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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller
Autoren: Andreas Winkelmann
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Festnetz zu erreichen gewesen und hatte auch nicht die Tür geöffnet. Eine Stunde hatte Mara im Treppenhaus gewartet in der Hoffnung, ihre Freundin würde nach Hause kommen. Eine Stunde, in der sie immer wieder darüber nachgedacht hatte, wie es so weit hatte kommen können. Laura war nicht aufgetaucht. Eine Nachbarin hatte Mara schließlich berichtet, Laura sei schon sehr früh am Vormittag aufgebrochen.
    Mara war ratlos und traurig und wusste nicht mehr weiter. Sie hatte schon daran gedacht, mit Lauras Eltern zu reden, wusste aber nicht, ob das nicht ein Vertrauensbruch war, den Laura ihr niemals verzeihen würde. Oft genug hatte Laura gesagt, dass es speziell ihren Vater nichts anging, was sie tat, wie sie lebte und mit wem sie ausging. Seit sie ausgezogen war, war das Zerwürfnis zwischen den beiden einfach zu tief geworden. Nicht einmal Lauras Mutter hatte den Riss kitten können, obwohl sie es diplomatisch geschickt oft genug versucht hatte.
    Jetzt begannen die Muskeln zu übersäuern. Mara gab ein paar Sekunden noch mal alles, fing sich die anerkennenden Blicke einiger anderer Gäste des Studios ein, vor allem der Jungs, die ihr auf den Hintern schauten, hämmerte dann aber auf die rote Taste. Das Gerät fuhr langsam herunter und ging in die Cool-Down-Phase über.
    Nach weiteren drei Minuten stieg Mara von den Pedalen. Sie musste sich noch einen Moment festhalten, so sehr war sie außer Atem. Sie wischte sich das erhitzte, rot glühende Gesicht mit ihrem Handtuch ab und ging auf zittrigen Beinen Richtung Umkleide. Für heute war sie fertig, im doppelten Sinne des Wortes.
    In der Umkleide schloss sie den Spind auf, nahm die Wasserflasche heraus und ließ sich auf die Holzbank fallen.
    »Mal wieder übertrieben?«, fragte Tessa.
    Ihr gehörte das Fitness-Studio.
    Sie absolvierte gerade ihren Rundgang durch die Kabinen und blieb vor Mara stehen. Mara verstand sich sehr gut mit der zehn Jahre älteren Tessa. Erst gestern hatte sie das Angebot, in den Abendstunden als Trainerin zu jobben, angenommen. Zehn bis fünfzehn Stunden die Woche würde sie neben ihrem Sportstudium locker schaffen. Und die sieben Euro pro Stunde konnte sie gut gebrauchen. Das zusätzliche Geld würde sie ihrem Traum vom Himalaya ein Stück näher kommen lassen.
    »Kennst mich ja«, sagte Mara, noch immer kurzatmig.
    »Diesmal sah es aber ziemlich verbissen aus.«
    »Echt?«
    Tessa nickte. »Wie ein Kampf, nicht wie Training.«
    »Ich hatte einen beschissenen Tag«, wich Mara aus. So gut, dass sie Tessa von den Problemen mit ihrer besten Freundin erzählen würde, kannten sie sich nun doch nicht.
    »Na, dann hab wenigstens noch einen schönen Abend.«
    »Danke. Du auch.«
    Tessa verschwand. Mara nuckelte an ihrer Wasserflasche und dachte nach. War sie wirklich so verbissen gewesen? Sah man es ihr an, wie es ihr ging? Das wollte sie eigentlich nicht. Aber die Sache mit Laura ging ihr wirklich an die Nieren. Sich schuldig zu fühlen und nichts tun zu können war ein Zustand, den sie nur sehr schwer ertrug. Eigentlich gar nicht.
    Das ständige Grübeln machte sie fertig. Sie brauchte Klarheit. Wahrscheinlich war ihre Arbeit auch wegen dieser Sache schlechter ausgefallen als sonst. Ihr fehlte die Konzentration.
    Während sie trank, nestelte sie ihr Handy aus dem Seitenfach der Sporttasche.
    Eine SMS war während des Trainings eingegangen.
    Von Laura.
    Nur ein Wort.
    »Hinauf!«
    Sie befanden sich tief unten in der Klamm. Hier standen die grauen Felswände dicht beieinander und pressten die Welt auf ein Minimum zusammen. Wenige Meter ebener Boden, und den mussten sie sich mit einem reißenden Fluss teilen, der über eine für den Menschen kaum vorstellbare Zeitspanne diese Welt überhaupt erst erschaffen hatte. Denn so massiv und ewig best ändig die Wände auch wirkten, hatte das Wasser sich doch tief hineingeschnitten und tat es immer noch. Dies war kein Ort für das Leben, jeder, der sich dort aufhielt, konnte das spüren. In dieser beinahe lichtlosen Enge gedieh nichts, und doch war es ein Ort von unvergleichlicher, wilder Schönheit und nicht nachlassendem Reiz. Kristallklares Wasser umspülte sanft gerundete Felsen, polierte Kiesel zu Edelsteinen, staute sich in Trichtern und Becken, um dann aus einem schmalen Loch hervorzuschießen, sich in die Tiefe zu stürzen und mit Brüllen und Tosen an den Felsen zu nagen, die ihm schutzlos ausgeliefert waren. Überall war es feucht; Gischt spritzte auf, Tag und Nacht, Wasserkaskaden perlten aus
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