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Hexengift

Titel: Hexengift
Autoren: T.A. Pratt
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Unterschied feststellen sollte. Genevieve hat viel Zeit in meinem Bewusstsein verbracht, hat sich jeden Schalter und jede Verzweigung in meinen Neuronen angesehen und es geschafft, mich wieder auferstehen zu lassen, genauso wie St. John Austen. Ich werde nur leider nicht in der Lage sein, die Welt, die ich kannte, zu besuchen - so echt bin ich dann wohl auch wieder nicht. Wahrscheinlich könnte man diese Form der provisorischen Existenz auch als unbefriedigend empfinden, aber derlei erkenntnistheoretische Spitzfindigkeiten halte ich für durchaus vernachlässigbar, wenn die Alternative bedeutet, überhaupt nicht mehr zu existieren.«
    »Auf jeden Fall hörst du dich an, als wärst du der echte Zealand«, meinte Marla. »Die Zeitattentäter waren ziemlich erbost, als ich ihnen sagte, dass du für eine gute Sache gestorben bist.«
    »Ich wünschte, ich hätte Ihren Ted ein wenig besser kennengelernt«, sagte Genevieve. »Dann hätte ich auch für ihn hier ein Plätzchen gehabt.«
    »Er war ein guter Kerl«, erwiderte Marla, aber sie wollte sich ihre Erinnerungen lieber aufheben, bis sie ein wenig Zeit für sich selbst hatte und angemessen um ihn trauern konnte.

    Sie unterhielten sich noch ein wenig, dann umarmte Marla Austen, lehnte die Einladung zu einem Drink aber höflich ab, auch wenn Genevieve ihr mit einem schelmischen Grinsen versicherte, dass er sie nicht in einen jahrzehntelangen Schlaf versetzen oder ähnlich traumwelttypische Konsequenzen nach sich ziehen würde. »Ich sollte wirklich zusehen, dass ich wieder nachhause komme«, sagte Marla. »Alle sind immer noch ein wenig verwirrt, und es gibt ein paar Dinge, die ich wieder hinbiegen muss. Aber, ähm, bevor ich diesen Ort hier wieder verlasse …«
    »Ich kann Ihre Gedanken erkennen. Die Antwort ist: Ja, natürlich kann ich das für Sie tun. Aber Sie glauben anscheinend, das wäre eine Gunst, die ich Ihnen großzügigerweise gewähren kann, und damit liegen Sie völlig falsch. Die Wahrheit ist, dass es das Mindeste ist, was ich für Sie tun kann, nach allem, was Sie für mich getan haben.«
    »Dann ist es also nicht, Sie wissen schon, zu viel verlangt oder zu schwierig? Ich meine, ich möchte Sie nicht übermäßig strapazieren, nach allem, was Sie durchgemacht haben …«
    »Es ist schon so gut wie erledigt«, sagte Genevieve und legte Marla den fertigen Schal um den Hals. Sie grinste. »Das gilt auch für diesen letzten, persönlichen Gefallen, den Sie sich wünschen. Und wenn Sie mich jemals wiedersehen wollen, sagen Sie einfach meinen Namen, in Ordnung? Sie sind hier immer willkommen.«
    »Ich werde Ihnen nächstes Jahr an Weihnachten eine Glückwunschkarte schicken«, sagte Marla noch, dann sandte Genevieve sie wieder zurück in ihre Welt.

    Marla saß mit Rondeau in einer Ecke von Smitty’s Diner auf den notdürftig mit schwarzem Isolierband geflickten roten Plastikstühlen. Schweigend machten sie sich über ihre Pancakes, Hash Browns und Eier her. »Teds Beerdigung war ganz schön, findest du nicht?«, fragte Rondeau nach einer Weile. »Wer war eigentlich dieses süße Mädchen mit der Brille? Seine Tochter? Sie stand etwas abseits vom Rest der Familie.«
    »Keine Ahnung«, sagte Marla. Ted hatte sich ziemlich geschämt für seine Liaison mit dem Mädchen aus dem Schachclub, und sie sah keinen Grund, ihn posthum auch noch vor Rondeau bloßzustellen. Eigentlich hatte es sie gefreut, sie bei der Beerdigung zu sehen, das Gleiche galt für das Erscheinen von Teds Familie. Andererseits war sie auch verärgert gewesen. Alle hatten sie Ted fallenlassen und tatenlos zugesehen, wie er auf der Straße dahinvegetierte. Aber jetzt, nachdem er erstochen worden war - offiziell ein genauso bedauerliches wie zufälliges und unaufgeklärtes Verbrechen, das sich während der durch den Blizzard verursachten Chaostage ereignet hatte -, kamen sie alle artig zu seiner Beerdigung. Nun ja, Loyalität und Zusammenhalt standen offensichtlich nicht mehr so hoch im Kurs wie früher. Man musste nur an Nicolette und Gregor denken. Marla vertraute der Chaosmagierin genauso wenig, wie sie den Mond essen konnte, aber das Gleiche galt für die anderen Magier Felports, also machte es wohl kaum einen Unterschied. Sie hatte Nicolette entlohnt, indem sie ihr einen Teil von Gregors Besitz überlassen hatte. Den Rest hatte sie zusammen mit Susan Wellstones Immobilien und Geschäftsanteilen unter den anderen Magiern aufgeteilt, die ihr während des Kampfes mit Reave
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