Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
die Kinos kam - der erste seit über zehn Jahren.
    "Manchmal denke ich, ich habe mich falsch entschieden...", murmelte ich gedankenverloren.
    Jim hob die Augenbrauen und sah mich mit seinen blauen Augen erstaunt an.
    "Wovon sprichst du?"
    "Na davon, dass ich auch Fotograf hätte werden sollen, anstatt mich der schreibenden Zunft anzuschließen! Dann hätte ich meine Arbeit jetzt schon so gut wie fertig!"
    "Wahre Fotokunstwerke entstehen erst im Labor", verriet Jim mir sein Berufsgeheimnis.
    Jim Field und ich waren beide 26 und alles in allem ein sehr gutes Team, jedenfalls was das Berufliche anging. Auch wenn Jim vielleicht hoffte, dass eines Tages mehr daraus werden könnte, so gingen wir privat getrennte Wege. Auf den ersten Blick wirkte Jim recht unkonventionell. Seine blonden Haare hätten dringend einen Frisör gebraucht, seine Jeans waren schon oft genug geflickt worden, um langsam den Status eines musealen Ausstellungsstücks zu erlangen und das Revers seiner Jacke hatte sichtlich darunter gelitten, dass er ständig eine Kamera um den Hals trug.
    Er war spontan und witzig, aber sicherlich nicht der Typ Mann, der auf den Gedanken kam, einer Frau in den Mantel zu helfen oder ihr Blumen zu schenken.
    Unser Zug hielt mit einem Ruck. Schon gleich, als wir den Zug verließen, hatte ich es im Gefühl, dass irgend etwas nicht stimmte.
    Auf dem gegenüberliegenden Gleis stand der Nachtzug aus Plymouth, wenn man der Anzeigentafel glauben schenken konnte.
    Einige Bahnangestellte eilten nervös umher. Ich bemerkte dann auch Polizisten. Mindestens ein halbes Dutzend Uniformierter patrouillierte da herum.
    Dazu kamen noch Beamte in Zivil.
    "Da ist irgend etwas passiert", stellte ich nüchtern fest.
    "Komm, lass uns weitergehen", beschwor Jim mich. Jetzt war er es, der gähnte. Kein Wunder, schließlich waren wir auch schon eine ganze Weile auf den Beinen und hatten seitdem kaum eine einzige Ruhepause gehabt.
    Ich ging auf den Zug aus Plymouth zu und schulterte dabei meine Tasche, in der ich mein Laptop und meine Unterlagen sowie einige Reiseutensilien untergebracht hatte.
    Jim folgte mir etwas widerwillig.
    "Wir haben Feierabend", knurrte er. "Soll heute die Welt untergehen - meinetwegen können andere darüber berichten!"
    "So etwas lass nie Michael T. Swann hören", erwiderte ich.
    Michael T. Swann war unser leicht cholerischer, aber ansonsten recht sympathischer Chefredakteur.
    Er konnte recht ungemütlich werden, aber so war er eigentlich nur deswegen, weil er mit ganzer Seele dafür lebte, dass die London Express News eine gute Zeitung blieb.
    Swann war Perfektionist und Perfektionisten können eben mitunter anstrengend sein. Ich ließ mich nicht beirren.
    "Was ist hier passiert?", fragte ich einen der Beamten.
    "Ma'am, gehen Sie bitte weiter und machen Sie kein Aufsehen", kam die kühle Erwiderung des Uniformierten.
    "Hat keinen Zweck, Patti", raunte Jim mir zu. Aber ich wäre eine schlechte Reporterin gewesen, wenn ich mich derart leicht hätte abwimmeln lassen.
    Ich setzte noch einmal an, aber als ich den Mund halb geöffnet hatte, sah ich aus dem Zug einen alten Bekannten treten.
    Es war Inspektor Craven von Scotland Yard.
    Ich kannte ihn durch meine Recherchen an verschiedenen Mordfällen. Vermutlich mochte er mich nicht besonders, aber inzwischen, so glaubte ich zumindest, respektierte er mich wenigstens.
    Jedenfalls begrüßte er mich freundlich.
    "Na, was suchen Sie hier? Sagen Sie nicht, es wäre Zufall, dass die London Express News gleich mit zwei Leuten zur Stelle ist..."
    "Es ist tatsächlich Zufall. Was ist passiert?"
    Er verzog das Gesicht, während Jim die Gelegenheit bereits nutzte und ein paar Bilder machte. Man konnte ja nie wissen...
    "Hören Sie, Miss Vanhelsing. Bin ich vielleicht eine Auskunftei?", nörgelte Craven.
    "Nun, die Tatsache, dass Sie hier sind, heißt, dass es einen Toten im Zug gab."
    "Das kann ich nicht bestreiten", sagte Craven gedehnt. In diesem Moment trat ein Mann mit grauem Haarkranz und Vollbart aus dem Zug heraus. Der Tasche nach, die er in der Rechten hielt, war er Arzt.
    "Inspektor?", fragte er und Craven wandte sich sofort zu ihm herum. "Also ich bin etwas in Eile und Genaues kann ich natürlich erst nach der Obduktion sagen..."
    "Wie üblich", brummte Craven.
    "...aber ich nehme an, dass die Todesursache Herzversagen war."
    "Also kein Fall für uns", stellte Craven fest.
    "Rätselhaft ist die Sache schon", erwiderte der Arzt in gedämpftem Tonfall. "Der Tote hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher