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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stürzte sich nun mit verbissener Wut auf mich. Da wir nebeneinander auf dem Kutschbock saßen, entspann sich ein fast grotesker Kampf. Wir schlugen, stießen, schubsten und droschen wild aufeinander ein, ohne dass irgendeiner dieser Schläge sonderliche Wucht gehabt hätte.
    Schließlich wurde mir die Sache zu dumm. Ich packte mit einer Hand seinen Arm und verdrehte ihn schmerzhaft auf den Rücken, die andere krallte ich in sein Haar und schlug sein Gesicht zwei, drei Mal hintereinander hart auf das Holz des Kutschbockes herab; vielleicht nicht besonders fair, aber wirkungsvoll. Toms Gegenwehr erlosch; allerdings nur so weit, dass er nicht mehr versuchte, sich auf mich zu stürzen (was in seiner momentanen Lage auch relativ schwierig gewesen wäre). Trotzdem kämpfte er noch immer mit überraschender Kraft gegen meinen Griff an. Ich hatte den Druck auf seinen Arm mittlerweile so weit verstärkt, dass ich ihn gebrochen hätte, hätte ich noch eine Winzigkeit mehr zugegeben. Trotzdem gab er nicht auf.
    »Verdammt, Tom«, sagte ich atemlos. »Hören Sie endlich auf, Sie Narr!«
    Tom sah stöhnend auf. Seine Nase blutete immer heftiger und auf seiner Stirn begannen zwei blau und grün verfärbte Beulen heranzuwachsen, was ihm ein absurdes, gehörntes Aussehen verlieh. Seine Augen loderten vor Hass. »Bringen Sie mich doch um, Craven!«, sagte er gepresst.
    »Sie verdammter Trottel, ich habe Ihnen gerade das Leben gerettet«, erwiderte ich wütend.
    Tom blinzelte. Für einen Moment mischte sich Verwirrung in den Zorn in seinem Blick, aber wirklich nur für einen Moment, dann bäumte er sich abermals in meinem Griff auf und schrie erneut: »Machen Sie schon! Bringen Sie mich um! Das wollen Sie doch, oder?«
    Ich ließ ihn los. Er reagierte so verblüfft, wie ich erwartet hatte, und starrte mich eine Sekunde lang noch fassungslos an, dann fuhr er hoch und hob die Fäuste, um erneut auf mich einzuschlagen. Aber damit hatte ich gerechnet. Ich versetzte ihm einen Hieb in den Leib, der ihm für mindestens eine Minute die Luft nahm, und während er sich verzweifelt um Atem ringend auf dem Kutschbock krümmte, sprang ich vom Wagen, eilte zum Waldrand und hob einen trockenen Ast vom Boden auf.
    Tom richtete sich stöhnend auf dem Kutschbock auf. Er wankte. Seine Augen flammten noch immer vor Zorn, aber mein letzter Hieb schien seinen Kampfeswillen endgültig gebrochen zu haben.
    »Sehen Sie zu!«, sagte ich scharf. »Schauen Sie ganz genau hin und danach können wir uns weiter prügeln, wenn Sie das wollen.« Und damit warf ich den Stock in hohem Bogen und so kräftig ich konnte gegen das Netz.
    Was ich vorhin schon einmal beobachtet hatte, wiederholte sich. Der Stock blieb an den dünnen Fäden kleben, verlor seine Farbe und Festigkeit – und war nach wenigen Augenblicken verschwunden.
    Tom erstarrte für einen Augenblick. Ich konnte sehen, wie seine Augen groß vor Staunen wurde und er erbleichte – und dann tat er etwas völlig Verrücktes. Mit einem gellenden Schrei griff er nach den Zügeln, ließ sie knallen und jagte das Pferd direkt auf die tödliche Barriere zu! Jede Reaktion wäre zu spät gekommen. Ich schrie auf und rannte los, aber ich hatte nicht einmal zwei Schritte getan, als das Fuhrwerk auch schon in das Netz hineinraste.
    Was ich erwartet hatte, geschah; aber es war ungleich schrecklicher, als ich mir auch nur in meinen schlimmsten Phantasien hätte ausmalen können. Ganz wie in London, als einer der Burschen, die mir in der Kanalisation aufgelauert hatten, versuchte, jenes schreckliche Netz zu durchbrechen, weitete sich auch hier das furchtbare Gewebe unter dem Anprall des Pferdekörpers. Das Tier raste hinein und beinahe hindurch, vermochte aber trotz seiner gewaltigen Kraft die so harmlos erscheinenden Fäden nicht zu zerreißen. Das Gewebe weitete sich immer weiter, wie ein Fischernetz aus dünnen Gummibändern, bis es fast die Form einer Reuse angenommen hatte – und sich dann mit einem hörbaren Schnappen um das arme Tier schloss!
    Ein panisches, entsetztes Wiehern erscholl. Das Pferd bäumte sich auf und schlug in schierer Todesangst mit den Vorderhufen um sich; und diesmal stürzte das Fuhrwerk tatsächlich um. Tom wurde im hohen Bogen vom Bock geschleudert, die Last, die sein Wagen getragen hatte, flog in der entgegengesetzten Richtung davon. Der Wagen selbst zerbarst. Eines der großen Räder brach ab und rollte noch ein Stück weiter, der Rest landete, sich überschlagend, ebenfalls in den Maschen
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