Himmelsschwingen
fürchte, in ihn habe ich mich ein bisschen verliebt. ( lacht )
Zum Glück weiß eine Autorin sich in einem solchen Fall zu helfen: Sie schreibt ihrem Lieblingscharakter einfach die männliche Hauptrolle in einem neuen Roman auf den Leib.
Was für ein Gefühl ist es, die eigenen Bücher im Laden stehen zu sehen?
Ein fantastisches Gefühl, in mehrfacher Hinsicht. Natürlich freue ich mich und bin auch ein bisschen stolz darauf, dass es eines meiner »Babys« überhaupt bis dahin ge schafft hat. Selbstverständlich ist das nicht. Geradezu fantastisch ist es auch deshalb, weil ich so viel Zeit mit der Geschichte verbracht habe, gemeinsam mit Lektoren und Redakteuren daran gearbeitet, das Cover begutachtet, den Klappentext geschrieben und wieder verworfen habe, dass ich es am Ende kaum glauben kann, wenn das Ergebnis dann ordentlich gestapelt und in illustrer Gesellschaft auf einem dieser besonderen Tische in den Buchhandlungen liegt.
Was war der bisher schönste Moment in Ihrem Schriftstellerleben?
Wenn man sich darauf einlässt, gibt es in diesem Beruf eine Reihe »magischer« Momente. Das kann eine spontane Idee sein, oder der Punkt hinter dem letzten Satz eines Romans. Das druckfrische Buch zum ersten Mal in den Händen zu halten ist immer aufs Neue eine wunderbare Erfahrung. Besonders berührend jedoch sind Leserreaktionen wie die einer jungen Frau beispielsweise, die mich bat, einen Roman für sie zu signieren. Im Begleitschreiben schilderte sie, wie ihr meine Geschichten helfen, ihr wirklich trauriges Schicksal für einige Stunden zu vergessen. Das Buch war dermaßen zerlesen, dass es fast auseinanderfiel. Aber sie wollte partout kein neues, sondern dieses Exemplar behalten. Es muss nicht immer so dramatisch sein, aber wenn jemand mit leuchtenden Augen erzählt, wie sehr ihn ein Buch beeindruckt hat, dann ist das wohl für jeden Schriftsteller ein ausgesprochen glücklicher Moment.
Was wünschen Sie sich selbst für Ihre Zukunft als Autorin?
Neues zu lernen und auszuprobieren, mich weiterzuentwickeln und auch in Zukunft Geschichten erzählen und veröffentlichen zu dürfen, mit denen ich die Fantasie der Leserinnen und Leser beflügele. Dafür wünsche ich mir weiterhin Ideen, immer eine gute Tasse Tee in Reichweite sowie meine beiden vierbeinige Musen unter dem Schreibtisch …
Leseprobe
Jeanine Krock
FLÜGELSCHLAG
1
Juna lauschte. Draußen senkte sich die Nacht über den Garten, und ihre Leselampe zeichnete einen hellen Kreis auf den abgetretenen Teppich unter ihren Füßen.Außer dem Brummen des Kühlschranks in der offenen Küche war nichts zu hören.Aber hatte sie nicht gerade doch etwas gehört?
Da war es wieder. So ein leises klapperndes Klirren, als würden Kleiderbügel aneinanderstoßen. Eine plötzliche Vorahnung beschleunigte ihren Herzschlag. So eindringlich warnte sie ihre innere Stimme davor, der Sache nach zugehen, dass Juna beinahe laut widersprochen hätte. Trotzdem zögerte sie, bevor sie das Buch beiseitelegte und aufstand.Ängstlich war sie nicht. Das durfte man in Glasgow auch nicht sein. Obwohl sie in keiner besonders gefährlichen Gegend wohnte, galt hier wie überall: Wer am Spätnachmittag oder abends allein unterwegs war, tat gut daran, eine gewisse Selbstsicherheit auszustrahlen … oder wenigstens schnell rennen zu können. Dies zumindest behauptete ihr Halbbruder John, der die Schotten allgemein, aber die Glaswegians ganz besonders verachtete. Sie hatten keinen guten Ruf im restlichen Land. Unberechenbar, wenn nicht gar gefährlich sollten sie sein, grob und laut.
Dass sie ausgerechnet an John denken musste, während sie leise durch den dunklen Hausflur ging, ließ sie frösteln. Vermutlich würde er sich liebend gern in ihrem Zimmer zu schaffen machen. Zu ihrem dreizehnten Geburtstag hatte er sie auf den Mund geküsst, und ein Jahr später war er eines Nachts an ihrem Bett aufgetaucht und hatte seltsame Dinge gesagt. Erst als sie gedroht hatte, sie würde das ganze Haus zusammenschreien, war er endlich verschwun den. Seither hatte sie sich häufig gefragt, was er in jener Nacht gewollt haben könnte.
Damals hatte sie gefürchtet, er könnte mehr als brüderliche Zuneigung für sie empfinden. Genau dies war kurz zuvor auch einer ihrer Mitschülerinnen passiert. Später schämte sie sich für diese Verdächtigungen. Er machte sich zwar noch heute über den Akzent lustig, der ihre nördliche Herkunft verriet, wenn sie aufgeregt war, aber als sie ihm
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