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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst
Autoren: Christine Lehmann
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auch ganz gut brauchen. Was er sich dann natürlich wieder extra bezahlen lassen kann.«
    Ich lachte.
    Und so versackte der Fall, der gar nicht harmlos begonnen hatte, in den alltäglichen Verrücktheiten der Politik. In Litauen wurde im Rahmen einer Kampagne gegen Korruption ein Mann verhaftet, der für diverse mafiose Unternehmen als bezahlter Killer tätig gewesen war und den man unter anderem des Mordes an Achim Haugk anklagte, was vor allem Winnies Witwe zum Trost gereichen mochte, wenngleich im Prozess dieser Anklagepunkt aus Mangel an Beweisen wieder fallen gelassen wurde, denn seine Einsätze in Russland, Tschechien, Polen und Bayern reichten für lebenslänglich.
    Einen schwunghaften Handel mit AT2-Minen hat es wohl auch nicht gegeben. Jedenfalls ließ sich anhand von Frachtpapieren nichts anderes belegen, als dass militärischer Schrott aus Münsingen in Hamburg verladen und zu den riesigen Recyclingmärkten in Afrika verschifft worden war. Letztlich ließ sich nur der Verbleib von hundertzwanzig Landminen nicht mehr nachvollziehen. Zehn waren in Winnies Auto explodiert. Die beiden Somalier, an die er die anderen verkauft haben mochte, waren schon vor einem Jahr ausgewiesen worden. Warum Winnie sich zu einem derartig riskanten und im Grunde nicht sonderlich einträglichen Geschäft hatte verleiten lassen, entzog sich unserer Vorstellungskraft. Richards Erscheinen in seiner Spedition hatte ihn vermutlich dazu bewogen, die restlichen unverkäuflichen Sprengkörper beiseite zu schaffen. Nach Richards Ansicht hatte er den Transporter auf der Straße nach Meidelstetten in die Luft sprengen wollen. Deshalb hatte er ihn vorher als gestohlen gemeldet. Leider hatte er dabei offensichtlich einen Fehler gemacht.
     

44
     
    Ich machte meine Lohnsteuererklärung. Der Brief vom Finanzamt, den Oma Scheible mir geöffnet auf die Tasten meines Computers gelegt hatte, enthielt ein Mahnung, meine Umsatzsteuer zu zahlen. Dafür gab es aber keinen Grund, denn weder hatte ich eine Umsatzsteuererklärung gemacht, noch hatte ich eine zu machen. Der Finanzbeamte, bei dem ich anrief, um das Missverständnis zu klären, hieß auch Abele. Warum ich mich nicht schon vor zwei Wochen gemeldet hätte? Die Umsatzsteuer wurde mir erlassen, aber die Mahngebühr, die müsse ich jetzt zahlen. Himmel!
    Ende Juli rief Bodo Schreckle an, um mir mitzuteilen, dass es am Samstag so weit sei. Hark Fauth werde seinen Archäopteryx zu einem ersten Testflug starten lassen. »Wenn Sie dabei sein wollen, müssten Sie allerdings früh aufstehen.«
    Die Sonne spickte über die Albkante am Drackensteiner Hang und verhieß einen weiteren heißen Tag, als ich Brontë bei Kirchheim unter Teck von der Autobahn lenkte. Der Kegelberg mit der Burg Teck reckte seine dunkle Silhouette in den Morgenhimmel.
    Selbst Cipión war es noch zu früh. Er schlief auf den Knien von Richard, der ungebührlich missmutig dreinblickte. Gestern Abend noch hatte er sich rundheraus geweigert mitzufahren. »Hark Fauth, das ist deine Baustelle, Lisa«, hatte er bemerkt.
    Ein rosiger Hauch lag über der Hahnweide, dem Segelflugplatz von Kirchheim unter Teck zwischen Albtrauf und Autobahn. Von hier aus starteten die Segelflieger und umrundeten bei guter Thermik wie die Schmeißfliegen die Burg Teck. Jetzt am frühen Morgen war alles still und ruhig.
    Bodo und Hark hatten den aus Aramid gegossenen Archäopteryx mit seinen vier Metern Spannweite bereits vom Gepäckträger des Cherokee gehoben und auf die Wiese hinübergetragen. Hark kniete unter dem keck in die Höhe gereckten Kopf mit dem eigenartigen Fortsatz am Hinterkopf und dem Schnabel voller Zähne und brachte ein Griffstück am Rumpf an.
    Gerrit trat aufgeregt von einem Fuß auf den anderen, den schwarzen Kasten der Fernsteuerung in den Händen. Laura stand bei ihm und hätte zu gern auch einmal den Kasten wenigstens gehalten. Aber wie es aussah, blieb Gerrit hart.
    Etwas abseits standen Janette und Hildegard Obermann und winkten uns zu. Janette hatte ihre Fototasche über der Schulter hängen, Hildegard steckte in Wanderstiefeln und Rock. Im Gegenlicht sah sie aus wie aus einem der alten Wanderparkplatzschilder entsprungen.
    Da Cipión sich andernfalls an seiner Leine stranguliert hätte, ließ ich ihn frei. Er rannte los, was die Stummelbeine hergaben. Das verschaffte uns die Aufmerksamkeit der vier am Flugdrachen.
    »He, ihr auch?«, rief uns Hark lächelnd zu. »Woher wisst ihr das denn? Ihr wollt euch wohl unbedingt alle an
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