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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pergamentrollen übersäten Tisch; Necron deutete mit einem dürren Finger auf eine Karte, die ausgerollt und an den Ecken mit Steinen beschwert worden war. Die Linien und Symbole darauf zeigten keine bekannte Landschaft dieser Welt und hätten auf jeden anderen den Eindruck eines sinnlosen, aber sonderbar düster wirkenden Gekritzels gemacht. Für den, der sie zu lesen verstand, waren sie die Konturen der Wirklichkeit, die Gezeitenströmungen zwischen den Welten.
    »Der Moment ist gekommen«, sagte Necron. »Der Verräter Dagon flieht, Shannon, und mit ihm die, die ihm anhängen. Er hat sein Versteck verlassen und sich auf den Weg in eine andere Welt gemacht.« Er lächelte dünn. »Du weißt, was das bedeutet.«
    Shannon nickte. Er antwortete nicht, denn er war nicht dazu aufgefordert worden, aber Necron wusste, dass er jedes Wort verstand.
    »Du wirst gehen«, fuhr er fort. »Ich gebe dir noch einmal die Chance, dich zu bewähren, Shannon. Das, wonach wir so lange gesucht haben, befindet sich an Bord seines Schiffes. Nimm sechs Krieger deiner Wahl und hole es.«
    Shannon nickte gehorsam und Necron ließ mit einem neuerlichen, triumphierenden Lächeln die Hand auf die brüchige Karte klatschen. »Das erste der SIEBEN SIEGEL DER MACHT!« Seine Stimme zitterte vor Erregung. »Bring es mir, Shannon, und dein Verrat sei dir vergeben. Du weißt, wie viel davon abhängt.«
    Shannon nickte abermals, trat einen halben Schritt von dem mit Karten und Büchern übersäten Tisch zurück und fragte: »Wann soll ich aufbrechen?«
    »Jetzt gleich«, antwortete Necron. »Und beeile dich, denn du hast nicht viel Zeit. Ich werde diesen Fischgott bestrafen für das, was er unseren Herrn angetan hat.«
    »Was werdet Ihr tun, Herr?«, fragte Shannon.
    Necron blickte ihn scharf an. In dem Ausdruck in Shannons großen, wasserklaren Augen war kein Falsch, kein Verrat, nicht einmal Zweifel – aber er hatte ihm nicht befohlen, diese Frage zu stellen. Hastig verstärkte er die geistige Fessel um Shannons Geist um eine Winzigkeit. Nicht so viel, dass seine Fähigkeit, logisch zu denken und blitzschnelle Entscheidungen zu fällen, in irgendeiner Form beeinträchtigt worden wäre, aber doch genug, auch noch den letzten Rest seines freien Willens zu ersticken. Dann antwortete er trotzdem.
    »Das Schiff wird vernichtet, Shannon. Und mit ihm Dagon und alle, die bei ihm sind. Ich werde beginnen, sobald du fort bist. Du hast vier Stunden Zeit. Nicht mehr.«
    Auf Shannons Gesicht war nicht die geringste Regung zu erkennen, als er nickte.
    Necron deutete auf den Glassarg, in dem der junge Magier gelegen hatte. »Deine Waffen liegen bereit. Nimm sie und dann geh.«
    Shannon nickte abermals, wandte sich um und ging mit schnellen Schritten durch den Raum, um Necrons Befehl auszuführen. Als er fertig war und sich wieder umwenden wollte, streifte sein Blick die schlafende Mädchengestalt in dem zweiten Kristallsarg. Er stockte.
    »Wer ist sie?«, fragte er. »Sie … ist sehr schön.«
    Necron starrte ihn an. »Niemand, für den du dich zu interessieren hättest«, sagte er scharf. »Und nun geh – du hast deine Befehle.«
    Gehorsam wandte sich Shannon um, durchquerte den Raum und zog die Tür hinter sich zu, ohne sich auch nur noch ein einziges Mal umzudrehen. Aber der Ausdruck in Necrons Augen war um eine weitere Winzigkeit besorgter geworden. Er hatte die Fessel um Shannons Geist so eng zusammengezogen, wie es nur ging, wollte er ihn nicht zu einer zwar gehorsamen, aber vollkommen nutzlosen Puppe machen; und trotzdem war es ihm nicht gelungen, eine hundertprozentige Kontrolle über Shannon zu erlangen. Vielleicht würde ihm das nie mehr gelingen. Vielleicht war Shannon schon jetzt stärker, als er selbst zu hoffen gewagt hätte.
    Aber für das, was er tun musste, konnte das nur von Vorteil sein. Und wenn er zurückkam, dachte Necron entschlossen, würde er ihn zerstören.
     
    Es war sonderbar – aber der Seegang war unter Deck der DAGON weitaus stärker zu spüren als oben. Die Treppe schien wie ein lebendes Wesen unter meinen Füßen zu beben und zu hüpfen und wenn ich nicht Acht gab, dann versuchte sie mich abzuwerfen wie ein bockendes Pferd. Meine Knie zitterten, als ich endlich die letzte Stufe überwunden hatte und stehen blieb, um auf Bannermann zu warten.
    Gegen das hell erleuchtete Rechteck des Aufganges war seine Gestalt nur als Schatten zu erkennen. Er bewegte sich mit der Leichtigkeit des erfahrenen Seemannes über die schwankenden
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