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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm
Autoren: Yasmine Galenorn
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Herzschlag des Landes in meiner Brust, den Puls der Magie, die den Hof der Drei Königinnen erfüllte. Die Elemente tanzten flüsternd um mich herum, ein Stimmengewirr im Wind, das mich auf meinem Weg um das Häuschen herum begleitete. Ich folgte dem Weg dahinter zu dem dampfenden Teich im Zentrum des Feenreichs.
    Hier schimmerte einfach alles – der Wald, der Boden, ja selbst die Luft. Und meine Magie fiel summend ein, lebendig und voller Freude. Die Mondmutter hüllte mich ein, mein Herz, meine Seele. In dieser Nacht – der Wintersonnenwende – würde ich mein Amt als ihre Priesterin antreten.
    Tränen liefen mir über die Wangen, als ich an meine erste Initiation dachte. In silbernen Ketten hatte ich den Hain der Mondmutter drüben in der Anderwelt betreten, ohne zu wissen, ob meine Göttin mich als Mondhexe annehmen würde.
    Ich war gewachsen, und ich wuchs weiter, veränderte mich. Ich würde die erste Hohepriesterin der Mondmutter in der Erdwelt seit Jahrtausenden sein. Die Feenköniginnen der Erdwelt würden mich ausbilden – an Aevals Dunklem Hof, unter Morganas wachsamem Blick.
    Ich konnte durch die Tränen kaum mehr sehen. Ich war im Begriff, eine ebenso schwere wie strahlende Position einzunehmen, derer ich mich hoffentlich würdig erweisen würde. Ich dankte den Göttern und der Erdwelt-Technologie für wasserfeste Wimperntusche und wischfesten Lippenstift, tupfte mir die Tränen vom Gesicht und ging weiter. Meine Schritte knirschten im harschigen Schnee, der unter meinen nackten Fußsohlen kniff und stach. Ich würde so nackt vor meine Herrin treten wie am Tag meiner Geburt, vom Kopf bis zu den Zehen.
    Wie viele Jahre waren vergangen, seit ich einen solchen Pfad beschritten hatte, zu Hause in der Anderwelt – den Weg zu meiner Initiation als Mondhexe? Zu viele, um sie zu zählen, aber nun war ich bereit, den nächsten Schritt dieser Reise zu tun, tausend Meilen entfernt von meinem Ausgangspunkt, eine Welt entfernt von meinem Ursprung.
    Die Stille des Waldes hüllte mich ein, und der Schnee dämpfte alle Geräusche. Ich erreichte die heißen Quellen, ließ meinen Umhang fallen und stieg in den dampfenden Teich. Das Wasser strahlte in einem dunklen Meergrün. Wie sie es so heiß bekamen, wusste ich nicht, aber die Lichtung schwirrte vor Magie.
    Als die Wärme in meine durchgefrorenen Füße drang, überkam mich ein Gefühl der Reinigung und Klärung. Als das Wasser meine Knie erreichte, löste es die restlichen Schmerzen meiner Prellungen, wusch Hytos Misshandlung fort und die Angst, die mich ebenso gefangen gehalten hatte. Seine Schandtaten verflogen in der Magie dieser Nacht.
    Noch ein Schritt, und noch einer.
    Das Wasser umspülte meine Taille, und mein Herz machte einen Satz. Nach dieser Nacht würde ich im Stadtstaat meiner Heimat für immer als Ausgestoßene gelten, aber manche Dinge waren wichtiger als Blut, manche Eide bindender als Verwandtschaft. Im Geiste sandte ich meinem Vater einen Kuss zu und wünschte ihm alles Gute. Tränen quollen mir aus den Augen, als ich mein Geburtsrecht, sein Erbe und seine Liebe um einer größeren Leidenschaft und Verpflichtung willen hingab.
    Noch ein Schritt, und noch zwei weitere … und ich breitete die Arme aus, um das Gleichgewicht zu wahren, als meine schimmernden Schultern unter die seidige Oberfläche tauchten.
    Das Wasser sprudelte um meine Brüste, und Smoky, Morio und Trillian standen mir vor Augen. Ich neigte den Kopf aus Dankbarkeit für die Liebsten in meinem Leben und tastete nach ihnen, doch selbst ein Band, das so stark war wie das unsere, konnte die Magie der Feenköniginnen nicht durchdringen. Ich dachte an Delilah, Menolly und Iris … und begann erst recht zu weinen. Sie konnten heute Nacht nicht dabei sein – diesen Weg musste ich allein gehen. Aber ich wusste, dass sie in Gedanken bei mir waren.
    Ein weiterer Schritt, und ich hatte den Mittelpunkt des Teichs erreicht. Das Wasser plätscherte an mein Kinn, und ich holte tief Luft, tauchte unter und ließ es durch mein Haar streichen. Als ich japsend wieder auftauchte, sah ich sie am anderen Ufer des Teichs stehen. Sie warteten auf mich.
    Aeval – meine neue Herrin. Von nun an würde ich dem Hof der Dunkelheit und der Schatten angehören. Ich würde ihrem Willen unterliegen und mit ihr unter dem Neumond wandeln. Und neben ihr – ihr Gegenpart. Titania, die Königin des Lichts. Zu ihrer Linken stand Morgana – meine Cousine unbekannten Grades, halb Fee, halb Mensch, die
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