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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990
Autoren: Heather Graham
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und dennoch . . .
    Und trotzdem. Er lehnte sich zurück und erinnerte sich an ihr Lächeln, und wie sie bei seiner Erwähnung ihres Kleides errötet war. Wie sie gelacht hatte. Sie war wie ein scheues Reh, glich aber auch dem purpurroten Enzian, der zu Hause in Wisconsin im Wald wuchs. Er versteckte seine Schönheit unter einfachen Blättern, so daß man ihn suchen mußte. Fand man ihn jedoch, hatte man das besondere Gefühl, daß er gerade auf dich gewartet hätte.
    Jack Gates hörte Schritte vor der Tür. Kurz darauf wurde sie aufgerissen, und Gray trat ein. Er war frisch gestriegelt und offenbar voller Tatendrang.
    „Wohin ist Mary denn so eilig gegangen?" fragte er, indem er die Serviette auf dem Körbchen zurückschlug, um zu schauen, was darunter war.
    „Zu eurem Großvater hinauf. Er hat auf den Fußboden geklopft", antwortete Jack Gates.
    „Tatsächlich?" Gray brach ein Stück von einem Brötchen ab und steckte es in den Mund. „Er ist ein altes Ekel, nicht wahr? Reich wie Krösus, obwohl man nie darauf käme, und so geizig. Ich habe ihn eben kurz besucht . . . Du weißt schon, um die Beziehung aufrechtzuerhalten. Vermutlich hat ihn das so in Rage gebracht. Nun, wenn er sich aufregt, machen wir uns am besten rar. Laß uns zur Main Street gehen.
    Alle werden in den Geschäften sein, auch Annabella Woodcross, die deinen Blick gestern abend auf sich zu ziehen schien", bemerkte er und zwinkerte, bevor er das restliche Brötchen verspeiste. Zwei weitere steckte er sich in die Tasche und wandte sich an Gates. „Also, Jack, kommst du, oder soll ich Annabella selbst beanspruchen?"
    „Gottbewahre!" erwiderte Gates lachend und sah die grünäugige Schöne vor sich, mit der er am Vorabend getanzt hatte. Mary Hillyer faszinierte ihn, aber sie war später auch noch da. Inzwischen lockte das Vergnügen, und Jack Gates war keiner, der sich abwandte. Er wollte seinen wohlverdienten Urlaub genießen. „Geh voran", meinte er zu Gray und warf seine Serviette auf den Tisch.
    ★
    „Pfui! Das ist Gift, sage ich. Wahrscheinlich würde es mir ohne besser gehen.
    Andererseits, wenn ich tot umfallen würde, wäre keiner von euch traurig."
    „Na, na, Grandfather", sagte Mary beruhigend und schraubte den Deckel der braunen Flasche zu. „Das ist nicht wahr, das weißt du."
    „Nicht wahr?" Der alte Mann warf ihr einen wissenden Blick zu. Das war das Problem mit dem älter werden: Der Geist war noch wach genug für einen Vierzehnstundentag, nur der Körper versagte, und zwar elendiglich. Wenn das Leben nicht eine solche Gewohnheit wäre, hätte er längst das Zeitliche gesegnet.
    Der Himmel allein wußte, warum er am Leben festhielt. Vergnügen hatte er wenig genug. Wenigstens hatte er die Genugtuung zu wissen, daß er ein erfülltes Leben gelebt hatte.
    Wenn man zum Beispiel Mary nahm. An ihrer Stelle hätte er sich von einem reizbaren alten Mann nichts gefallen lassen. Er hätte den Patienten längst sich selbst überlassen und wäre verschwunden. Sie tat es nicht, sondern kümmerte sich Tag für Tag um ihn, während andere Mädchen heirateten oder sich herumtrieben. Warum sie es wohl machte? Wahrscheinlich war sie geistesschwach. Doch noch während er gedanklich dieses Urteil fällte, war ihm klar, daß es das Ergebnis einer schmerzerfüllten Nacht war. Mary war nicht töricht. Wenn sie kein angenehmeres Leben führte, dann war nur er schuld daran. Nun, er wollte sie dafür belohnen. Sein Testament war so abgefaßt, daß sie den größten Teil seines Vermögens erhielt, und zwar treuhänderisch verwaltet, damit sie es nicht doch den anderen gab, wozu die sie ohne Zweifel überreden würden.
    „Dein Bruder zum Beispiel", sagte er, seinen Gedanken folgend. „Er hat mich gerade besucht, nur um sicherzugehen, daß ich nicht vergesse, wie sein Name geschrieben wird, wenn ich mein Testament mache. Ganz Lächeln ist er gewesen, und ,wie gut du doch aussiehst, Grandfather', hat er gesäuselt. Ha!" stieß der alte Mann bellend hervor. „ Ich sehe seit über zwanzig Jahren nicht mehr gut aus. Wenn er so mit seinen Klienten spricht, wird er nicht weit kommen."
    „Gray kommt sehr gut voran." Mary zog die Decken am Fußende des Betts fest. „Er hat einen Bonus und zwei Wochen Urlaub für seine Arbeit erhalten. Bestimmt wollte er dir nur Mut zusprechen."
    Isaiah Hillyer musterte seine Enkelin eingehend. Ja, eines Tages würde sie feststellen, daß er ihre Pflege zu schätzen gewußt hatte. Was war jedoch bis dahin?
    Was war mit
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