Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzschlagmelodie - Band 1

Herzschlagmelodie - Band 1

Titel: Herzschlagmelodie - Band 1
Autoren: Laura Sommer
Vom Netzwerk:
Dabei nahm er mich fast in den Schwitzkasten.
    „Na, ich muss ja auch noch üben. Gib mir mal deine andere Hand. Der Nagellack dürfte schon trocken sein. Der ist mit so einer Schnelltrocknungsformel versehen.“ Ich nahm seine noch unbemalte Hand an mich und legte das Taschentuch auf meine andere Kniescheibe, wo ich seine Hand platzierte.
    „Was es nicht alles gibt.“ Henry prüfte seine Fingernägel und wischte mit seinem Daumen über die anderen Finger.
    „Tatsächlich. Wie Sekundenkleber.“ Henry schien überrascht zu sein. Er schielte wieder über meine Schulter und beobachtete meine Lackierkünste.
    „Du machst das doch ganz falsch“, monierte er meinen Versuch.
    „Bitte?“ Plötzlich schlang Henry seine Hand um meinen Bauch und zog mich näher an sich. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter, griff mit seiner noch unbemalten Hand in meine Kniekehle und hob mein Bein so an.
    „Sonst ruinierst du dir noch deinen Rücken“, sagte er ganz ruhig, was ich nur selten von ihm kannte. Meistens reagierte er so besonnen, so … so ganz anders nur, wenn er auf seiner Gitarre spielte oder an einem Songtext schrieb. Oft war er einfach nur albern, ärgerte mich oder wirkte gedankenverloren.
    „Wie rücksichtsvoll von dir“, meinte ich und nahm nun wieder seine Hand. Ich übte mit dem nächsten Fingernagel weiter, doch Henry nahm seine Hand nicht von meinem Bauch. Irgendwie war das eine seltsame Situation. Eigentlich lag ich ja schon fast in seinen Armen. Er hielt mich fest, ich konnte seine Wärme spüren und seinen Atem auf meiner Haut. Es machte mich nervös, obwohl ich das gar nicht wollte. Warum machte Henry mich plötzlich so unsicher? Nun fing auch noch meine Hand an zu zittern. Irgendwie war das alles zu viel auf einmal. So viel plötzliche Nähe. Seine Art, wie er mich in Besitz nahm, durch einfachste Gesten. Durch seine Stimme, die so verändert klang.
    „Alles okay?“, fragte er plötzlich. Ich erschrak und merkte, dass ich gar nichts mehr getan hatte.
    „Äh, ja, ich überlege nur“, meinte ich knapp und versuchte mich anders hinzusetzen. Ich wollte sehen, ob Henry mich auch dann noch weiter festhalten würde. Er zog mich aber einfach in seine Arme zurück und ich landete wieder mit meinem Rücken an seiner Brust. Was war denn nur los? So etwas hatte er früher nie getan. Was sollte das? Warum saß ich überhaupt hier und übte nicht an meinen eigenen Fingern? Wenn ich mir später meine Nägel lackieren wollte, musste ich das doch auch an meinen Fingern machen … Wie kam ich nur auf die Idee, an Henry üben zu wollen?
    „Ich glaube, das reicht. Ich hole dir den Nagellackentferner“, meinte ich und entzog mich seiner Umarmung. Er ließ sofort von mir ab und ich sah aus den Augenwinkeln, wie er skeptisch seine bemalte Hand betrachtete.
    „Also eins ist sicher. Es wird immer, immer uncool sein, wenn Männer Nagellack tragen. Das sieht einfach komisch aus.“ Henry schien wieder er selbst zu sein. Oder war er das schon die ganze Zeit über gewesen? Hatte ich mir das alles nur eingebildet? Ich beobachtete ihn eine Weile, bis er mich fragend ansah.
    „Also Daniel aus der Parallelklasse, der trägt Nagellack. Nur nach der Schule natürlich. Er schminkt sich dann die Augen schwarz und trägt so Lederarmbänder. Das sieht richtig cool aus.“ Daniel war schon süß, auf eine seltsame Art und Weise. Ganz anders als Henry oder Christian. Daniel war so der unnahbare Typ, der schweigend und lesend in den Pausen dasaß und mit niemandem redete. Das hatte schon etwas. Christian war der Coole. Beliebt, ordentlich gekleidet, aus gutem familiärem Umfeld. Er spielte Fußball und hatte dieses unglaublich süße Lächeln. Ich musste seufzen, als ich daran dachte, dass dieser tolle Junge noch heute Abend auf meiner Geburtstagsfeier auftauchen würde. Ach ja. Und da war Henry. Mein bester Freund. Kumpeltyp. Witzig, lustig. Er war eher der Skatertyp, der zwar mit seinen Jungs Basketball spielte, aber auch oft im Park abhing und die Bahnen besetzte, auf denen sie fuhren. Manchmal trug er ein Basecap und oft hing seine Hose eine Etage zu tief, sodass seine Boxershorts herauslugten. Ich vertraute ihm voll und ganz. Und doch machte er mich plötzlich so nervös. Für einen winzigen Augenblick war da wieder die Erinnerung, dass ich ja mal in ihn verliebt gewesen war. Aber nur für den Hauch einer Sekunde. Da war ja mal was. Es war Jahre her, doch damals wäre ich einfach in seinen Armen liegen geblieben und hätte mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher