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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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des Netzes und klebte sofort daran fest.
    Ich war mit zwei, drei schnellen Schritten bei Tom, der eben versuchte, sich benommen in die Höhe zu stemmen, ergriff ihn wortlos unter den Achseln und zerrte ihn einige Yards weit zurück, sodass er sich nicht mehr in der unmittelbaren Nähe des Netzes befand. Er versuchte nicht, sich gegen meine Berührung zu wehren. Vielleicht nahm er sie gar nicht zur Kenntnis, denn er starrte aus vor Schreck geweiteten Augen auf das entsetzliche Schauspiel, das sich uns bot.
    Das Pferd tobte noch immer wie von Sinnen, aber seine Bewegungen wurden bereits schwächer und sein schrilles Wiehern war jetzt ein Laut unsäglicher Qual. Wo die Fäden seine Haut berührten, fraßen sie sich hinein wie Säure. Zischende, übel riechende Dampfwolken stiegen auf und ich konnte sehen, wie sich Haut und Muskulatur verflüssigten und selbst das Blut, das aus den schrecklichen Wunden quoll, binnen Sekunden schwarz wurde. Eine grausame Laune des Schicksals wollte es, dass in dem Tier noch immer eine Spur von Leben war, sodass es weiter tobte und schrie und mit allen vier Läufen um sich schlug, während sein Körper bereits zu einem Teil des gewaltigen Netzes wurde, das ganz Brandersgate umgab.
    Es dauerte nicht einmal lange; vielleicht eine Minute, kaum mehr, bis die Bewegungen des bedauernswerten Tieres endlich nachließen. Sein Körper war kaum mehr als der eines Pferdes zu erkennen. Das braunscheckige Fell hatte sich schwarz gefärbt, Läufe, Schweif und Schädel begannen ihre Form zu verlieren und sanken zusammen wie weiches Wachs in der Hochsommersonne. Das Gleiche geschah mit dem Wagen. Jedes Teil, das nicht aus Metall, sondern Holz oder ehemals organischen Materialien bestand, wurde von der grauenhaften Kreatur aufgesogen. Nach einer erschreckend kurzen Weile erblickten wir da, wo zuvor Pferd und Wagen gewesen waren, nur noch zwei formlose, schwarze Klumpen, die sacht zu pulsieren schienen, wie im Takt eines ungeheuerlichen, schleimigen Herzens.
    Tom begann plötzlich in meinen Armen zu zittern. Seine Lippen formten sinnlose, stammelnde Laute und in seinen Augen erschien ein Flackern, das ich nur zu gut kannte.
    Was er gesehen hatte, war einfach zu viel. Er stand kurz davor, schlichtweg den Verstand zu verlieren. Und er wäre nicht der Erste, dessen Geist zerbrochen war, angesichts der Schrecknisse, die das Wirken der GROSSEN ALTEN und ihrer Dienerkreaturen manchmal begleiteten.
    Alarmiert zog ich ihn in die Höhe, packte ihn grob bei den Schultern und drehte ihn herum, sodass sich sein Blick von dem schwarzen Teufelsgespinst löste. Er starrte mich an, aber ich war fast sicher, dass er mich in diesem Moment gar nicht sah. Plötzlich schrie er gellend auf, versetzte mir einen Stoß vor die Brust, der so hart und überraschend war, dass ich ihn losließ und einige Schritte zurücktaumelte, und fuhr herum. Aber er stürzte nicht in wilder Panik davon, wie ich fast befürchtete, sondern war mit drei, vier gewaltigen Schritten bei einem der beiden dunklen Bündel, die von der Ladefläche seines Wagens gefallen waren, und stürzte daneben auf die Knie. Ich setzte ihm nach, streckte die Arme aus, um ihn zurückzureißen – und führte die Bewegung dann nicht zu Ende, als ich sah, woraus seine Last bestanden hatte.
    Die beiden in braungraues Tuch eingeschlagenen Körper waren die Körper Cordwailers und Alyssas. Tom riss mit einem Schrei das Tuch vom Gesicht seiner Frau herunter und zog ihren leblosen Körper an sich. Alyssas Kopf pendelte hilflos hin und her und ich sah, dass auf ihrem Gesicht noch immer der gleiche, leicht verwirrte Ausdruck lag, der sich im Augenblick ihres Todes in ihm eingegraben hatte. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal begriffen, was mit ihr geschah.
    Der Anblick versetzte auch mir einen tiefen, schmerzhaften Stich. Es war nicht nur, weil die dunkelhaarige Frau vielleicht die Einzige aus der ganzen Bande von Verrückten war, zu der ich so etwas wie Vertrauen gefasst hatte. Aber sie war ein weiteres, unschuldiges Opfer in einer langen, viel zu langen Kette unschuldiger Opfer, die ich gesehen hatte, seit mein Vater, Howard und ich den Kampf gegen die Dämonen von den Sternen aufgenommen hatten. Und ich fragte mich, wie viele Menschen noch sterben mussten, bevor es uns gelang, die Ungeheuer in die finsteren Abgründe der Zeit und des Vergessens zurückzutreiben, aus denen sie nach zweihundert Millionen Jahren wieder auferstanden waren, um ihre Herrschaft über die Erde

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