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Hoelle aus Feuer und Eis

Hoelle aus Feuer und Eis

Titel: Hoelle aus Feuer und Eis
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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an die Schläfen des imitierten Ameisenschädels und hob ihn wie den Helm einer archaischen Ritterrüstung herunter. Darunter kam ein bleiches, von langem, verfilztem schwarzem Haar eingerahmtes Gesicht zum Vorschein. Es war eindeutig menschlich - und trotzdem fuhr Charity erschrocken zusammen, als sie es sah. Der junge Mann - sein Alter war unmöglich zu schätzen, er konnte ebensogut fünfzehn wie fünfundzwanzig sein - hatte ein schmales, scharf geschnittenes Gesicht von makellos weißer Farbe. Nicht weiß in der Art, in der man das Wort normalerweise benutzte, um die verschiedenen Völker auseinanderzuhalten, sondern im wortwörtlichen Sinne. Seine Augen waren riesengroß und von einem Netz dünner, geplatzter Aderchen durchzogen, und in seinen Mundwinkeln klebte getrocknetes Blut. Alles in seinem Gesicht war irgendwie falsch, als wäre es zwar nach dem richtigen Plan entworfen, aber nicht ganz korrekt zusammengesetzt worden. Die Wangenknochen waren zu hoch angesetzt, der Mund eine Spur zu breit, die Nase etwas zu scharf, die Augen zu groß ... »Wer sind Sie?« wiederholte Charity ihre Frage. »Verstehen Sie mich?« Ihr Gegenüber nickte abgehackt. »French«, sagte er. »Ich bin ... French.« Auch seine Stimme klang sonderbar. Gepreßt und verzerrt und schrill, als stieße er die wenigen Worte mit letzter Kraft hervor. »Was tust du hier?« fragte Gurk, der mittlerweile herangekommen war und die Gestalt mit unverhohlener Verblüffung anstarrte. French blickte auf den Zwerg hinab und begann noch heftiger zu zittern. »Ich ... ich habe mich versteckt«, sagte er. »Ich hätte euch geholfen, aber ... sie ... sie waren zu viele. Ich wollte euch helfen, wirklich, aber...« Charity unterbrach ihn. »Das glauben wir dir. Aber wer bist du? Was tust du hier?« »Ich lebe im Hort«, stieß French atemlos hervor. »Ich wollte Luft holen, aber ich habe mich verirrt, und dann, dann bin ich hier hereingekommen, und dann, dann...« »Schon gut«, sagte Charity, als der Junge immer heftiger zu stammeln begann. »Vielleicht reden wir später über alles. Kennst du den Weg hier heraus?« French nickte. »Ja. Aber dort draußen sind überall Spinnen. Sie werden euch töten.« »Spinnen? Ich glaube, er meint die Ameisen. Die Moroni«, verbesserte sich Gurk rasch und deutete auf eines der toten Rieseninsekten. French nickte nervös. »Warst du die ganze Zeit über hier?« erkundigte sich Gurk. Wieder nickte French. »Ich konnte nicht hinaus«, sagte er. »Sie hätten mich getötet, wenn ich versucht hätte, euch zu warnen.« »Du hast alles beobachtet?« vergewisserte sich Gurk. »Von Anfang an? Auch als wir ... Ich meine, als die anderen das erste Mal aufgetaucht sind?« »Ja, aber ich...« » ... konnte euch nicht helfen, ich weiß«, unterbrach ihn Gurk ungeduldig. Dann deutete er nacheinander auf sich und die anderen. »Einer von uns fehlt. Hast du gesehen, was mit ihm passiert ist?« »Der ... der Mann, der gebrannt hat?« »Wenn du damit Leßter meinst, ja«, sagte Gurk. Er legte den Kopf schräg und runzelte die Stirn. »Er hat gebrannt?« »Sie haben auf ihn geschossen«, sagte French nervös. »Er war tot, aber dann ist er wieder aufgestanden und, und zu dem Ring gelaufen, und er hat irgendwas getan und sie haben wieder auf ihn geschossen, und er hat wieder gebrannt. Und dann sind die anderen gekommen. Die, die ausgesehen haben wie ihr.« »Und Leßter?« French deutete auf einen Punkt ein Stück rechts des Transmitters. »Er ist...« Verblüfft brach er ab, und auch Chärity blickte stirnrunzelnd in die Richtung, in die seine nachgeahmte Klauenhand deutete. Der Boden war verbrannt, und sie glaubte eine schwarze, schmierige Spur zu erkennen, als wäre etwas Verkohltes dort entlanggeschleift worden. Aber keine Leiche. »Ja«, murmelte Gurk düster. »So ungefähr habe ich mir das gedacht.« »Was?« fragte Skudder scharf. »Das weiß ich selbst noch nicht so genau«, antwortete der Zwerg. »Aber ich glaube, ich beginne allmählich zu begreifen, was hier passiert.« Zum ersten Mal ergriff French von sich aus das Wort. »Wer seid ihr?« fragte er. »Ich meine, ihr ... ihr und die anderen. Wer seid ihr? Und wo kommt ihr her?« »Mein Name ist Charity«, antwortete Charity. Sie deutete nacheinander auf die anderen. »Das sind Skudder, Stone und Gurk. Wir  kommen aus New York.« French sah sie auf eine Art an, die ihr klarmachte, daß ihm dieses Wort nichts sagte. »Von der Erde«, fügte
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