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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer
Autoren: Tobias O. Meißner
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schien aus dem Lauf heraus einen solchen Unterdruck zu erzeugen, dass Hiobs Abzugsfinger am Griff wie angenagelt wurde. Die Nacht vor den dreien wurde erhellt wie ein amerikanischer Filmstar im Blitzlichtflimmern von Cannes. Der Klang der Waffe war viel subtiler und angenehmer als das kunstvollste chinesische Feuerwerk. Eher wie das satte Schnurren eines gut geölten Motors.
    Hiob streute mit herablassendem Film-Noir-Gesichtsausdruck eine einzige endlose Salve aus dem ausgestreckten rechten Arm nach vorne, dabei den Strahl schwenkend wie ein Gärtner seinen Gartenschlauch. Die Hunde hatten keine Chance, und das gefiel ihm. Sie rissen auf, platzten, spritzten umher, überschlugen sich, schleuderten, sprangen meterhoch ohne Beine, meterweit ohne Kopf, warfen Eingeweide wie bunte Luftschlangen durch die Gegend und bepulverten ein stattliches Kreissegment mit einem grobkörnigen Popcorn aus Knochen, Fell und Fleisch.
    Als die letzte Projektilhülse an Hiobs Kopf vorbei elegant ins Dunkel katapultiert worden war und das mechanische Rattern des Munitions-Treibers mit einem enttäuschenden KLICK endete, senkte Hiob die Mündung und sagte: »Ich mag Katzen.« Tatsächlich war dies einer von jenen seltenen Momenten, in denen er das Spiel richtig liebte.
    Neben ihm kniete der Unterwachtmeister am Boden und kotzte, ohne den Kopf vorzubeugen. Der Hauptwachtmeister jedoch schleuderte wutentbrannt seine leergeschossene Pistole zwischen die Kadaver und griff Hiob mit beiden Händen tätlich an. »Sind Sie verrückt geworden, Sie? Das ist eine Dienstwaffe, Sie können damit nicht einfach so ...«
    Hiob schleuderte ihn herum und drängte ihn hart mit dem Rücken gegen die Seitenwand des Busses. »Du halt mal bloß die Schnauze!«, schrie er zurück. »Du hast hier nichts als Scheiße gebaut. Wenn ich nicht ...« Der Polizist wischte ihm mit der Linken rau über den Mund und keifte mit schriller Feldwebelstimme dazwischen: »Sie lassen jetzt die Dienstwaffe fallen und lehnen sich hier mit erhobenen Händen gegen den Wagen, sonst trete ich Ihnen in den Arsch, dass es raucht!« Hiob hatte genug. Die Lichter in den Fenstern der umliegenden Häuser waren bereits angegangen und machten eine Art Las Vegas aus dieser beschaulichen Nebenstraße, und es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis die Silhouetten von Schaulustigen in den Fenstern auftauchen würden wie Figuren in einem Setzkasten, um mit spitzen Fingern auf ihn zu zeigen. Er hatte ja immer noch die leere Maschinenpistole in der Hand. Er brachte sie jetzt durch das aggressive Gewische des Bullen nach oben durch und haute dem Beamten den Metallrücken der Waffe hart auf die Lippen. Es gab ein hässliches, knirschendes Geräusch, aber anders als im Film brach der Polizist jetzt nicht etwa bewusstlos zusammen, sondern erstarrte am ganzen Leib und versteifte sich, während seine kurzzeitig außer Reichweite getriebenen Augäpfel sich wieder auf Hiob fokussierten und sein geborstenes Zahnfleisch Blut und Speichel durch die geplatzten Lippen zu sprühen begann. Hiob bekam regelrechte Angst davor, der Mann könnte den Mund öffnen und etwas sagen, deshalb hob er die Waffe noch höher und schlug diesmal mit dem Griff von der Seite her möglichst heftig gegen die linke Schläfe seines Gegenübers. Wieder war das Geräusch trocken und unheimlich leise, der Kopf des Oberwachtmeisters ruckte zur Seite, die Augen schlossen sich tränend, dann fing er sich wieder und nestelte weiterhin mit beiden Händen an Hiobs Brust herum. Hiob schlug noch zweimal zu, genauso hart, auf dieselbe Schläfe, beim zweiten Schlag knickten die Knie des Mannes schon seitlich weg, und er schlug völlig unabgefangen und dumpf platschend mit einem rasselnden Grunzen auf der Straße auf. So richtig bewusstlos war er immer noch nicht, es war ein völlig unnötiger Horror, wie er sich da wand und sein eigenes Blut in die Luftröhre kriegte, aber weiter wollte Hiob nicht mehr gehen, noch ein Schlag konnte den Status der Ohnmacht bereits überspringen. Er schaute sich zu dem anderen Bullen hin um. Der kniete immer noch da, starrte auf die dampfenden Hundegekröse voraus und überzog sein dunkelgelbes Uniformhemd schön gleichmäßig mit einem zähen Schleim in fast demselben Farbton. Das war ein braver Staatsdiener, der kriegte nichts mit.
    Hiob warf die blutige Maschinenpistole irgendwohin und machte sich aus dem Staub. Während er die nasse Asphaltbahn hinunterhetzte – gezwungenermaßen wieder in der falschen Richtung,
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