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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt
Autoren: Alexandra Potter
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Kontrolle zu bekommen.
    Natürlich gibt es Tage, an denen ich lieber im Bett bleiben würde, aber ich mag es auch, wenn ich in meine Jeans passe.Außerdem ist Ausdauertraining wichtig fürs Herz, sagt Richard. Schützend lege ich die Hand darauf. Mein Herz hämmert so heftig, dass es sich anfühlt, als würde es mir jeden Moment aus der Brust springen.
    Nicht dass das wirklich passieren wird. Ich meine, Herzen springen einem nicht aus der Brust, oder?
    Ich nehme meine Pulsuhr ab und sehe auf das Display. Heiliger Strohsack, ziemlich viele Schläge in einer Minute … Ein Anflug von Besorgnis rührt sich in mir. Ich ringe ernsthaft um Atem.
    Szenen aus Emergency Room flammen vor meinem geistigen Auge auf - Sie wissen schon, wenn ein Patient auf der Trage herbeigerollt wird und ein attraktiver Arzt »Und weg« schreit, während er den Defibrillator schnappt, die beiden Pads auf die Brust knallt und einen Elektroschock losjagt.
    Meine Besorgnis wächst. Oh Gott, ich habe doch nicht ernsthaft einen Herzinfarkt, oder? Und das am Geburtstag meines Vaters! Entsetzt presse ich mir die Hände auf die Brust.Wenn ich heute sterbe, wird er seinen Geburtstag nie wieder richtig feiern können. Statt mit seinen Freunden in den Pub zu gehen, muss er den Tag auf dem Friedhof verbringen, vor meinem Grab knien und den Verlust seiner einzigen Tochter betrauern.
    Charlotte, hör auf damit! Ich reiße mich zusammen. Mach dich nicht lächerlich! Dein Puls soll sich beschleunigen, darum geht es doch beim Ausdauertraining. Und Ausdauertraining ist gesund. Als ich mich vom Flurteppich hochstemme, erhasche ich einen Blick auf mein Spiegelbild - mein Gesicht ist dunkelviolett und fleckig, meine Augen sind blutunterlaufen, und meine Haare sind so schweißnass, dass sie platt am Kopf anliegen.
    Oh.
    Aber ich kann nicht den ganzen Tag hier herumstehen - ich muss mich für die Arbeit fertig machen. Automatisch sehe ich zur Uhr über dem Dielentisch. Ich habe eine Menge Uhren in der Wohnung. Vanessa zieht mich immer auf, indem sie behauptet, in Wahrheit würde ich in der Schweiz leben, aber sosehr ich mich auch bemühe, scheine ich immer zu spät dran zu sein. Das liegt daran, dass mein Terminkalender so voll ist. Ich habe eben keine Zeit »zu chillen«, wie sie es nennt.
    Auf dem Weg ins Badezimmer schäle ich mich aus meinen Sportsachen und stürze unter die Dusche. Damit will ich nicht behaupten, dass ich niemals »chillen« würde. Natürlich tue ich das. Beispielsweise plane ich immer eine Entspannungspause ein, wenn mein Kalender eine Lücke gestattet. Das Problem ist, dass da leider nie eine ist …
     Okay. Make-up? Perfekt, aber trotzdem »natürlich«. Erledigt.
    Haare? Aalglatt, aber an den Spitzen leicht nach außen.  Erledigt.
    Outfit? Ich stehe vor dem Ganzkörperspiegel in meinem begehbaren Kleiderschrank und betrachte mich in dem schwarzen Bleistiftrock und der Bluse mit der Schleife. Ich muss professionell und trotzdem modisch aussehen. Lässig und chic zugleich. Cool und - wie soll ich sagen? - gepflegt. Stirnrunzelnd sehe ich auf meine Füße und schlüpfe in ein anderes Paar Designerpumps. Schon besser. Erledigt.
    Wie üblich stürme ich im Laufschritt durch die Wohnung und sammle meine Sachen ein.
    Laptop? Ohne mein iBook gehe ich nirgendwohin. Nicht mal aufs Klo. Man weiß schließlich nie, ob man in Google etwas nachsehen muss. Ich klappe es zu, nehme es vom Tisch und klemme es mir unter den Arm. Erledigt.
    Aktentasche? Ich entdecke sie unterm Sofa - sie quillt vor Unterlagen, die ich lesen und unterschreiben sollte, fast über. Mach ich, sobald ich dazu komme. Erledigt.
    Yogamatte, falls ich später eine Lücke im Kalender haben sollte? (Ja, klar …) Erledigt.
    BlackBerry? Mist, wo ist mein BlackBerry? Oh, stimmt ja, in der Hand. Natürlich. Erledigt.
    Mein Herzschlag hat sich inzwischen übrigens normalisiert, was mir natürlich klar war. Ich hatte nur ein bisschen Panik. Das kommt gelegentlich vor, besonders wenn es um  die Gesundheit geht, aber ich bin eben vorsichtig.Vorsicht ist besser als Nachsicht, sage ich immer.
    Leider teilt mein Hausarzt meine Einstellung nicht. Offenbar hält er mich für einen Hypochonder oder so was. Erst letzte Woche hatte ich so einen seltsamen Ausschlag auf der Brust, und als ich in Google die Symptome nachgelesen habe, stellte sich heraus, dass es exakt dieselben sind, die dieser fleischfressende Käfer aus dem Amazonasgebiet hervorruft. Na schön, ich war »in jüngster Vergangenheit
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