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Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Himmelskrieg: Roman (German Edition)

Titel: Himmelskrieg: Roman (German Edition)
Autoren: David S. Goyer
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Chevy. Wie immer, hatte Momma ihn gefragt, wo er hinwollte. Und wie immer, hatte er bloß geantwortet: »Weg! Bin in einer Stunde zurück!«
    Sie hatten sich arrangiert. Momma ignorierte seine Ausflüge, und er ignorierte die Sammlung von Chardonnay-Fla schen, die im Laufe der Woche immer größer wurde und jeden Dienstag wieder verschwand, wenn der Müll abgeholt wurde.
    Nicht, dass er ihr einen Vorwurf gemacht hätte. Alles, was sie im Ninth Ward besessen hatten, hatten sie damals im August 2005 verloren, und viel war das nicht gewesen. Momma hatte als Kellnerin im Cajun Sam’s gearbeitet. Das Lokal wurde überflutet und niemals restauriert.
    Ähnliches passierte mit ihrem im Erdgeschoss liegenden Apartment in der Florida Street, jedenfalls hatte Tante Marie es ihnen erzählt. Xavier und seine Familie waren noch vor der großen Überschwemmung geflüchtet und seitdem nie wieder in New Orleans gewesen.
    Und bis zum heutigen Tag hatte Momma keine Ahnung, was aus ihrem Bruder Clare geworden war. Während des ganzen Schlamassels hatte man ihn im Superdome oder der näheren Umgebung gesehen, doch nachdem die Lage sich einigermaßen beruhigt hatte, blieb er einfach verschwunden.
    Sie landeten dann in La Porte, Texas, bei den Ölarbeitern und rechtschaffenen Texanern, die anfangs ganz erpicht darauf zu sein schienen, ihre Nächstenliebe zu beweisen und die Menschen, die vor dem Hurrikan und der Überschwemmung geflüchtet waren, bei sich aufzunehmen.
    Die First African Methodist Episcopal Church war auch super gewesen. Über die konnte er sich wirklich nicht beklagen. Mitglieder dieser Kirchengemeinde hatten Xavier und Momma in einem Motelzimmer untergebracht, ihnen ein paar Klamotten und Lebensmittel besorgt und später, als die Lage sich wieder beruhigt hatte, gaben sie ihnen Gutscheine, die sie gegen solche Dinge eintauschen konnten.
    Sie fanden für Momma einen Job in einem Cajun-Barbecue-Lokal namens Le Roi’s in der Nähe irgendeines Flugplat zes, und die ganze Zeit über ging man davon aus, dass alles nur vorübergehend war, dass sie eines Tages nach New Orleans zurückkehren würden.
    Aber dieser Tag war nie gekommen. Xavier wurde in die zweite Klasse der Bayshore-Grundschule gesteckt, und wie es sich herausstellte, war die besser als seine alte Schule in New Orleans, jedenfalls behauptete Momma das.
    Und in ihrem Job verdiente sie auch mehr als bei Cajun Sam’s. Schließlich – mit Unterstützung seitens der Kirche – verließen sie das Motel und zogen in ihre derzeitige Unterkunft. Nach der Grundschule durchlief Xavier die Junior High und wechselte dann zur Highschool über.
    Vielleicht kam er auf die Idee, weil er so oft in der Küche des Le Roi’s herumlungerte – oder, was noch wahrscheinlicher war, seine häufigen Aufenthalte dort brachten die Leute auf die Idee, es sei seine eigene Idee gewesen – aber Xavier befand sich auf dem besten Weg, ein Koch zu werden, wenn auch nicht gerade ein Chef de Cuisine. Er fing damit an, dass er Geschirr spülte und Tische abräumte, und er arbeitete sich hoch, bis er endlich Gemüse kleinschneiden durfte.
    Aber als es dann so weit war, stellte man bei seiner Mutter eine Krebserkrankung fest, und sie brauchten ganz einfach Geld. Während er im Le Roi’s herumhing, hatte er ein paar Jungs kennengelernt, die dort nicht nur Mahlzeiten kochten, sondern zusätzlich alles Mögliche verscherbelten, was die Leute so haben wollten.
    Xavier begann, ihnen kleine Gefallen zu erweisen, sauste zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten los, um etwas abzuholen oder abzuladen oder einzukassieren.
    Als er achtzehn war und erst seit einem Jahr den Botenjun gen spielte, wurde er geschnappt. Wegen der Menge des Stoffs, den er bei sich hatte und weil er kein Minderjähriger mehr war, verdonnerte man ihn zu sechs Monaten in der unzutreffend benannten Harris County Leadership Academy.
    Es war nicht total schlimm gewesen – obwohl es eine dieser Erfahrungen war, die man im Rückblick in einem milderen Licht betrachtete – aber bei den Typen vom Le Roi’s war er unten durch.
    Und nachdem er wieder draußen war, merkte er, dass die Kenntnisse, die er sich durch seine Botenjungentätigkeit angeeignet hatte, ihm ermöglichten, sich selbstständig zu machen.
    Auf niedrigem Niveau, klar. Reich würde er nie werden. Er würde bei Momma wohnen, bis sie starb. Ihre Krebserkrankung war in »Remission«, doch das bedeutete lediglich, dass sie nicht sofort sterben würde. Allerdings konnte
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