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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)
Autoren: Felix Baumgartner
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an Herrn Mateschitz bei ihm auf dem Schreibtisch liegen. Zuerst dachte ich: Jetzt rufe ich extra im Vorzimmer des Chefs an, und dann landet der Brief doch direkt bei Thomas Überall. Und er liest ihn auch noch, bevor er zum Chef geht. Dann wurde mir klar, dass ich gerade wieder eine wichtige Lektion fürs Leben gelernt hatte: Wenn’s ums Geld geht, kannst du keinem trauen.
    Ich ging in die Offensive und fragte Thomas, was für ein Spiel er spiele: »Wir haben 100 000 Schilling ausgemacht. Der Huemer Hans war dabei und kann es bezeugen. Also liegt der Fehler bei dir. Das muss ich dir leider so sagen – und jetzt gehe ich rüber zu Herrn Mateschitz. Ich habe schon so viel gemacht für die Firma. Ich habe mich immer bemüht, war immer korrekt. 100 000 Schilling finde ich gerechtfertigt für meine Leistung.« Es ging eine Weile hin und her, bis Thomas schließlich sagte: »Gut, das machen wir jetzt so. Aber in Zukunft ist dieser Schreibtisch hier deine erste Anlaufstelle und nicht der da oben.« Ein erzwungenes Budget war natürlich alles andere als ein Traumstart für unsere künftige Zusammenarbeit.
    Bei unseren Jahresgesprächen waren Thomas und ich gleichermaßen froh, wenn ich wieder draußen war. Die Chemie stimmte einfach nicht, und ich hatte wenig Lust, die nächsten fünf oder zehn Jahre so weiterzuarbeiten. Also blieb ich bei einem unserer Gespräche am Ende einfach sitzen und sagte: »Schau her, wir haben keinen guten Start gehabt, das ist beschissen gelaufen. Aber ich habe nichts angestellt und habe mir nichts vorzuwerfen. Du siehst es sicher genauso für deine Seite. Aber wir können nicht so weitermachen. Du bist kein großer Fan von mir, ich kein großer Fan von dir. Wir können jetzt beide eine Spur nachgeben und Spaß haben. Oder wir lassen es bleiben.« Das war der erste Schritt in die richtige Richtung.
    Wenig später hatte Thomas die Idee, dass jemand vom höchsten Gebäude der Welt springen sollte, von den Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. Im Gespräch für das Projekt waren der Schweizer Ueli Gegenschatz, der Amerikaner Frank Gambali und ich. Den Ausschlag gab schließlich Thomas, der meinte, dass es, wenn schon jemand runterspringt, ein Österreicher sein solle. Der Sprung wurde das erste gemeinsame Projekt von Thomas und mir und ein großer Erfolg. Auf der ganzen Welt gab es Titelseiten für den Sprung und für Red Bull. Noch im selben Jahr sprang ich von der Cristo-Redentor-Statue in Rio de Janeiro, ein Projekt, das Thomas und ich gemeinsam am Schreibtisch ausgeklügelt und umgesetzt hatten. Das war der Durchbruch unserer Zusammenarbeit, weil wir jetzt wussten: Wir zwei sind gut, wir sind beide Profis.
    Natürlich war Geld der Anlass für die Diskussion mit Thomas, aber mir ging es dabei mehr um Gerechtigkeit und Ehre, so altmodisch das klingen mag. Meine Offensive hätte auch ins Gegenteil umschlagen können. Ich kannte Dietrich Mateschitz zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht richtig und wusste nicht: Hilft er im Zweifelsfall eher dir oder dem Überall? Die meisten Firmenchefs halten zu ihren eigenen Leuten, Dietrich Mateschitz war da wahrscheinlich nicht anders, dachte ich mir damals. Er hätte also auch sagen können: »Wenn du glaubst, du musst Briefe schreiben und Mitarbeiter denunzieren, dann hast du nicht die Charaktereigenschaften eines Red-Bull-Athleten.« Dann hätte ich meinen Schirm und Helm am Empfang abgeben können.
    *
    Mein erstes persönliches Treffen mit Dietrich Mateschitz werde ich so schnell nicht vergessen. Beim Red-Bull-Flugtag in Berlin 1997 sah ich ihn in einiger Entfernung auf mich zukommen. Eine freundliche Erscheinung, ein charismatischer Mensch, dachte ich mir und überlegte: Sage ich gleich Du oder Sie? Wenn ich mit Du anfing, und er machte mit, dann war ich mit dem Chef von Red Bull per Du. Das wäre cool gewesen. Aber ich war mir nicht sicher. Mit jedem Schritt, den er auf mich zukam, ging mir ungefähr siebenmal durch den Kopf: Eigentlich kannst du ja Du sagen. Ich bin Sportler, habe schon einiges für das Image seines Unternehmens gemacht. Ich glaube nicht, dass er damit ein Problem hat. Und dann würden alle anderen Leute sagen: »Was? Du bist mit dem Dietrich per Du?« Schlecht wäre aber die Antwort gewesen: »Hey Junge, hör mal zu, beruhige dich wieder. Bloß weil du ein paarmal irgendwo runtergesprungen bist, sind wir noch lange nicht per Du.« Ich glaube, die Entscheidung fiel in dem Moment, als er die Hand ausstreckte, Ding ,
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