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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder
Autoren: Rebecca Gablé
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danke, dass du dich nach meinem Befinden erkundigst, aber je weniger darüber gesagt wird, desto besser?«
    »Ich schätze, irgendwo dazwischen.«
    »Du solltest tun, wozu ich dir geraten habe: Verschwinde von diesem trostlosen Eiland und geh zu dem Apotheker in York, von dem ich sprach. Er versetzt dich in einen Zauberschlaf und führt dich zurück nach Outremer in deine Vergangenheit. Und wenn du aufwachst, weißt du wieder, wer du bist.«
    Losian verzog den Mund zu einem, wie er hoffte, verächtlichen Lächeln. »Noch bin ich nicht so verzweifelt, dass mir einfallen könnte, mich mit deinen Satanistenfreunden einzulassen.«
    Regy seufzte. »Oh doch. Das bist du. Ich glaube wahrhaftig, du bist der verzweifeltste Mann, dem ich je begegnet bin. Soll ich dir sagen, was ich denke, Losian?«
    »Nein. Aber ich bin sicher, du wirst es trotzdem tun.«
    »Ich denke, du fürchtest dich davor, zu erfahren, wer du bist. Du hast irgendetwas Furchtbares getan dort drüben im Heiligen Land. Etwas, das alles in den Schatten stellt, was ich mir je erlaubt habe. Du hast niedliche kleine Heidenkinder ins Feuer geworfen oder den König von Jerusalem ermordet. Irgendetwas dieser Art. Und dein Geist hat beschlossen, es zusammen mit deiner übrigen Vergangenheit zu vergessen, weil du die Erinnerung an deine Schande nicht ertragen konntest.«
    »Das ist eine hochinteressante Theorie«, lobte Losian und bemühte sich nach Kräften, Regy nicht merken zu lassen, dass der den Nagel auf den Kopf getroffen und Losians schlimmste Befürchtung zielsicher erraten hatte. »Ich werde sie King Edmund unterbreiten. Mal sehen, was unser Gelehrter dazu sagt.«
    Regy lachte wieder, und als er sich rührte, klirrte das Halseisen leise. »Ich habe recht, nicht wahr? Deine Kiefermuskeln verraten dich. Sie sind immer wie versteinert, wenn du etwas hörst, das dir zu schaffen macht. Anders als unser Freund Simon de Clare hier. Er bekommt eine feuchte Oberlippe. Wie hinreißend diese winzigen Tropfen in dem hauchfeinen Flaum aussehen! Komm einen Schritt näher, mein Junge.«
    Simon machte einen wagemutigen Schritt weiter nach vorn. Losian sah kurz zu Boden. Eine schneckenförmige Laufspur führte um den Pfeiler herum, wo Regy auf seinen endlosen Wanderungen die Dielen abgenutzt hatte, obwohl sie aus hartem Eichenholz waren. Der äußere Kreis entsprach der Reichweite seiner Kette, die sich bei seinen Runden um den Pfeiler wickelte, sodass diese immer kleiner wurden. Solange man den äußeren Kreis nicht überschritt, war man in Sicherheit vor Regys Händen und seinen ungeheuren Kräften. Nicht indessen vor seinen Worten.
    »Ist dein Vater der Earl of Pembroke?«, fragte er Simon.
    »Mein Onkel. Mein Vater war Ralph de Clare of Woodknoll.«
    »Oh, ich erinnere mich. Ein höchst ehrenwerter Mann. Ist er tot?«
    »Gefallen«, antwortete Simon knapp.
    »Für Stephen, diese traurige Gestalt, oder unsere kriegerische Kaiserin Maud?«
    »Für König Stephen.«
    Regy hob endlich den Kopf und richtete sich auf. Sein Leib war hager und sehnig, seine Augen nur ein Funkeln im Halbdunkel. »Demnach ist deine Mutter die liebreizende Katherine Montgomery?«, fragte er und streckte die Beine vor sich aus.
    Simons Augen verengten sich. Regy hatte es heute vorgezogen, sein einziges Kleidungsstück, das man mit viel gutem Willen einen Lendenschurz nennen konnte, abzulegen. So als hätte er geahnt, dass er einen Besucher bekommen würde, den er mit dergleichen noch schockieren konnte.
    »Ihr seid bemerkenswert gut informiert, Monseigneur«, antwortete der Junge steif und sah unverwandt in die unheimlichen Augen, vermutlich um seinen Blick daran zu hindern, zu Regys Schoß hinabzugleiten.
    »Ich vergesse niemals eine schöne Frau. Ich hoffe, deine Mutter ist wohlauf?«
    »Das hoffe ich auch. Sie starb vor sieben Jahren bei der Geburt meiner Schwester.«
    »Hm. Die mit ihr starb, nehme ich an. Du bist ein tapferes Bürschchen, Simon de Clare. Du bist sehr darum bemüht, mir den harten Brocken vorzuspielen, dabei graut dir in Wahrheit davor, dass du ganz allein auf der Welt bist. Dass zum Beispiel niemand mehr da war, um zu verhindern, dass du hier landest. Was mag es sein, das dich herführt?«
    »Ich glaube, ich habe genug Eurer Fragen beantwortet, um den Geboten der Höflichkeit zu genügen«, entgegnete der Junge frostig, unverkennbar wütend.
    Losian machte eine kleine, beschwichtigende Geste. »Lass dich nicht provozieren, Simon. Du würdest ihm einen so großen Gefallen damit
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