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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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schrecklichen Automaten.«
    Die wird es weit bringen, dachte Carol Ashton, rührte mit einem Plastikstab, der nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Löffel hatte, ihren Tee um. Zumindest hoffe ich das. Ich hoffe, dass man sie nicht als zu emotional und zu locker … zu, ja, zu interessiert einschätzt. DS Graffham lehnte sich zurück, verschränkte die Arme, sah Carol direkt an, wartete. Sie schien tatsächlich ernsthaft interessiert zu sein.
    »Ich leite ein Pflegeheim für Demenzpatienten.«
    »Alzheimer?«
    »Im Großen und Ganzen, ja.«
    »Ich hoffe, Sie wissen, wie sehr Sie gebraucht werden. Meine Großmutter ist letztes Jahr daran gestorben. Die Pflege, die sie bekommen hat, war absolut unwürdig. Wo ist das Heim?«
    »In der Fountain Avenue. Das Four Ways.«
    »Und Mrs Randall arbeitet dort?«
    »Miss Randall. Angela. Ja. Sie ist seit fast sechs Jahren bei uns und seit vier Jahren als ständige Nachtwache eingeteilt. Sie ist diese Art Mensch, von der man nur träumen kann, ehrlich gesagt – scheut keine Arbeit, ist fürsorglich, verlässlich, fällt fast nie wegen Krankheit oder anderer Gründe aus, und da sie allein stehend ist, ohne jeden Anhang, war es ihr recht, nur Nachtwachen zu übernehmen. Das ist selten.«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    »Na ja, ich bin natürlich nicht immer … unterschiedliche Schichten und freie Tage, also kann es durchaus passieren, dass wir uns eine ganze Woche nicht sehen. Aber ich weiß selbstverständlich, wann sie ihren Dienst versieht. Dafür gibt es das Berichtsbuch und andere Angestellte, die mit ihr Dienst haben. Tatsächlich habe ich sie aber an dem Tag gesehen, als sie zum letzten Mal gearbeitet hat. Sie hat mich mitten in der Nacht angerufen, und ich bin ins Heim gekommen. Ich wohne nur fünf Häuser entfernt. Einige Patienten waren krank geworden, und ich wurde gebraucht. Angela hatte Dienst.«
    »Wie wirkte sie?«
    »Ziemlich erschöpft wie wir alle in der Nacht … uns blieb nicht viel Zeit zum Plaudern. Aber sie war wie immer … sehr ruhig und verlässlich.«
    »Ihnen ist also nichts Ungewöhnliches an ihr aufgefallen?«
    »Nein, überhaupt nicht. Und es wäre mir aufgefallen.«
    »Und am nächsten Abend ist sie nicht zur Arbeit gekommen?«
    »Nein, sie hatte keinen Dienst. Sie hatte das Wochenende und die folgenden vier Tage frei. Das ist so geregelt, damit jede Angestellte von Zeit zu Zeit eine längere Pause einlegen kann. Sie brauchen das. Angela hatte also erst in der Woche darauf wieder Dienst, und da hatte ich ein paar Tage frei. Als ich zurückkam, lag ein Bericht vor, dass sie vier Nächte lang nicht zum Dienst erschienen war und sich auch nicht krankgemeldet hatte. Das passt überhaupt nicht zu ihr. Ich hatte schon Angestellte, die einfach nicht auftauchten und auch nicht Bescheid gesagt haben, und die habe ich entlassen. So was geht bei uns nicht. Unsere Patienten haben das nicht verdient. Aber Angela Randall würde so etwas nie tun.«
    »Und was haben Sie unternommen?«
    »Sie angerufen – mehrmals. Immer wieder. Es wurde nie abgenommen, und sie hat keinen Anrufbeantworter.«
    »Waren Sie bei ihr zu Hause?«
    »Nein. Nein, war ich nicht.«
    »Warum denn nicht?« DS Graffham blickte sie scharf an.
    Carol Ashton fühlte sich unbehaglich – schuldig sogar, obwohl sie dafür keinen Grund sah. Aber die junge Frau hatte einen so klaren, festen Blick, forschend, eindringlich. Carol fragte sich, wie lange ein Verbrecher das wohl aushalten würde.
    »Mrs Ashton, ich kann Ihnen nicht helfen – und das will ich –, wenn Sie mir nicht helfen.«
    Carol rührte und rührte in den Teeresten herum. »Ich möchte nicht …, dass es falsch klingt.«
    Die Polizistin wartete.
    »Angela ist sehr verschlossen … eine äußerst zurückhaltende Person. Sie ist unverheiratet, aber ich habe keine Ahnung, ob sie verwitwet oder geschieden ist oder nur allein stehend. Es mag seltsam erscheinen, dass ich das in den sechs Jahren nie herausgefunden habe, aber sie ist einfach nicht der Mensch, den man nach so etwas fragen kann, und sie spricht nie über sich selbst. Sie ist sehr freundlich, doch sie gibt nichts preis, und man kann bei ihr die Grenze leicht überschreiten. Man stellt eine Frage oder macht eine Bemerkung, auf die jeder andere ohne nachzudenken reagieren würde, aber sie – verschließt sich, verstehen Sie? Man kann es an ihren Augen erkennen … eine Warnung. Halt dich fern. Als ginge ein Rollladen runter. Daher war ich nie
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