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Historical Exklusiv Band 36

Historical Exklusiv Band 36

Titel: Historical Exklusiv Band 36
Autoren: S Westleigh
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ersten Anblick daran denken, wie passend dies für ihre Tante doch war.
    Während die beiden noch um das Geld zankten, das sie aus dem Erbe der Nichte hätten gewinnen können, dachte sie darüber nach, ob es ihr in der behüteten, friedlichen Abgeschiedenheit des Klosters, wo sie frei ihren geliebten Studien nachgehen konnte, nicht doch besser ergangen war als in der Familie des Onkels, die so gar nicht zu ihr passen wollte.
    Als sie noch ein Kind gewesen war, behütet von der Liebe ihrer Mutter, hatte sie nicht wahrgenommen, dass man sie anders denn die anderen Kinder behandelte. Der einzige Unterschied für sie bestand darin, dass sie ihren Vater nicht kannte, sie hielt ihn für tot. Erst als ihr Großvater starb und Gilbert den Barontitel erbte, wurde sie mit ihrer illegitimen Geburt konfrontiert.
    Ihr Großvater hatte sie stets mit einer gewissen Güte behandelt, doch je älter sie wurde, um so mehr bemerkte sie, dass Leibeigene, die Gefolgsleute, die Hausburschen, selbst die niedrigsten Knechte ihr weniger Respekt entgegenbrachten, denn ihren anmaßenden Vettern und Cousinen, deren abgelegte Kleidung sie trug. Nur ihre geliebte Dienerin Meg brachte dem Kind auch nach dem Tod der Mutter Liebe entgegen.
    Gilbert, nun zu ihrem Vormund bestellt, hatte ihr erzählt, dass ihre Mutter im Alter von siebzehn Jahren an den Hof gesandt worden sei, um dort Königin Philippa zu dienen. Etwa ein Jahr später war sie schwanger nach Hause zurückgekehrt. Sie hatte sich geweigert, den Namen des Kindesvaters preiszugeben, aber behauptet, er sei von edler Geburt und habe ihr die Ehe versprochen. Bald würde er kommen und sie in sein Haus holen.
    „Wie könnte es anders sein“, hatte Hannah spöttisch bemerkt, „natürlich ist er nie gekommen. Und so bist du ein Bastard, meine liebe Genevra, du könntest ebenso gut der Sprössling eines Leibeigenen sein. Ich kann es nicht zulassen, dass du unter meinem Dach wohnst.“
    „Es ist nicht Euer Dach“, hatte Genevra mit Unmut über diese grausamen Worte widersprochen. „Es ist das Dach meines Onkels.“
    „Er denkt wie ich. Du bist im Kloster der Heiligen Jungfrau besser aufgehoben. Dort hast du, was du brauchst, du kannst lernen, dich nützlich zu machen, und ich muss dich nicht vor Augen haben.“
    „Aber, Tante …“
    „Keine Widerrede. Unser Entschluss steht fest. Du verlässt unser Haus. Meg wird deine Sachen und die ihren packen, sie wird mit dir gehen. Dein Onkel wird dich begleiten, damit du sicher ankommst.“
    Wochenlang hatte sie sich in den Schlaf geweint; doch was sollte sie schon mit ihren zehn Jahren machen? Und später, als sie zur Frau gereift war und gewisse weibliche Sehnsüchte in ihr geweckt wurden, hatte sie umso mehr Hilflosigkeit empfunden, denn der Baron hatte nur das Geld an die Mutter Oberin bezahlt, das das Kloster für ihren Aufenthalt und ihre Erziehung verlangte, niemals mehr. Nur zu Weihnachten wurde ihr eine kleine Summe als Geschenk übergeben.
    So nahm sie an, dass sie die letzten Jahren von der Wohltätigkeit der Schwestern gelebt hatte, denn das Wenige, was Gilbert schickte, konnte nicht ausreichen, um die neuen Kleider zu bezahlen, die sie brauchte, als sie größer wurde und wuchs. Doch gut oder schlecht, nun hatte sie das Kloster für immer hinter sich gelassen.
    Im Verlauf des Turniers wuchsen Genevras Hoffnungen und Erwartungen. Der Goldene Adler war der Liebling der Menge, eine herrlich anzusehende Gestalt, der Inbegriff ritterlicher Tapferkeit. Wie glücklich musste sie doch sein, dass sie diesem Manne versprochen war! Er hatte alle Gegner im Kampf besiegt, und nun ritt er vor die Estrade, um den Preis aus des Earl eigener Hand entgegenzunehmen.
    Als er sich näherte, konnte sie in einer Ecke seines Schildes ebenfalls den Adler erkennen. Seit Generationen war der Adler mit ausgebreiteten Schwingen ein Teil seines Familienwappens.
    Er brachte sein Pferd vor dem Sitz des Earls zum Stehen und hob das Visier. Der Earl, selbst ein Mann von der kräftigen Statur einer alten Eiche, beugte sich vor, um den wertvollen goldenen Pokal zu präsentieren. Ein Page überreichte ihn St. Aubin.
    Und dann forderte der Earl mit kräftiger Stimme den Ritter auf: „Ihr solltet Mistress Genevra ihr Eigentum zurückgeben, Mylord.“ Er wies zu Genevra hin, die bei diesen Worten erschrak und unbeweglich und steif dasaß.
    Der Ritter ließ die Zügel fallen, hielt sein Pferd mit dem Druck seiner Schenkel in Zaum und löste den grünen Seidenschal von seinem
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