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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman
Autoren: Anke Greifeneder
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hab keine Ahnung, ob ich das überhaupt noch kann!«
    Jasper grinste. »Ich hab ja auch gefragt, ob du Lust hast, nicht, ob du es kannst. Mach dich locker.« Geduldig zeigte er mir die Technik, wie er malte. Nach und nach taute ich auf, begann, vorsichtig ohne Plan vor mich hin zu malen, was mir erstaunlich viel Spaß machte und eine ganz andere Art der Entspannung eröffnete.
    »Wie findest du deine Motive?«, wollte ich wissen, während ich mit den vielen bunten Farben experimentierte und mich in meine Kindergartenzeit zurückversetzt fühlte.
    »Das klingt jetzt kitschig, aber die Motive finden mich. Entweder sehe ich eine Situation, die mich berührt oder anregt, oder ich habe eine konkrete Idee, die sich in meinem Kopf gestaltet.«
    Aha, auch wenn ich null Talent für die Malerei mitbrachte, so musste ich zugeben, dass es Spaß machte zu malen. Jasper freute sich sichtlich, wie ich konzentriert Farben mischte, erst abstrakt, dann wieder genau zeichnete und dabei immer mehr in mich versank.
    »Siehst du, deshalb liebe ich die Malerei: Ab einem bestimmten Punkt der Konzentration gelangt man in diesen Fluss und ist ganz bei sich.«
    Nur zu gut verstand ich, wovon er sprach. Mir ging es so mit der Musik, die mich dazu bringen konnte, die Welt um mich herum komplett zu vergessen. Eines interessierte mich dann doch: »Kannst du von deinen Bildern leben?«
    Jasper sah mich erstaunt an. Wahrscheinlich wirkte ich unbedarft, was daran lag, dass ich mich in der Kunstszene nicht wirklich auskannte.
    »Ich verkauf im Schnitt ein bis zwei Bilder im Monat, was richtig gut ist. In München habe ich mir schon länger einen Namen gemacht, so langsam kommen Berlin und das Ausland hinzu.«
    Wenn er von ein bis zwei Bildern leben und sich sogar die Miete für das großzügige Atelier leisten konnte, mussten die Bilder einiges kosten.
    »Ist dein Name Kunstkennern ein Begriff?«
    Jasper überlegte kurz, wie er wohl am besten antwortete, ohne arrogant zu klingen. »Sagen wir so, es würde niemand vor Ehrfurcht anfangen zu hyperventilieren, aber dem ein oder anderen würde mein Name was sagen.«
    »Hast du denn einen Nachnamen, Jasper?«, zog ich ihn auf.
    »Jasper Maienstein, wenn's genehm ist.«
    Maienstein ... hieß so nicht auch eine alte Münchner Brauerei? »Wie die Biermarke?«
    Jasper nickte. »Ja, die Brauerei gehört meinen Eltern, aber ich habe damit nicht viel am Hut. Also mit dem Produkt selber natürlich schon, trinken kann ich, aber wie's gebraut wird, interessiert mich weniger.«
    Das verstand ich gut, mich interessierte auch von jeher nur die Musik, und ich könnte mir keinen anderen Beruf vorstellen.
    »Apropos ... magst du ein Bier oder ein Glas Wein?« Er deutete die Treppe zum Dachgeschoss hinauf.
    Jaspers Frage holte mich zurück ins Jetzt. Draußen wurde es dunkel, es war bereits spät, höchste Zeit zu gehen! Nicht dass Helene mit einem Einsatzkommando der GSG 9 bereits Stellung vor der Wohnung bezogen hatte und bereit zum Sturm war. »Danke, aber ich muss mal langsam los ...«
    »Wieso denn?« Jaspers Stimme klang ehrlich erstaunt. »Hast du noch was vor?«
    Nein, aber ich konnte ja schlecht gleich bei ihm einziehen, wobei es mich nicht wundern würde, wenn er es vorschlüge.
    Bevor er dies tun konnte, verabschiedete ich mich hastig von Jasper, der mich ohne Berührungsängste fest in den Arm nahm und mich wie selbstverständlich sanft auf den Mund küsste, was ein aufregendes Prickeln hinterließ und mich fahrig werden ließ. »Ah, okay. Dann mal danke für die Führung. War ein schöner Tag, also wirklich«, stammelte ich.
    Jasper hingegen blieb entspannt, lächelte und sagte schlicht: »Bis morgen, ich ruf dich an!«
    Beflügelt ging ich, nein schwebte ich aus seinem Atelier, beruhigte erst mal meine große Schwester Helene, die sage und schreibe neun Anrufe in Abwesenheit hinterlassen hatte, und staunte über mich selbst. Bislang war ich nicht durch Spontaneität und verrückte Aktionen aufgefallen, was Männer anging. Jasper schlug ein neues Kapitel auf, wie mir schien.
    Auf unser erstes zufälliges Treffen folgten zahlreiche Verabredungen, die alle so leicht und lustig waren, weil Jasper eine verrückte Idee nach der anderen hatte. Vom aufgeschlagenen Zelt im Englischen Garten mit vorbereitetem Dinner über Spaziergänge mit anschließendem Blätterpressen und Kastanienmännchenbasteln bis hin zum Ausflug an die Isar für eine gemeinsame Floßfahrt gab es nichts, was einem mit Jasper nicht passieren
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