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Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe

Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe

Titel: Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Autoren: ANNE HERRIES
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Kindes hätte ich wohl irgendwo im Hinterland zurückbleiben müssen. Vielleicht hätte er ja auch wie manche seiner Freunde den Dienst quittiert …“ Rasch wischte sie mit dem Handrücken die Träne fort, die ihr aus dem Augenwinkel rann.
    „Können Sie denn vom Erlös Ihrer Näharbeiten leben?“, fragte Jo, um ihre neue Freundin von ihrem Kummer abzulenken.
    „Perlen- und Seidenstickerei ist meine Spezialität; das erfordert viel Zeit und Geduld, und die französische Modistin, für die ich arbeite, zahlte bisher sehr großzügig. Außerdem besitze ich noch ein wenig Geld, weil ich einige Dinge aus dem Nachlass meines Mannes verkaufte. Im Augenblick langt das, doch ich habe Angst vor der Zeit, wenn das Kind kommt.“
    „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Jo mitfühlend. Sie wünschte sich, noch mit Mama im Pfarrhaus zu leben, denn ihre Mutter hätte Ellen sicherlich unter ihre Fittiche genommen, und sei es nur bis zu dem Moment, wo sie nach der Geburt wieder arbeiten konnte. „Aber Sie müssen eine Frau finden, die ins Haus kommt und sich um Sie kümmert, Ellen.“
    „Ja, ich werde mich bald umhören müssen. Ach, es tut so gut, mit jemandem darüber zu sprechen; es hilft einem, klarer zu sehen. Ich hoffe, wir werden uns wiedersehen, Jo?“
    „Aber ja. Soll ich Sie heimbegleiten? Dann weiß ich, wo ich Sie finden kann, wenn ich Sie besuchen möchte.“
    „Möchten Sie das wirklich?“ Ellens Wangen färbten sich vor Freude rosig. „Wissen Sie, manche Damen sehen mich an, als ob sie nicht glaubten, dass ich wirklich verheiratet war, aber ich war mit Matt verheiratet, das versichere ich Ihnen.“
    „Daran habe ich nicht einen Moment gezweifelt“, rief Jo, und dann setzte sie mutig hinzu: „Doch auch im anderen Falle würde ich Ihre Freundin sein wollen, Ellen.“
    „Dann wären Sie eine echte Freundin“, sagte Ellen. „Beim nächsten Mal müssen Sie zu mir zum Tee kommen, damit ich Ihnen für Ihre Güte danken kann.“
    „Sie müssen mir nicht danken, aber ich würde sehr gern zum Tee zu Ihnen kommen, Ellen.“
    Heiteren Sinnes verließ sie mit Ellen die Teestube; sie hatte eine Freundin gefunden, ein weibliches Wesen, das sie sympathisch fand und mit dem sie sich unterhalten konnte, was auf die meisten Bekanntschaften, die sie durch ihre Tante gemacht hatte, nicht zutraf. Nun hatte sie jemanden, den sie besuchen konnte, wann immer sich eine Gelegenheit ergab.

2. KAPITEL

    Ellens kleine Wohnung lag in einer respektablen Straße, war jedoch sehr beengt und würde noch enger werden, wenn das Baby erst auf der Welt war. Durch einige Dinge wie hübsche Tischtücher und Kissen hatte Ellen den möblierten Räumen eine persönliche Note verliehen, und ihre Bücher und ihre Nähutensilien taten ein Übriges. Sie entschuldigte sich nicht wegen ihrer Unterkunft, obwohl sie offensichtlich Besseres gewohnt gewesen war, und dass sie sich in die gegebenen Umständen schickte, fand Jo sehr couragiert.
    Sie unterhielten sich lange miteinander. Ellen erzählte von ihren Eltern und von dem großen Haus in Hampshire, in dem sie aufgewachsen war. Ihr Vater, der Sohn eines wohlhabenden Kaufmannes, hatte den ererbten Reichtum noch um vieles vermehrt.
    „Mein Vater bestand darauf, dass ich eine gute Erziehung genoss und eine französische Gouvernante bekam; ich sollte ein Dame werden – doch als ich Matt heiraten wollte, war er sehr zornig, weil Lord Beverley sich weigerte, mich zu empfangen. Vater war der Ansicht, dass er jedem Adeligen ebenbürtig sei, und sagte, er verbiete mir, den Sohn eines Mannes zu heiraten, der mich verächtlich behandelt. Also sahen wir uns gezwungen, davonzulaufen und heimlich zu heiraten.“
    „Glauben Sie nicht, dass Ihr Vater Sie gern wieder aufnehmen würde?“, fragte Jo.
    „Nein, denn unsere Ehe wurde in Gretna Green geschlossen, und mein Vater betrachtete uns nicht als verheiratet. In seinen Augen lebten wir ohne den Segen der Kirche zusammen, deshalb will er mit mir nichts mehr zu tun haben. Wenn er von dem Kind erführe, würde er vielleicht verlangen, dass ich es fortgebe. Er ist sehr religiös, und bestimmt würde er mich bestrafen, weil ich seinen Wünschen zuwider gehandelt habe.“
    „Ich verstehe …“ Jo fühlte mit der jungen Frau. Ihr wurde bewusst, wie glücklich sie in ihrem Elternhaus gewesen war. Ihr Papa hätte sich völlig anders verhalten; er wäre gütig und verständnisvoll gewesen und hätte Vergebung geübt. „Aber Ihre Mutter, Ellen …?“
    „Sie
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