar Sekunden, das Haus zu verlassen und zu ihrem Auto zu laufen. Im Ablagefach unter dem Armaturenbrett lag die geladene Pistole, nach der ihr Vater die halbe Nacht gesucht und die er ihr am frühen Morgen in die Finger gedrückt hatte. «Hier, gib
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