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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990
Autoren: Heather Graham
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Bestimmt hielt er das Andenken seiner verstorbenen Frau noch zu sehr in Ehren, um eine andere an ihre Stelle zu setzen.
    Es verlangte ihn nach Melinda, aber er kämpfte dagegen an, weil er keine anständige Frau verführen wollte. Ihm war klar, daß sie in seinem Leben höchstens den Rang einer Geliebten einnehmen konnte.
    Falls Melinda seine Geliebte würde, verlöre sie jegliche Stellung und Achtung, die sie in der Gemeinde hatte. Man würde hinter vorgehaltener Hand über sie reden, und wenn sie in die Stadt ging, wäre sie empörten Seitenblicken und lüsternem Grinsen ausgesetzt.
    Manchmal begehrte sie Daniel so sehr, daß sie glaubte, sie wollte die Dinge auf sich nehmen. Sie fürchtete, sie könnte ihre tugendhafte Einstellung aufgeben, wenn sie Daniel nur haben könnte. Doch dann fiel ihr Lee wieder ein, und sie wußte, daß sie das ihrem Sohn nicht antun durfte. Was sie auch tat, es würde ihn genauso sicher beflecken wie sie selbst. Wie würde er aufwachsen, wenn seine Mutter von den Leuten eine Hure genannt wurde?
    Und so strengte sich Melinda an, ihr Verlangen zu unterdrücken und nicht mehr an Daniel zu denken, indem sie sich in die Arbeit stürzte. Sie hackte, schnitt, würzte, buk, kochte und, vor allem, putzte. Am Weihnachtstag sollte das gesamte Haus blitzen. Das gute Porzellan, Kristallglas und Silberbesteck mußten hervorgeholt, gesäubert und poliert werden. Und bei all dem Kochen und Backen mußte sie natürlich auch ständig Geschirr spülen.
    Daniel sah sie zum Glück nicht sehr häufig. Doch manchmal schaute sie von ihrem Essen auf und entdeckte, daß er sie vom entgegengesetzten Ende des Tisches aus ansah. In seinen blauen Augen schienen dunkle Geheimnisse zu sein, und ihr Puls begann dann zu rasen, und alle ihre Sinne waren hellwach.
    In der Nacht hatte Melinda Mühe zu schlafen, wie müde sie auch sein mochte. Ihre Gedanken wandten sich immer Daniel zu, worauf ihr Körper auch bald vor Verlangen bebte, ohne daß sie Hoffnung auf Erfüllung gehabt hätte. Und doch war da immer ein winziger Funken Hoffnung, der nicht unterdrückbare Wunsch, Daniel möge sich ändern und sie ebensosehr lieben, wie er sie begehrte, und dann — sie wagte es kaum zu denken — sie um ihre Hand bitten.
    Schließlich hatte sich Daniel bereits verändert. Er redete, lachte und scherzte mit ihr.
    Zwei Tage vor Weihnachten fuhr er in die Stadt und kam mit Kisten voller Orangen und Äpfeln, mit Schachteln voller Weihnachtsleckereien und exotischen Nüssen zurück. Sogar einen Mistelzweig brachte er mit, der mit dem Zug aus den südlicheren Breiten herbeigebracht worden war, und hängte ihn an den Türrahmen zum Wohnzimmer.
    Einmal, als Melinda eben eine Schüssel voll Fondant ins Wohnzimmer getragen hatte und wieder hinausgehen wollte, trat Daniel überraschend in die Tür und stahl ihr unter dem Mistelzweig einen Kuß. Dann verschwand er genauso rasch und leise, wie er gekommen war.
    Schließlich war Heiligabend. Lee hatte sich beklagt, daß es in Melindas Häuschen keinen Kamin gab, durch den der Weihnachtsmann hereinkommen könnte, da das Haus mit einem Ofen beheizt wurde. Großzügig hatte Daniel daraufhin angeboten, daß Lee seinen Strumpf an das Kaminsims im Wohnzimmer des Haupthauses hängen könnte. Das tat der Junge nun nach dem Abendessen am Heiligabend unter dem wachsamen Blick seiner Mutter.
    Anschließend zog er seinen Mantel an und rannte zum Haus des Vorarbeiters. Lula Moore hatte Lee eingeladen, den Abend bei ihr und ihren Kindern mit dem Zubereiten von Popcorn und dem Rösten von Nüssen zu verbringen. Schließlich seien ihre Kinder am Heiligabend so wild, daß sie eines mehr nicht bemerken würde, hatte sie zu Melinda gesagt. Lees Abwesenheit gab Melinda Luft für die umfangreichen Vorbereitungen des Weihnachtsmahls am nächsten Tag.

    Sie verbrachte den Abend mit Tortenbacken: eine Orangentorte und zwei Kokosnußtorten. Die Kuchen hatte sie bereits am Nachmittag gebacken. Der Kuchenschrank in einer Ecke der Küche war voll mit Apfel- und Pekannußkuchen sowie Pasteten mit einer Füllung aus Korinthen, Äpfeln, Rosinen, Zucker und Rum.
    Bis zehn Uhr war sie auch mit den Torten fertig.
    Nachdem sie nochmals überprüft hatte, daß sie sämtliche möglichen Vorbereitungen für das Essen am nächsten Tag erledigt hatte, verließ sie das große Haus und eilte in ihr eigenes Heim. Im obersten Fach des Kleiderschranks in ihrem Schlafzimmer lag eine große Tasche, die sie herauszog und über den Hof ins
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