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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller
Autoren: Andreas Winkelmann
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geworfen, so als wolle das Wetter verhindern, dass sie den Stollen erreichte.
    Sand stand auf seine Oberschenkel abgestützt hinter ihr. Auch er atmete schwer. Er war zu groß, um in dem niedrigen Stollen aufrecht zu stehen.
    Mara sah nach vorn in die absolute Dunkelheit. Sie wusste, der Stollen verlief in einem weiten Bogen, und erst wenn man den Scheitelpunkt des Bogens hinter sich hatte, sah man wieder Licht. Die Hälfte der Strecke verlief in Dunkelheit. Sie selbst hatte keine Taschenlampe dabei. Was war mit Sand? Hatte er eine? Oder war sie in dem Rucksack gewesen, der in die Tiefe gestürzt war?
    Wo hatte Laura ihr Geheimnis versteckt? In der N ähe des Ein-oder Ausgangs oder im tiefen, dunklen Teil? Mara tippte auf Letzteres.
    Hinter ihr bewegte sich Sand. Es klang so, als würde er seine Taschen absuchen.
    Lauf, schoss es Mara durch den Kopf.
    Das war ihr Chance. Wenn sie es schaffte, in der Dunkelheit zu verschwinden, könnte sie ihm entkommen. Sie selbst war klein und konnte aufrecht laufen. Sand war dafür zu groß. Vielleicht würde er sich beim Versuch, ihr zu folgen, den Kopf einschlagen.
    Ohne noch weiter darüber nachzudenken, sprang Mara auf und spurtete los.
    Hinter ihr schrie Sand auf. Es war ein tierischer, unartikulierter Laut. Er setzte ihr nach. Mara hatte so gut wie keinen Vorsprung. Obwohl die Dunkelheit wie ein fester Block vor ihr lag und sie Angst davor hatte, einfach so hineinzulaufen, tat sie es doch. Die Arme nach vorn ausgestreckt, die Augen weit aufgerissen, lief sie ins Innere des Berges.
    Schon nach wenigen Schritten verschwand das wenige Licht, das durch den Eingang in den Stollen fiel. Panik erfasste Mara. Sie machte den Rücken krumm und zog den Kopf ein. Zur Mitte hin wurde der Stollen niedriger, und sie wollte nicht riskieren, irgendwo anzustoßen.
    Sie wusste, der Stollen verlief in einem Linksbogen. Ohne dieses Wissen wäre sie gegen die Felswand gelaufen. Hinter sich hörte sie, wie Sand genau das passierte. Etwas polterte, er stöhnte auf. Dann schrie er wütend. Trotz der Gefahr im Rücken wurde auch Mara langsamer. Ihr Körper schien sich dagegen zu wehren, blindlings in die Finsternis hineinzulaufen.
    Plötzlich blieb sie mit dem Fuß hängen, stolperte und stürzte. Sie fiel mit den Händen voran, schürfte sich die Handflächen auf und prellte sich die Knie. Es tat weh, aber sie biss die Zähne zusammen. Auf keinen Fall durfte sie schreien und Sand auf sich aufmerksam machen. Als sie weiterkrabbeln wollte, merkte sie, dass ihr Fuß irgendwo festhing. Ohne auch nur das Geringste sehen zu können, drehte Mara sich herum und tastete nach ihrem Fuß.
    Sie bekam einen Gurt zu fassen, der sich um ihr Fußgelenk geschlungen hatte.
    Der Gurt eines Rucksacks.
    Schnell befreite Mara ihren Fuß, packte den Rucksack und lief weiter. Erneut hörte sie hinter sich Geräusche, aber sie klangen weiter entfernt. Sand hatte an Boden verloren. Wahrscheinlich war genau das passiert, was sie sich erhofft hatte: Er war mit dem Kopf irgendwo dagegengestoßen.
    Nach wenigen Minuten sickerte vom Ende des Stollens her Licht herein. Obwohl Mara wusste, dass sie dort draußen der Schneesturm erwartete, wäre sie keine Sekunde länger freiwillig in dem Stollen geblieben. Sie wusste jetzt, wohin sie fliehen konnte. Es gab einen Platz hier oben, an dem sie das Wetter überleben würde.
    Im Licht sah sie, dass es sich bei dem Rucksack um Lauras olivfarbenen Rucksack der Marke Tatonka handelte, den sie ihr zum Geburtstag geschenkt hatte.
    Mara schulterte ihn und trat in den Sturm hinaus.
    Wo die Klammschlucht sich zum Höllentalanger weitete, hatte der starke Wind den trockenen Schnee zu Barrieren aufgetürmt. Mara sank bei jedem Schritt bis zu den Knien ein. Die Wolken hingen tief zwischen den nur zu erahnenden Wänden der Berge und warfen unablässig ihre schwere Last ab. Schräg gegen den Wind gelehnt, die Augen kaum geöffnet, das Gesicht vor Anstrengung verzerrt, kämpfte sie sich durch die Schneewehen, fiel hin, bekam Schnee in den Mund, spürte die nasse Kälte in der Nase, rappelte sich wieder auf und stapfte weiter. Es war eine Tortur ohnegleichen, die ihr das letzte bisschen Kraft raubte.
    Vom Stollenausgang aus war sie einfach drauflosgelaufen. Lauras Rucksack fest um den Oberkörper gezurrt war sie auf 1600 Meter Höhe aufgestiegen. Nun aber war sie am Ende. Ihre Schritte wurden immer langsamer, ihre Beine immer schwerer. Sie bekam kaum noch Luft. Sie war nahe dran aufzugeben und sich
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