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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual
Autoren: F. Paul Wilson
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unten zu schleppen. Lyle würde den Wagen vor die Haustür fahren, und sie würden ihn in den Kofferraum packen und auf schnellstem Weg nach Astoria brausen.
    Während sie Bellitto durchs Esszimmer trugen, sah Jack Minkin auf Händen und Knien auf dem Fußboden kauern. Die Gabel ragte noch immer aus seinem linken Auge, und Blut verschmierte seine Wangen, während er die hechelnden Geräusche einer läufigen Hündin von sich gab. Sein heiles Auge fand Jack, und er fletschte die Zähne.
    Minkins Bemerkungen über Vicky, als er wehrlos unter ihm lag, zuckten Jack durch den Kopf. Die düstere Bestie in seinem Innern brach aus dem Käfig aus und übernahm das Regiment. Niemand wagte es, seiner Vicky auf diese Art und Weise zu drohen. Niemand!
    Obwohl seine innere Uhr ihn zu äußerster Eile antrieb, war er gewillt, ein paar weitere Sekunden zu vergeuden. Er ließ Bellittos Beine fallen und ging zu Minkin hinüber.
    »Du willst also mit dem Lamm spielen, hm?« Seine Stimme hatte sich noch nicht erholt. Sie klang noch immer rau und kratzig wie ein Holzbrett, das über rauen Zement schleift. »Du wolltest viel Spaß mit meiner kleinen Freundin Vicky haben, ehe sie geopfert wird, stimmt’s? Keine Chance, Kumpel. Nicht heute, nicht morgen, niemals.«
    Gleichzeitig holte er mit dem Fuß aus und trat zu. Die Schuhsohle traf das herausragende Ende der Gabel und trieb die Zinken durch die knöcherne Augenhöhle bis tief in Minkins Gehirn.
    Er hörte, wie Lyle entsetzt aufschrie, aber Adrian Minkin, perverser Liebhaber menschlicher Lämmer, gab keinen Laut von sich. Er sah aus, als wollte er schreien, während er sich auf den Knien kerzengerade aufrichtete, dann auf die Füße kam und den Mund weit aufriss. Seine Arme kamen krampfartig hoch, dann kippte er langsam nach hinten und schlug schwer mit dem Kopf auf den Fußboden. Ein paar Herzschläge lang spannte sich sein Körper, krümmte sich hoch, so dass er den Boden nur noch mit Hinterkopf und Fersen berührte.
    Jack beobachtete das Geschehen fast gelangweilt. Er empfand nichts anderes als die beruhigende Genugtuung, dass die Welt um eine Bedrohung für Vicky und ihresgleichen ärmer war.
    Schließlich erschlaffte Adrian Minkin und rührte sich nicht mehr. Reglos lag er da, kein Atem mehr, der seine Brust hätte füllen können.
    Jack wandte sich um und gewahrte Lyle, der ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Sein Mund bewegte sich hektisch.
    »O, Scheiße, Jack! O Mann! Was …?«
    »Ich weiß. Und das ausgerechnet in dem Moment, als Sie anfingen, mich für einen netten Menschen zu halten, nicht wahr?«
    »Nein, ich …«
    »Hören Sie auf mit dem Gestaune.« Er packte Bellittos Beine. »Wir müssen diesen Sperrmüll rausschaffen und uns auf den Weg machen. Und drücken Sie verdammt noch mal die Daumen, dass wir nicht zu spät kommen.«
     
     

17
     
    »Charlie?«
    Gia zog sich bis zu den kalten Granitblöcken zurück und verfolgte mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination, wie Charlie begann, sich aus der weichen Erde zu befreien, die ihn gerade eben noch verschlungen hatte. Es hätte ein Grund zur Freude sein können, wenn Charlie noch am Leben war, aber sobald sein Kopf auftauchte, wusste Gia, dass dies nicht Charlie war, sondern nur seine Hülle. Sein Gesicht war schlaff, ausdruckslos. Und seine Augen – Erde klebte zwischen den Wimpern, sogar an den Augäpfeln, und er blinzelte nicht.
    Er kroch aus dem Erdloch heraus und kam schwankend auf die Füße. Während er einen unsicheren Schritt in Gias Richtung tat, presste sie sich mit dem Rücken gegen die Granitsteine und wünschte sich, sie könnte sich unsichtbar machen.
    »Charlie, nein! Bitte!«
    Er hielt inne, wobei seine toten Augen einen Punkt über ihr fixierten.
    Tara, die während seiner Wiederauferstehung ein Stück entfernt gestanden hatte, schwebte nun vorwärts. Sie gab keinen Laut von sich, aber ihr Blick, mit dem sie Charlies Leiche anstarrte, spiegelte namenlose Wut wider.
    Charlie schüttelte den Kopf.
    Gia verfolgte atemlos dieses augenscheinliche Duell des Willens.
    Tara entblößte die Zähne und stieß einen verzweifelt hilflosen Schrei aus.
    Wieder schüttelte Charlie den Kopf. Dann machte seine Leiche kehrt und stakste schwerfällig zur anderen Seite des Kellers, wo er sich an die Wand lehnte, dann in eine sitzende Position herabrutschte und reglos sitzen blieb. Seine toten Augen blickten ins Leere.
    »Er tut es nicht«, flüsterte Gia. Die Worte waren mehr für sie selbst als für Tara
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