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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Annegrit Arens
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Waltraud pflanzt sich fort, gleich mit Zwillingen, mein Gott! Und dein Mann ist die Krönung der maroden Blase, ein Pappmache-Gurken-König.« Marie kicherte.
    »Es reicht, Marie! Es reicht wirklich!«
    »Hast du Angst?«
    »Ich habe keinen Grund, Angst zu haben. Es geht mir gut, besser als je zuvor.«
    »Wart’s ab! Till wird dich nicht hochkommen lassen. Ich kenne diesen Typ.«
    »Du kennst jede Menge Typen, Marie!«
    »Wie meinst du das?«
    »Wie ich es sage! Meine große Schwester Marie, Lehrbeauftragte und Publizistin, kennt eine Menge irre Typen. Grüß Marcel! So hieß er doch, oder? Salü!« Anna legte auf. Das hatte gesessen. Kein schlechtes Gefühl. Sie schlenderte ins Bad, um die Gesichtsmaske abzuwaschen. Ihre Haut spannte schon. Sie arbeitete mit Reinigungslotion und Gesichtswasser, massierte Avocadoöl ein, sanft kreisend und mit geschlossenen Lidern, zuletzt fühlte sich ihre Haut sehr weich an. Der Aufwand hatte sich gelohnt.
    Gegen Abend kam noch Tills Bruder Julius vorbei. Er war genauso alt wie Anna, beide im Sternzeichen des Löwen geboren. Anna trug noch immer das T-Shirt mit dem Phil-Collins-Aufdruck, es reichte ihr bis kurz übers Knie, sie hatte noch nicht einmal Strümpfe an, es gefiel ihr, barfuß durch das Haus zu laufen, auch im Winter.
    »Hi, schöne Schwägerin! Störe ich?«
    Anna dachte an ihre zerstrubbelten Haare und ihren Gammellook, trotzdem fühlte sie sich nicht schlecht. Julius war sehr viel lockerer als Till, das lag nicht nur daran, daß er fünf Jahre jünger war als sein Bruder. Anna mochte ihn. Sie lachte fröhlich: »Schön? Sieh mich an!«
    »Tu ich ja die ganze Zeit.« Er sah sie wirklich an, sie spürte es von oben bis unten und sehr warm, obwohl er ihr nur ins Gesicht sah. Gut, daß ich die Peeling-Kur gemacht habe, dachte sie. Ihre Haut hatte im Spiegel sehr rosig ausgesehen, sie hatte sich besser gefallen als mit großem Make-up.
    »Komm rein, du Scharmbolzen«, sagte sie. »Du willst bestimmt nur was zum Aufwärmen abstauben.« Julius’ Nasenspitze war rot, und sein Gesicht hatte sich kalt angefühlt. Kein Wunder im Januar.
    »Logo. Nur deshalb komme ich vorbei.« Der Arm, den er die ganze Zeit hinter seinem Rücken verborgen gehalten hatte, zückte vor. »Herzlichen Glückwunsch!« Es war ein wunderschön gesteckter Strauß, verschiedene Blumensorten, alle waren in unterschiedlichen Rottönen.
    »Du spinnst! Der ist aber schön!«
    »Bekomme ich nun was zum Aufwärmen?«
    »Aber sicher.« Anna reckte sich und gab ihm einen Kuß. Er war auch etwas größer als Till. »Und danke!«
    Es war schön, mit ihm zusammenzusitzen. Anna zündete eine Kerze an, und Julius machte den Wein auf, einen Italiener. Anna hatte ihren Schwager aussuchen lassen, es war auch ihr Geschmack, trocken und trotzdem spritzig. Till bevorzugte schwere Weine, am liebsten trank er Rotwein. Anna kauerte mit angezogenen Knien in ihrem Lieblingssessel, Julius saß ihr gegenüber. Er hatte eine von Annas neuen »Beatles«-CDs aufgelegt, er kannte sich bei den Liebolds aus. »Let It Be«. Anna beugte sich vor, er auch, fast berührten sich ihre Gesichter, und ganz kurz legte er seine Hand auf ihr nacktes Knie.
    »Das ist eine Ewigkeit her«, flüsterte Anna, »auf meiner ersten Party haben sie es gespielt.«
    »Auf meiner auch«, sagte Julius. Er sprach nun auch sehr leise.
    »Es war eine himmlische Zeit.« Anna zog an ihrem Riesenshirt, plötzlich war ihr kalt. Sie zog das Hemd über die nackten Knie.
    »Wir sind noch jung. Es liegt noch alles vor uns.«
    »Glaubst du?« Und als ob das dazu gehörte, fragte sie: »Weiß Waltraud, wo du bist? Nicht, daß sie sich Sorgen macht.«
    Er sah auf seine Uhr. »Vielleicht sollte ich kurz anrufen«, antwortete Julius. »Waltraud ist ziemlich nervös in letzter Zeit.«
    »Kein Wunder bei den Zwillingen.« Anna sprang auf, holte das Telefon und gab es ihm. Sie setzte sich wieder hin. Jetzt lief »The Long And Winding Road«, es war kein fröhliches Lied, die Stimmung von eben war verflogen.
    »Schöne Grüße von Waltraud«, sagte Julius. »Unsere beiden Grazien wollen wieder nicht in die Wanne. Ich glaube, ich fahre mal los.« Julius nahm seine Rolle als Vater ernst, das wußte Anna, bei ihm war es nicht nur die anfängliche Begeisterung des jungen Vaters. Sarah und Laura waren nun sechs Jahre alt, alles lief doppelt ab, besonders der Streß, fand Anna. Seit der Geburt der beiden Mädchen hatte sie ihre Schwägerin immer nur gehetzt erlebt. Sogar gestern
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