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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Autoren: Sonia Marmen
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genäht hatte, amüsierten.
    »Wann reist ihr ab?«, fragte Coll unvermittelt, um die Atmosphäre ein wenig zu entspannen.
    »Die Expedition bricht Anfang Mai von Lachine aus auf. Wir sollen uns ein wenig früher mit dem Händler treffen. Da müssen wir wohl spätestens in zwei Wochen nach Montréal abreisen.«
    »Hmmm …«
    Coll nickte und sah auf die Hand seines Bruders hinunter, an der ein Finger fehlte. Ihm blieben nur noch zwei kurze Wochen mit Alexander. Er hatte diesen Bruder, den er tot geglaubt und dann nach zwölf Jahren wiedergefunden hatte, kennen- und liebengelernt. Der Gedanke, dass er ihn vielleicht nie wiedersehen würde, wühlte ihn auf. Er konnte seine Betrübnis nicht verbergen, hüstelte und schaute in sein Bierglas. Er hätte sich so sehr gewünscht, er würde mit ihm nach Schottland zurückkehren, vor allem wegen ihres Vaters. Aber Alexander hatte sich zum Bleiben entschieden, um in Kanada seine Träume von Ruhm und Reichtum zu verwirklichen.
    Coll beneidete ihn, weil er sich frei entscheiden konnte, aber vor allem bewunderte er seinen Mut und seine Hartnäckigkeit. Das Leben hatte ihn derart gebeutelt und ihm jedes Glück, das ihm je begegnet war, geraubt. Nach dem schrecklichen Tag, an dem er schon am Strick des Henkers gehangen hatte, hatte sich Alexander nach und nach verändert. Merkwürdigerweise hatte er wieder Gefallen am Leben gefunden. Er hielt sich beim Trinken zurück, spielte kaum noch und legte so viel Geld beiseite, wie er konnte. Alexander konzentrierte seine Kraft auf positive Dinge; das war seine ganz persönliche Gralssuche. In diesem Land, das zugleich mit ihm zu neuem Leben erwachte, würde er sich einen eigenen Weg bahnen und sich in der Einsamkeit der Wälder eine ganz neue Persönlichkeit schaffen. Wenn Peggy nicht auf ihn gewartet hätte, wäre Coll wohl ebenfalls geblieben.
    Alexanders Berührung riss ihn aus seinen Überlegungen, und sein aufrichtiges Lächeln zerstreute die Spannung ein wenig. Er erwiderte es.
    »Ich schicke Vater einen Umhang aus Biberpelz und dir einen Fuchskragen für deine Zukünftige.«
    »Darauf verlasse ich mich, Alas. Der Fuchs wird wunderbar zu Peggys goldbraunem Haar und ihren Augen passen.«
     
    Île d’Orléans
    Montag, den 20. Februar im Jahre des Herrn 1764
     
    Liebe Cousine,
    auf der Insel schneit es, und durch das Unwetter kann ich wieder einmal nicht aus dem Hause. Ich nutze die Zeit, um dir ein paar Zeilen zu schreiben, die dich hoffentlich vor dem Ende des Winters erreichen. Das schlechte Wetter in den letzten Tagen hat die Arbeiten am Haus verlangsamt. Trotzdem habe ich mich gut eingerichtet. Nicht, dass ich Madame Pouliots Gastfreundschaft nicht zu schätzen gewusst hätte, aber ich freue mich doch sehr, wieder in meinen »eigenen vier Wänden« zu leben.
    Wie du im kommenden Frühling selbst feststellen wirst, sieht das Haus wieder wie früher aus. Die Helfer, die mein freundlicher Grundherr, Monsieur Mauvide, mir wie vereinbart geschickt hat, haben gute Arbeit geleistet. Das obere Stockwerk ist trotzdem noch nicht bewohnbar, da das Dach vor dem ersten Schnee nicht mehr gedeckt werden konnte. Hier ist halt so viel zu tun, und im Herbst, wenn das Getreide reif ist, sind die Arbeitskräfte knapp. Doch es wäre undankbar, wollte ich mich beklagen. Ich habe mir den Salon als Schlafzimmer eingerichtet, und für den Übergang komme ich damit vollkommen zurecht.
    Das war die erste gute Nachricht. Die zweite ist, dass Abbé Martel für mich eine Stellung als Haushälterin gefunden hat, und zwar bei Monsieur Audet am Maheu-Fluss. Der arme Mann hat im Oktober seine Frau verloren und steht mit seinen vier Kindern allein da. Bis jetzt hat seine Schwester sich um sie gekümmert. Da er nur eine Meile von mir entfernt lebt, kann ich jeden Tag nach Hause gehen, nachdem ich das Abendbrot gemacht und die Kinder ins Bett gebracht habe. Zusammen mit dem Verdienst aus der Zuckerhütte und meinen Marmeladen aus Erdbeeren, Himbeeren und Pflaumen werde ich mich gut durchbringen können. Aber ich höre schon, wie du fragst, wann ich mich wieder verheiraten werde! Von wegen! Damit habe ich es nicht eilig, liebe Cousine. Dazu ist Julien noch zu lebendig in meinem Herzen, verstehst du. Und außerdem waren die Partien, die sich mir bis jetzt geboten haben, nicht besonders aufregend. Wahrscheinlich wirkt eine arme Witwe von sechsundzwanzig Jahren nicht mehr anziehend genug.
    Genug von mir geredet. Wie geht es dem kleinen Gaby? Hat mein Patenkind seit
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