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HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
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viel zu wohlerzogen, um sich ihre Überraschung anmerken zu lassen. „Wie Sie wünschen, Madame, ich erledige das umgehend.“
    Es vergingen etwa zwanzig Minuten, bevor die Zofe mit vier Lakaien im Schlepptau erneut erschien, die fünfzehn Reisetaschen, Koffer und Hutschachteln hereinschleppten. „Danke, Hortense. Ich hatte ja keine Ahnung, dass mein Gepäck so umfangreich ist. Stellen Sie alles bitte dort drüben ab.“ Sie wartete, bis die Diener sich entfernt hatten, ehe sie sich wieder an Hortense wandte. „Helfen Sie mir nun, mich zur Bettruhe vorzubereiten. Ich bin müde und brauche Sie später nicht mehr.“
    „Sehr wohl, Madame.“
    Bei dem Gedanken, sich in Anwesenheit eines Mannes zu entkleiden, auch wenn er unter ihrem Bett war und nichts sehen konnte, war ihr höchst unbehaglich. Sie ließ sich von der Zofe in den seidenen Morgenmantel helfen und band den Gürtel zu. „Sie können gehen, Hortense. Gute Nacht.“
    Sobald die Tür hinter der Zofe ins Schloss gefallen war, befahl Eva halblaut: „Bleiben Sie, wo Sie sind!“ und begann ihren Kleiderschrank nach einem passenden Tageskleid zu durchsuchen. Während sie hinter dem Wandschirm verschwand und ihre Unterkleider wieder anzog, hörte sie ein unterdrücktes Niesen. Ein einfaches, vorne zu verschnürendes Korsett löste wenigstens ein Problem.
    Schließlich zwängte sie sich in das schlichteste Gewand, das sie finden konnte. Und bei dem Versuch, die Knöpfe im Rücken zu schließen, renkte sie sich beinahe die Schultern aus. Nachdem sie ein paar derbe Wanderschuhe angezogen hatte, packte sie einen Stapel Unterwäsche in einen abgenutzten Koffer, bevor sie verkündete: „Jetzt können Sie Ihr Versteck verlassen.“
    Jack Ryder kroch unter dem Bett hervor und kam auf die Füße, während sie Waschutensilien und eine Zahnbürste in einem Beutel verstaute. „Dieser Koffer? Nein. Viel zu groß.“ Eva blieb vor Entsetzen der Mund offen stehen, als er den Stapel spitzenverzierter Seidenhemdchen kurzerhand aus dem Gepäckstück nahm und aufs Bett warf.
    „Mr. Ryder! Das ist meine Unterwäsche!“
    „Wie frivol, das zu erwähnen, während ich mich bemühte, es nicht zu tun. Französische Spitze, wie ich sehe“, fügte er zu ihrer Empörung hinzu. „Diese Tasche hier muss genügen, und höchstens die Hälfte dieses Flitterkrams.“
    Mit einem vernichtenden Blick in seine Richtung verstaute Eva die genehmigte Hälfte ihrer Unterwäsche in das ihr zugewiesene Gepäcksstück und überlegte, was sie sonst noch brauchte. „Haben Sie genügend Geld bei sich?“
    „Es wird reichen. Bis zur belgischen Grenze dürfte es nicht länger als eine Woche dauern.“
    „Aber Napoleon ist wieder in Frankreich!“
    „Er hält sich hauptsächlich in Paris auf und sammelt seine Truppen um sich. Wir müssen darauf achten, nicht als Ausländer erkannt zu werden. Als harmlose Franzosen wird man uns unbehelligt reisen lassen. Ihr Französisch ist perfekt, und meine Sprachkenntnisse können als Dialekt aus der Provence durchgehen.“
    Damit musste Eva sich zufriedengeben. Immerhin hatte er es unentdeckt bis nach Maubourg geschafft, also musste sie sich darauf verlassen, dass er sie auch nach England brachte. „Und wie kommen wir aus der Burg?“ Frankreich von Süden nach Norden zu durchqueren erschien ihr wie ein Kinderspiel im Vergleich zu der Aufgabe, ihre eigene Burg in Begleitung eines fremden Mannes und einer Reisetasche zu verlassen.
    „Besitzen Sie einen Umhang mit einer Kapuze?“ Eva nickte und holte ihn aus dem Schrank. Ryder nahm ihn ihr ab, faltete ihn und legte ihn in eine zweite Tasche. Anschließend entledigte er sich seines Jacketts und packte es dazu. „Ich brauche so etwas wie eine Schärpe.“ Er wartete, bis sie seine Absicht begriff. Natürlich: In Hemdsärmeln, schwarzer Weste und Kniehosen konnte man ihn aus der Ferne für einen Lakaien halten. Alles, was ihm dazu fehlte, war eine rote Schärpe. Aber was wollte er damit bezwecken? Sie hatte jedenfalls keine Möglichkeit, ihm zu folgen und sich als Dienerin zu verkleiden. Und dann schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, was er sonst noch von seinem Versteck aus gesehen haben konnte, abgesehen von der Tatsache, dass die Lakaien rote Schärpen trugen.
    Eva verdrängte hastig den peinlichen Gedanken, während sie in der Kommode kramte, bis sie einen Schal in annähernd der richtigen Farbe fand. „Lassen Sie das, ich mache es schon!“ In ihrem Eifer, sich nützlich zu machen, bemerkte sie erst, was
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