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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen
Autoren: Carter Brown
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Lamb jetzt also herkommt, werde ich...«
    »Entschuldigen Sie einen
Augenblick«, unterbrach ich ihn, »da ist nur noch eine Kleinigkeit, die
geregelt werden muß. Wenn es Ihnen recht ist, kassiere ich meine tausend Dollar
jetzt gleich, Nickyboy .«
    »Was?« Nicholas dröhnte wieder mit
voller Lautstärke. »Vernon, warum hältst du nicht deinen versoffenen Mund, wenn
keiner mit dir spricht? Die Wette gilt noch, Daniel.«
    »Das gefällt mir schon besser«,
sagte ich. »Ich glaubte schon, daß Sie wirklich zu feige wären.«
    »Und ich hatte gedacht, Sie
hätten nie Shakespeare gelesen«, sagte er argwöhnisch.
    »Nur Lambs Erzählungen nach
Shakespeare in der Schule«, antwortete ich. »Das ist doch nicht etwa
derselbe Lamb, wie der, der Ihre Aufführung finanziert?«
    Nicholas leerte sein Glas und
sah mich wieder an. »Und was ist mit diesem Psychiater?« grollte er.
»Vermutlich ein Freund von Ihnen, von Ihnen hübsch informiert, ehe er mich
überhaupt zu sehen bekommt.«
    »Das ist ein vernünftiger
Einwand«, gab ich zu. »Den Punkt müssen wir zusammen klären. Vertrauen Sie
Ihrer Frau?«
    »In allem, außer ihrer
Fähigkeit, Shakespeare zu spielen«, antwortete er kurz.
    »Wollen wir es dann nicht ihr
überlassen?« fragte ich. »Adele soll den Psychiater, die Zeit und den Ort
bestimmen. Wenn es soweit ist, gehen wir drei zusammen hin, und nur Adele weiß,
wohin wir fahren und wen wir aufsuchen werden.«
    »Also gut.« Nicholas sah seine
Frau an. »Wirst du damit fertig, meine Süße?«
    »Ich glaube schon.« Sie hob
träge ihre Schultern. »Ich halte das Ganze für unsinnig, aber wenn du es absolut
haben willst...«
    »Ich möchte Daniel etwas
Respekt für meinen Beruf beibringen.« Nicholas bleckte wieder seine Zähne zu
mir herüber. »Respekt im Wert von tausend Dollar, um es genau zu sagen. Das ist
mein Ernst, verlassen Sie sich darauf, ich war noch nie so ernst in meinem
Leben. Und Sie doch auch, Daniel? Oder kriegen Sie es jetzt mit der Angst zu
tun?«
    »Ich meine es ernst, Nickyboy «, stimmte ich zu. »Sie haben nie etwas
Zutreffenderes gesagt.«
     
     
     

3
     
    Es war ein großes pastellfarbenes
zweistöckiges Gebäude, das sich mitten in einem zehn Morgen großen
waldähnlichen Park versteckte und um das ein hoher Zaun gezogen war. Eindeutig
ein Privatsanatorium, und ich hatte beide Daumen gedrückt, daß es von einem
ebenso eindeutig privaten Psychiater geleitet wurde. Es lag in Connecticut,
weit draußen in den vorstädtischen Siedlungen.
    Ich saß in Dr. Frazers
Sprechzimmer mit einem besorgten Ausdruck auf dem Gesicht. Ich fand nicht, daß
er so aussah, wie ein Psychiater meiner Ansicht nach aussehen sollte. Weder
trug er einen hochgeschlossenen weißen Kittel noch eine dicke Hornbrille. Sein
Anzug, dessen Schnitt in seiner Güte meinem verdammt nahekam, war
offensichtlich kostspielig. Sein Gesicht verriet etwas von der Gerissenheit,
die man in Wall Street findet, und das beunruhigte mich etwas.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr.
Boyd?« fragte er mit sonorer Stimme.
    »Nun...« Ich zögerte. »Also, es
handelt sich um einen Freund von mir, Doktor, eigentlich zwei. Ein Ehepaar, um
genau zu sein, und...«
    In dieser Weise machte ich
weiter. Der Mann sei Schauspieler, erklärte ich, ein Shakespeare=Darsteller,
der angefangen habe, seine Rollen auch dann zu spielen, wenn er nicht mehr auf
der Bühne stehe, im wirklichen Leben also. Er sei von dem Wahn besessen, in
Wirklichkeit der unglückliche Hamlet zu sein, und seine Frau wäre nicht seine
Frau, sondern seine Mutter, die Königin in dem Drama, und daß sie versuche, ihn
zu vergiften.
    Der höfliche Ausdruck auf Dr.
Frazers Gesicht veränderte sich nicht einmal, während ich ihm meine Geschichte
auftischte.
    Der Mann habe zwar bisher noch
keine wirkliche Gewalttat begangen, erläuterte ich, es gebe aber beunruhigende
Anzeichen, daß er unmittelbar davorstehe. Seine Frau sei in ihrer Verzweiflung
zu mir gekommen, da ich mit ihnen beiden lange befreundet wäre. Deshalb habe
ich ihn, den Psychiater Dr. Frazer, aufgesucht.
    »Und was versprechen Sie sich
von Ihrem Besuch bei mir, Mr. Boyd?« fragte er vorsichtig.
    »Ich möchte, daß Sie sich ihn
ansehen«, antwortete ich. »Falls notwendig, eine Zeitlang zur Beobachtung hier
bei sich aufnehmen. Seine Frau kann nicht mehr so weitermachen, wenn sie nicht
selbst bald... Also, sie bekommt einen Nervenzusammenbruch oder Schlimmeres,
wenn es noch lange so weitergeht.«
    »Gewiß werde ich mir
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