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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Roswitha Hedrun
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sich die beiden Künstler direkt neben der Tür zum Korridor wieder an dem riesigen Gemälde, und zwei weitere Künstler saßen an ihren Staffeleien. Jeder blickte kurz zu den Besuchern hin und begrüßte sie mit einem Kopfnicken. Alphonse und Lukas grüßten auf die gleiche Weise zurück, worauf sich die Artisti wieder auf ihre Arbeit konzentrierten und die Besucher sich so geräuschlos wie möglich bewegten.
Lukas war glücklich, wieder hier zu sein. Ihm war, als atme man in diesem Atelier höhere Kunst ein, als trinke man sie, nehme sie mit allen Sinnen wahr, und Alphonse erging es ähnlich. Beide betrachteten die Gemälde für sich alleine, wobei Lukas die Werke des Maestros heute mied, um klar bei Sinnen zu bleiben. Alphonse dagegen konnte sich ihrer Faszination nicht entziehen, er verlor sich in da Vincis Gemälden.
Nach einer geraumen Weile trat Carlo zu ihnen und fragte sie leise, ob sie bereit seien, nun den Maestro zu beehren. Sie waren gerne bereit, wenngleich Alphonse reichlich abwesend wirkte.
Carlo geleitete sie durch die Hintertür, von da quer über den Korridor und schließlich in Maestro da Vincis Privatatelier. Darin standen mehrere Zeichentische voller Entwürfe, auf die Lukas gerne einen längeren Blick geworfen hätte, doch Carlo führte sie daran vorbei bis zum Ende des weitflächigen Raumes, wo sich mit sechs moosgrünen Sesseln und Palisandermöbeln eine geschmackvolle Plauschecke befand, und auf dem flachen Tisch waren bereits eine Wein-, eine Wasserkaraffe und drei Gläser serviert.
"Ich hole den Maestro", sagte Carlo und verschwand durch die Terrassentür hinab in den Hofgarten.
Wenige Minuten später erschien in seiner leuchtend gelb-roten Künstlerkleidung Maestro da Vinci, kam mit kraftvollem Schritt - alles an ihm war kraftvoll - näher und bat seine Gäste, Platz zu nehmen. Nachdem er Wein eingeschenkt hatte, den dann jeder, diesmal auch Alphonse, mit etwas Wasser auffrischte, erkundigte er sich, ob sie sich länger in der Stadt aufhalten werden und wie ihnen Mailand gefalle. Da Alphonse abermals kein Wort über die Lippen kommen wollte, sprang wieder Lukas für ihn ein: "Mailand ist beeindruckend, vornehmlich seine Bauwerke. Aber wir werden die Stadt bereits nächste Woche wieder verlassen, unsere Reise führt nach Florenz."
Endlich konnte Alphonse mit bewegter Stimme erklären: "Bitte versteht, Maestro da Vinci, dass ich etwas Zeit benötige, um mich an der Unterhaltung zu beteiligen. Eure Gemälde - ich bin noch völlig eingenommen."
"Sicher", nickte der Maestro, wobei er sich erhob, "wir räumen Euch diese Zeit ein." Dann zu Lukas gewandt: "Kommt, junger Signor, wir setzen uns ein Weilchen in den Garten."
Draußen führte er Lukas mehrere Schritte vom Haus entfernt zu einer Bank, die unter den voll erblühten Fliederbüschen aufgestellt war, und als sie sich darauf niedergelassen hatten, bat der Maestro: "Helft mir, prego, ich weiß nicht, ob ich Euch mit Signor oder mit Don anzusprechen habe."
"Wenn Ihr mögt, nur mit Lukas, ich bin zur Hälfte ein Bürgerlicher."
Darauf gab ihm der Maestro seine Beobachtung preis: "Wobei dein Belleville-, also Künstlerblut bei dir aber eindeutig dominiert. Lukas, ich will gleich zum Thema kommen. Als ich dich gestern im Atelier beobachtet habe, ist mir aufgefallen, dass ungewöhnliches Talent in dir schlummert, und dann hat mir Carlo erzählt, du willst eingetragener Künstler werden. Kurzum, ich wäre bereit, dich als Garzone anzunehmen. Was sagst du dazu?"
Gar nichts konnte Lukas dazu sagen, konnte ihn nur mit offenem Mund und aufgesperrten Augen anstarren.
Darüber brach der Maestro in Lachen aus, legte Lukas dann den Arm um die Schultern und uzte: "Jetzt hast du gekuckt wie ein Kalb." Er rüttelte ihn leicht: "Na, nun lach schon!"
Lachen konnte Lukas zwar nicht, aber wenigstens die Lippen etwas breit ziehen.
"Geht doch", meinte der Maestro, zog seinen Arm wieder zurück und sagte: "Hör zu, Lukas, entscheidend für mich ist einzig, ob du willst, ob du mein Garzone werden willst, alles andere lässt sich regeln. Und jetzt gib mir Antwort."
"Ich . . Si, Maestro da Vinci, si, das will ich."
"Wusste ich's doch", freute er sich und erkundigte sich dann: "Dein Onkel ist auch dein Vormund, habe ich das vorhin richtig verstanden?"
"Si, ist er."
"Dann unterbreiten wir ihm jetzt unseren Wunsch."
Lukas bemühte sich noch immer, sein Glück zu begreifen, als sie sich wieder in die Polster zu Alphonse setzten. Ganz anders der Maestro. Er war ein Mann
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