Höhenangst
Problem damit, meine nackte Hinterfront zu zeigen. Auch das gehörte zu meinem Job. Dass ich ihn siebenundzwanzigmal hintereinander auspacken musste, nun, damit hatte ich doch nicht gerechnet.
Im Prinzip war man mit meiner speziellen Technik, mich meines Höschens zu entledigen, sehr zufrieden. Nur die sechs Schauspieler waren völlig talentfrei. Dem Fetten fiel jedes Mal die dreckige Kappe vom Kopf. Der kleine Mickerige hielt seine silberne Krawatte, die wie ein Räucherhering aussah, immer ins verkehrte Licht. Der lange Dünne grinste ihnen zu höhnisch, dagegen grinste ihnen der Ordinäre zu wenig höhnisch, und die anderen stellten sich ohnehin wie die letzten Blödmänner an. Während der ganzen Wiederholungen ging mein Höschen wie ein Jojo rauf und runter.
Vielleicht können Sie sich auch an die Szene erinnern, in der die sechs Schauspieler ins Zimmer kamen. Die Kamera war unter meinen nackten Pobacken postiert und filmte durch meine gespreizten Beine. Ich möchte nicht wissen, was der Kameramann alles gesehen hat. Diese Vorstellung und das endlose Slipliften ließen mich nachdenken: Konnte man noch mehr erniedrigt werden?
Ja, es war möglich.
Wir probten gerade zum achtundzwanzigsten Mal diese Szene. Zu diesem Zeitpunkt beherrschte ich die Höschennummer perfekt. Ich hatte meine Daumen gerade unter den Gummizug meines Slips gesteckt und wartete darauf, dass gleich die sechs Schauspieler wieder hereinstürmen würden. Dieses Mal war es aber Evangelina de Sevilla. Ich erinnere mich noch ganz genau, was sie sagte:
»O mein Gott. Die kann nicht ich sein, die ist viel zu fett. Schaut euch nur ihre dicken Schinken an, ihr verdammten Nichtskönner. Sie ist einfach fett, fett, fett.«
Damit verschwand sie wieder. Im Schlepptau den Regisseur, seine beiden Assistenten, sechs Schauspieler, drei Kameramänner und zwei Toningenieure, einen Haufen Techniker und Maskenbildner, verschiedene unwichtige Leute ohne besondere Funktion, den widerlichen fetten Kerl, der wie ein Lustmolch aussah und sich bestimmt ins Studio geschmuggelt hatte, und das Mädchen, das den Tee zubereitete. Ich machte mich auch davon.
Das war’s dann. Von meinem Auftritt nahmen sie die fünfzehnte Einstellung, glaube ich. Später bin ich sogar für meine Arbeit bezahlt worden, obwohl sie zuvor meinen Agenten über mein unangemessenes Verhalten informiert hatten. Ich hielt mich mit Gelegenheitsjobs als Komparsin und Model über Wasser und blieb schuldenfrei bis zum Studienende. Mit meinem Uniabschluss erwarb ich das Recht, eine Art mittelalterliche Mönchskutte mit einer bezaubernden rosa Kopfhaube zu tragen. Ich ergatterte einen Job an der Warenterminbörse.
Inzwischen wurde Evangelina de Sevilla immer berühmter, obwohl Stairway to Vegas ein glatter Misserfolg wurde. Nachdem es ihr hervorragend gelungen war, dafür den Regisseur, seine beiden Assistenten, sechs Schauspieler, drei Kameramänner und zwei Toningenieure, einen Haufen Techniker und Maskenbildner, verschiedene unwichtige Leute und das Mädchen, das den Tee zubereitete, verantwortlich zu machen, heiratete Evangelina den widerlichen fetten Kerl, der wie ein Lustmolch aussah und von dem ich angenommen hatte, er hätte sich ins Studio geschmuggelt. Dabei war er in Wirklichkeit ein wichtiges Tier in Hollywood.
Zwei Jahre später ließ sie sich scheiden und wurde dadurch noch reicher und berühmter als zuvor. Ihre Karriere und Extravaganzen erreichten Schwindel erregende Höhen. Selbst hartgesottene Paparazzi sabberten wie kleine Babys, wenn sie ein läppisches Foto von ihr ergatterten. Das gelang ihnen nicht allzu oft, denn sie verstand es wie kaum eine andere Diva, sie an der langen Leine zu halten.
So war es auch, als sie im letzten Juni nach London kam. Die Bilder, die sie beim Verlassen des Flugzeugs zeigten, erschienen auch in seriösen Zeitungen, geradeso, als ob eine wirkliche Berühmtheit angekommen wäre. Der Zirkus um sie interessierte mich aber nicht, weil ich zu der Zeit die Neunotierung von Rio Dorado Zink beobachtete. Bei Börsenschluss war mein Portfolio um siebzehn Prozent gestiegen, und der Parkett-Manager gab in der Bar Champers und Oysters einen aus.
Ich teilte eine Flasche Krug mit anderen Börsianern und als kleine Zugabe noch eine Flasche Cristal. Mit einem Geldbroker vom unteren Parkett leerte ich eine Flasche La Grand Dame und eine Dom mit irgendeinem Typ vom New York Buildung. Vom Direktor einer japanischen Bank, der mich zu einem Cognac verführte, befreiten
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