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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm
Autoren: Yasmine Galenorn
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Hyto Smoky und mich tot sehen – nein, schlimmer noch. Er wollte Rache.
    Smokys freundliches Gebaren fiel von ihm ab, und in seinen Augen begann es zu wirbeln. Sehr leise und sehr langsam sagte er: »Mein Vater hat soeben sein eigenes Todesurteil unterzeichnet.«
    »Verdammt.« Menolly lehnte sich an die Wand. »Er ist hier, in Seattle? Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    Ich spielte nervös mit dem Blatt Papier. »Was ist denn ein Schneemännchen? Irgendein Naturgeist, von dem wir noch nichts wissen?«
    »Trytian meint damit keinen Geist«, sagte Shade. »Schneemännchen ist ein verächtlicher Ausdruck für einen Mönch aus den Bergklöstern in den Nordlanden. Für gewöhnlich sind das Abtrünnige – entweder wurden sie aus ihrem Orden rausgeworfen, oder sie haben die Klöster aus freien Stücken verlassen. Die meisten sind irre vor Wut und scheren sich einen feuchten Dreck um andere. Sie sind leicht käuflich. Wenn sich einer von denen mit Smokys Vater zusammengetan hat, dann muss der Drache ihm eine Menge Geld geboten haben. Schneemännchen sind gefährlich.« Er schenkte mir ein trauriges Lächeln. »Ich an deiner Stelle würde sehr gut auf mich aufpassen.«
    »Als müssten wir das nicht ohnehin schon.« Seufzend lehnte ich mich an die Wand und ließ die anderen reden.
    Irre Mönche waren schlimm genug, doch bei dem Gedanken, dass Hyto so nah war – tatsächlich hier in der Stadt –, wollte ich nur noch schreiend heim in die Anderwelt laufen. Aber das ging nicht. Mein Vater hatte mich aus Y’Elestrial verbannt. In die Anderwelt konnte ich also schon, aber nicht nach Hause.
    Smokys Vater … Hyto hasste mich. Er verabscheute die bloße Tatsache, dass es mich gab. Er hatte nichts zu verlieren. Er war aus den Drachenreichen vertrieben und von seiner Frau verstoßen worden, seine Kinder hatten sich von ihm losgesagt. Und er gab mir die Schuld an alledem. Ich war ihm schon einmal begegnet, und bei der Erinnerung an seine Hände an mir schüttelte es mich jetzt noch.
    Mein Handy klingelte, und ich klappte es auf. Das Display zeigte einen Anruf von Chase Johnson an. Ich nahm ab.
    »Camille – ich hatte gehofft, dass du wieder da bist. Ich brauche dich hier. Es gibt ein Problem im Tangleroot Park, und ich bin ziemlich sicher, dass es ein magisches ist. Ich hätte mir beinahe in die Hose gemacht, als ich es gesehen habe. In letzter Zeit ist hier ganz schön seltsame Energie unterwegs. Ich lasse es vorerst von meinen Leuten abriegeln, aber ich traue mich nicht, etwas zu unternehmen, ehe du dir das angesehen hast.«
    » Es? Wovon sprichst du? Geht es um irgendein Monster?«
    »Das glaube ich nicht. Wenn ich ehrlich sein soll, würde ich mein nächstes Gehalt darauf verwetten, dass das irgendeine Art Portal ist. Ich höre Gesang daraus. Die Stimmen rufen nach mir, Camille. Und ich sage das wirklich ungern, aber ich habe Angst. Wenn ich dem Ding zu nahe komme, will ich sofort hineinrennen.«
    Mir wurde eiskalt. Hyto war im Moment meine größte Sorge, aber er stand ja gerade nicht leibhaftig vor mir. Wenn Chase recht hatte und sich im Tangleroot ein Portal öffnete, konnten wir erstens gewaltigen Ärger einer anderen Art bekommen. Die Portale, die sich willkürlich hier und da in der Stadt auftaten, waren völlig unkontrolliert und konnten sonst wohin führen – und auf der anderen Seite könnte sonst was darauf warten, hierher durchzubrechen. Zweitens – wenn es so laut rief, dass sogar Chase es hören konnte, wer würde dann noch alles davon angezogen werden?
    »Wir kommen sofort. Lass bis dahin niemanden in die Nähe.« Als ich mein Handy zuklappte, kam mir der Gedanke, dass mein Leben allmählich einer Achterbahn ähnelte – und im Augenblick fühlte ich mich wie auf dem höchsten Punkt, kurz vor einer langen, schrecklichen Fahrt abwärts.

Kapitel 2
    S moky war sehr dafür, den Daimon zu töten, aber ich schüttelte den Kopf. »Besser, wir behalten Trytian auf unserer Seite. Und immerhin hat er uns vor deinem Vater gewarnt. Wenn wir das Ding umbringen, wird Trytian uns ins Gesicht springen. Das können wir jetzt nicht gebrauchen.«
    »Wir können es aber auch nicht einfach so herumlaufen lassen. Was werden die Leute sagen?« Shade starrte mich einen Moment lang an und brach dann in Lachen aus. »Ich kann selbst kaum fassen, was ich da gerade gesagt habe, nach allem, was ihr mir über eure Abenteuer schon erzählt habt, aber trotzdem … einen Daimon?«
    Menolly hob die Hand. »Lasst mich das machen.«
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