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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat
Autoren: Annegrit Arens
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hatte Marie geantwortet, »du machst nichts aus deinem Leben. Du bist nur ein Anhängsel von Till.«
    Sie würden staunen, alle miteinander! Von Jura hatten sie keine Ahnung. Das war allein ihres.
    »Das ist für dich«, sagte Tills bester Freund Erich in Annas Gedanken hinein. Verwirrt sah sie auf: »Für mich?«
    »Du bist eine richtige Heimlichtuerin«, ergänzte Erichs Frau Barbara, schräg über den Tisch weg, sie saß auf der anderen Seite neben Till, er hatte sich hinübergesetzt. »Ich hoffe, wir haben das Richtige für dich ausgesucht.«
    »Wieso?« fragte Julius dazwischen. »Gibt es noch etwas zu feiern?« Anna sah Till an. Wieso hatte er seinem Bruder nichts von ihrem bestandenen Examen gesagt? »Du warst gerade verreist«, erklärte Till. »Anna hat jetzt ihren Abschluß in Jura. Die Kunst und das Theater waren ihr zu nüchtern. Ha!«
    Anna wickelte stumm das Päckchen aus. »Wie schön!« Sechzehn CDs in einem schwarzen Holzkasten, »The Beatles«, es war fast schon übertrieben, denn eigentlich waren die Rumpfs nicht ihre Freunde. Es war ein kostbares Geschenk. »Das ist viel zuviel«, sagte Anna.
    »Unsinn! Jetzt haben wir doch quasi eine Hausanwältin. Wie die ganz großen Tiere«, witzelte Erich. »Laß dich küssen, Mädchen!« Er beugte sich hinab zu Anna, sein Kuß war inniger als sonst. Die anderen klatschten, dann ging Erich wieder um den Tisch herum zu seinem Platz neben Till. Der hatte nicht mitgeklatscht, Anna hatte es genau gesehen.
    Tills Patenonkel kam als letzter. Till hatte den ersten Gang bis zu dessen Ankunft hinausgezögert, alle waren schon beim zweiten Glas Champagner angelangt, als Tilly Deppisch eintraf. Er war der ältere Bruder von Tills Mutter, die von ihm sprach wie ein Backfisch von seinem Idol. Alles an ihm war mächtig, und seine Stimme dröhnte; er war Ministerialdirigent im Ruhestand. Seine Schwester Juliane nahm es ihm nicht übel, daß er sie häufig »Duselchen« nannte, oder »Dummchen«. Sie sagte dann höchstens »Aber Tilly!«, worauf er ihr über den Kopf fuhr, sie war nämlich bedeutend kleiner als er.
    Wenn ihn jemand fragte, warum sein Neffe und Patenkind Till sich ohne »y« schreibe, zuckte er nachsichtig die Schultern: »Meine Schwester Juliane war nie sonderlich gut in Geschichte. Sie hat einen berühmten Feldherrn mit einer Schelmengestalt verwechselt. Sie dachte, es wäre dasselbe.« Natürlich hieß Tilly Deppisch nach dem Feldherrn. Seine Zuhörer nickten an dieser Stelle verständnisinnig, obwohl kaum einer je diesen Namen aus der Geschichte des Dreißigjährigen Krieges gehört hatte.
    »Herzlichen Glückwunsch«, dröhnte Tilly nun.
    »Danke, Onkel Tilly«, dröhnte Till zurück.
    Es dauerte eine Weile, bis das Sich-Begrüßen, das Auspacken des Geschenks und das Sich-Bedanken vorbei waren. »Hier«, sagte Till schließlich, »möchtest du dich neben meinen Freund Erich Rumpf setzen?« Der Kellner stand noch immer wartend neben dem Tisch, es wurde höchste Zeit für den ersten Gang.
    »Gern«, antwortete Tilly Deppisch und machte Anstalten, Platz zu nehmen. Doch dann sprang er wieder auf, für seine achtundsechzig Jahre wirkte er sehr elastisch. Mit einer Hand fuhr er in die Tasche seiner Anzugjacke, holte etwas heraus, umrundete den Tisch und machte neben Anna halt: »Das ist für dich, meine Liebe. Herzlichen Glückwunsch! Die Familie ist stolz auf dich!« Es war eine Münze. Onkel Tilly sammelte Münzen und besaß beachtliche Stücke davon.
    »Danke!« sagte Anna, und dann noch einmal »Danke!« Sie wußte, daß dies ein sehr persönliches Geschenk und fast so etwas wie eine Auszeichnung war.
    Dann wurde endlich das Essen serviert. Es war vorzüglich.
    »Ein wirklich gelungener Abend!« sagten die Gäste beim Abschied.
    Till war ziemlich schweigsam auf dem Heimweg. Er trug seine Geschenke, und Anna trug ihre beiden Päckchen.

Der Sonntag danach
     
    »Ich bin weg.« Kein »Tschüs!« und kein Kuß, die Haustür fiel hinter Till ins Schloß, er wartete nicht einmal Annas Antwort ab.
    Egal! Anna hatte sowieso keine Lust, ihm zu antworten. Sie war froh, diesen Sonntag und das Haus für sich allein zu haben.
    Gestern abend auf dem Heimweg hatte sie noch gedacht, es ist albern, jeder für sich mit seinen Päckchen und stumm, als wären sie Feinde. Zu Hause hatte sie ihre Geschenke weggeräumt und war ins Bad gegangen. Ein leises Kribbeln war in ihr gewesen, eine Mischung aus Genugtuung und Lust, immerhin war es schon eine Woche her … Sie hatte die
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